Karlsfeld:Stille Zeit

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Liz Schinzlers Arbeiten sind auch ein Plädoyer für abstrakte Kunst. Sie stellt im Karlsfelder Kunstkreis aus. (Foto: Toni Heigl)

Liz Schinzler beim Kunstkreis

Von Bärbel Schäfer, Karlsfeld

In einem harmonischen Gleichklang ergänzen sich die Bilderpaare, entsprechen sich in der Farbigkeit und variieren interessant in den dargestellten Flächen und Strukturen. Was ist Malerei, was Foto? Nur die glatte Oberfläche und die fehlende haptische Tiefe des jeweils rechten Exponates irritiert beim genauen Betrachten. Dann ist das Foto neben dem mit Pinsel und Spachtel gemalten Bild sofort zu identifizieren. Die Malerin Liz Schinzler präsentiert beim Karlsfelder Kunstkreis ihre Ausstellung "Fotografie trifft Malerei", in der sich beide künstlerische Disziplinen in größtmöglicher Nähe begegnen.

Seit 1990 beschäftigt sich Liz Schinzler intensiv mit der Fotografie, über die sie ein Jahr später zur Malerei kam. "Durch die Fotografie habe ich ein geschultes Auge für Details und Abstraktion bekommen", sagt Liz Schinzler. Die Natur bietet eine unschätzbare Fülle an abstrakten Motiven, die sie mit geringer Schärfentiefe und in ungewöhnlichen Blickwinkeln in den Focus nimmt. Die mit der Kamera analysierten Strukturen einer Baumrinde, einer gemauerten Hauswand oder einer schillernden Felsplatte inspirieren sie seit 25 Jahren zu bewegten Kompositionen.

Aus dem riesigen Fundus an Fotos hat Liz Schinzler nun diejenigen ausgewählt, die am besten zu ihren Bildern passen. Sie ließ sie in limitierten Auflagen auf Leinwände drucken - als Pendant zur Malerei, nicht als ihre Vorlage. So sind die Bilderpaare zustande gekommen. Beide - Foto und Gemälde - sind unabhängig voneinander entstanden; manchmal liegen mehrere Jahre dazwischen. "Aber manche sind sich so ähnlich in Form und Farbe, dass ich oft selbst überrascht bin", sagt Liz Schinzler. Sie malt also nicht nach dem Foto, sondern lässt sich von den Motiven leiten.

Den Einwand, dass die direkte Gegenüberstellung, noch dazu im selben Format, didaktisch wirke, lässt sie nicht gelten. Sie sei durch ihre Fotobücher auf diese Möglichkeit der Präsentation gekommen, so Schinzler. Seit Jahren sammelt sie ihre abstrakten Fotos in Bildbänden, die immer auf großes Interesse stoßen. Es ist sogar so groß, dass einmal ein Bildband aus einer Ausstellung entwendet wurde. Das habe sie darauf gebracht, ihre Malerei im Spiegel der Fotografie zu zeigen; als Weiterentwicklung und fortwährenden Prozess der Veränderung. Für die Ausstellung in Karlsfeld publizierte Liz Schinzler einen eigenen Bildband. Es gibt noch einen weiteren Aspekt: "Viele Menschen haben eine Scheu vor der abstrakten Malerei, weil sie ihnen fremd ist und sie nichts darin erkennen können", sagt Schinzler. In den Naturaufnahmen würden sie erkennen, dass die Abstraktion seit jeher vorhanden ist, wenn man sie nur sehen mag.

In ihrer Malerei beschäftigt sich Liz Schinzler mit Zeit und Stille. Diese abstrakten Begriffe hält sie in einem dynamischen Gefüge aus Farbe und Material fest. Aus vielen Schichten baut sie mit Pigmenten, eingearbeitetem Papier und kleinen Fundstücken eine Bildarchitektur. Betrachtet man das Foto mit dem vergrößerten Detail einer Pfingstrosenblüte oder von der rostrot geäderten Rinde einer Palme, so erkennt man ganz klar die Nähe zur Natur und Alltäglichem.

© SZ vom 05.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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