Karlsfeld:Wachsendes Unbehagen

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Karlsfelds Gemeinderäte sind besorgt über den Kurs der Dachauer Tafel und stellen Zuschuss unter Vorbehalt

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Zuschussanträge gehören nicht gerade zu den spannendsten Themen, mit denen sich Gemeinderäte befassen. Oftmals geht es um reine Formalien, und so schien es zunächst auch mit dem Antrag des Roten Kreuzes zu sein, das um einen Mietzuschuss für die Dachauer Tafel in der Brunngartenstraße in Dachau bat. Die Tafel versorgt bedürftige Menschen im Landkreis kostenlos mit Lebensmitteln, die örtliche Geschäfte spenden. Oft sind es Waren, deren Mindesthaltbarkeitsdatum bald ablaufen und die sonst womöglich in der Mülltonne landen würden. "Eine ganz wichtige Geschichte also", wie Karlsfelds Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) in der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses feststellte. "Da wird ganz hervorragende Arbeit geleistet."

Das geschieht auch zum Nutzen der eigenen Bürger: Gut elf Prozent der Tafelgäste kommen aus Karlsfeld. Die Gemeinde zahlt deshalb zehn Prozent der Mietkosten der Tafel, im Jahr rund 4000 Euro. Nun ist die befristete Vereinbarung nach fünf Jahren ausgelaufen, und es wäre naheliegend gewesen, einen Beschluss zu fassen, die Bezuschussung unbefristet fortzusetzen. "Aber was, wenn sich die Tafel in eine Richtung entwickelt, die uns nicht gefällt?", fragte Adrian Heim vom Bündnis für Karlsfeld. Er verwies auf Vorgänge bei der Dachauer Tafel, "die bundesweit hohe Wellen geschlagen haben". Damit konnte nur die Weigerung der Dachauer Tafel gemeint sein, Lebensmittel an Asylsuchende abzugeben. Der BRK-Vorsitzende Bernhard Seidenath, der auch Landtagsabgeordneter und CSU-Kreisvorsitzender ist, verteidigte diese Linie lange Zeit vehement gegen massive Kritik - selbst gegen Kritik vom Bundesverband der Tafeln, nach dessen Selbstverständnis jedem geholfen werden müsse, der bedürftig sei, egal ob Flüchtling oder Einheimischer. Als der öffentliche Druck zu groß wurde, versprach das Dachauer BRK, zu prüfen, ob es bei den Flüchtlingen im Landkreis überhaupt einen Bedarf für Lebensmittel der Tafel gebe. Die Helferkreise sehen das so. Beim Roten Kreuz Dachau kam man offenbar trotzdem zu einer anderen Bewertung.

Inzwischen hat sich die Aufregung um die Dachauer Tafel gelegt, doch das Unbehagen bleibt, und das Vertrauen ins Dachauer BRK scheint bei einigen Karlsfelder Kommunalpolitikern zumindest erschüttert. Im Hauptausschuss war Heim nämlich keineswegs der Einzige, der Bauchschmerzen hatte, dem BRK einen Blankoscheck für seine weitere Arbeit auszustellen. Jugendreferentin Venera Sansone (SPD) schlug vor, die Zuschüsse nicht nur mit dem Standort Brunngartenstraße zu verknüpfen, sondern auch damit, ob das BRK dem alten Tafel-Konzept folgt oder doch Wege beschreitet, die die Gemeinde nicht mitgehen will.

Karlsfelds Bürgermeister Stefan Kolbe war nicht gerade erfreut, wie das Rote Kreuz öffentlich geschurigelt wurde. "Ich sehe das nicht unkritisch", sagte er. Und doch bezeichnete auch er die Einwendungen aus dem Gemeinderat als "berechtigt". Ihm gehe es vor allem darum, die Situation für das Rote Kreuz nicht zu verschlechtern und zu verhindern, dass der Verband jedes Jahr einen neuen Zuschussantrag stellen müsse. Fraktionsübergreifend gab es den Konsens, sich für den Fall der Fälle noch ein Hintertürchen offenzuhalten. CSU-Gemeinderat Wolfgang Offenbeck entwickelte die Formel, die dann auch verabschiedet wurde: Der Zuschussvertrag gilt so lange, bis die Gemeinde ihn kündigt. Kündigungsfrist sind sechs Monate.

© SZ vom 27.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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