Kinderfestzug:Märchenhaft

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600 Kinder im Alter zwischen eins und 17 ziehen in farbenfrohen Kostümen und winkend durch die Straßen der Altstadt

Von Daniela Gorgs, Dachau

Man sagt den Märchen nach, sie würden weltfremd machen und seien aus diesem Grunde nicht geeignet für Kinder. Es gibt Kindergärten, die Mythen, Sagen und Legenden nicht mehr vermitteln. Dabei verkennen sie, wie wichtig Märchen für die Entwicklung der Kinder sind. Märchen sind Magie - und entsprechen genau der kindlichen Fantasie. Sie bieten Helden, mit denen man sich identifizieren kann. Es gibt Gut und Böse, Sicherheit und Angst, klar definiert. Märchen machen Mut und helfen, Probleme zu bewältigen. Und, Kinder lieben es, sich zu verkleiden und in Rollen zu schlüpfen.

Der sechsjährige Ferdinand kennt alle Märchen: "Da kommt Rapunzel", ruft er, bevor seine Oma, Elfriede Romig, den Wagen mit dem hohen Turm gesehen hat. Die Familie steht in der Augsburger Straße und sieht sich den traditionellen Kinderfestzug an, der alle zwei Jahre zu Beginn des Volksfestes stattfindet. Margarete Kron hatte den märchenhaften Festzug damals ins Leben gerufen. Nach Krons Tod gründete Heidi Fitzthum im Jahr 1989 mit gleichgesinnten Bürgern den Kinderfestzug Dachau e.V. und startete neu durch.

Seit dieser Zeit ist der Kinderfestzug wieder ein einmaliges, farbenprächtiges Spektakel in Dachau. Zahlreiche Besucher säumen die Straßen von der Altstadt bis in die untere Stadt. Sechs Kilometer lang ist der Umzug, den traditionell die Dachauer Knabenkapelle anführt. Als die Trommelschläge am Sonntag um Punkt elf durch die Altstadt hallen, reißt es vermutlich etliche Volksfestgänger des Vortages aus den Betten. Ferdinand kann es kaum erwarten, seine kleine Schwester zu sehen. Gleich hinter der Knabenkapelle stolziert sie, die vierjährige Genoveva, als Biedermeier-Dame in einem prächtigen gelben Kleid. Knapp 600 Kinder im Alter zwischen eins und 17 ziehen in farbenfrohen Kostümen und winkend durch die Straßen. Die Eiskönigin, die hoch oben auf einem Wagen neben einem Eisbären sitzt, schwitzt in der prallen Sonne. Die Prinzessin auf der Erbse dagegen hat es unter ihrem Baldachin-Bett schön schattig. Die Freiwillige Feuerwehr marschiert auch mit und schafft mit Wasserpistolen Erfrischung an den Straßenrändern.

15 Festwagen hat das etwa 20-köpfige Helferteam rund um Heidi Fitzthum wieder gebaut und liebevoll dekoriert. Um Dornröschens Fahrgestell ranken Hunderte Rosen. Man kann nur ahnen, wie viel Mühe und Stress in diesem Zug stecken. Der blaue Drachenreiter von Berk, gebaut von Roland Seidl und Ines Ehmke, überragt sämtliche Märchenfiguren. Begleitet wird er von Wikingern, die Schwert und Axt tragen. Am Ende des Zuges sitzt Heidi Fitzthum in einer Kutsche und blickt sichtlich gerührt in die Mengen. Sie freut sich, dass noch mehr Zuschauer als vor zwei Jahren den Kinderfestzug bewundern. Weil die Organisatorin möchte, dass auch der Oberbürgermeister den Zug ansieht, steigt Florian Hartmann erst am Rathaus in die Kutsche zu, begleitet von seiner Lebensgefährtin Julia Märkl und der CSU-Bundestagsabgeordneten Gerda Hasselfeldt. Dann gehen alle aufs Volksfest. Der kleine Ferdinand hat die Hendl-Marke schon in der Hosentasche.

© SZ vom 10.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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