Karlsfeld:Lizenz zum Lesen

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Als Dankeschön für das Engagement der Lesepaten organisierte die Gemeinde Karlsfeld ein Treffen in der Bücherei. (Foto: Gemeinde Karlsfeld)

In Karlsfeld engagieren sich derzeit 22 ehrenamtliche Paten, um die Deutschkenntnisse ausländischer Kinder zu verbessern. Der Agenda 21-Arbeitskreis vermittelt aber auch Erwachsenen mehr Sprachkompetenz

Von Julian Erbersdobler, Karlsfeld

Yasmin hat große Augen und lockige Haare. Das neunjährige Mädchen kommt aus Spanien. Wenn sie erwachsen ist, möchte sie Sängerin werden, erzählt sie in gutem Deutsch. Woher sie so gut sprechen kann? "Ich übe jeden Mittwoch lesen", sagt Yasmin. Sie ist eines der besten Beispiele dafür, warum Rosi Rubröder das Projekt "Lesepaten" im Jahr 2009 ins Leben gerufen hat. Die Idee entstand in der Karlsfelder Agenda 21-Gruppe "Familie, Soziales, Gesundheit", erzählt die Initiatorin in der Gemeindebücherei. "Wie in den meisten unserer Projekte ging es auch wieder darum, Jung und Alt zusammenzuführen."

Was machen die Lesepaten? In erster Linie sollen sie natürlich Lesefreude wecken, den Wortschatz vergrößern und auch die Ausdrucksweise der Kinder verbessern. Geld bekommen die Paten dafür nicht, die Arbeit ist ehrenamtlich. Und wahrscheinlich gerade deshalb alles andere als selbstverständlich. Im laufenden Schuljahr werde in zwei Gruppen gelesen, erzählt Rubröder. Dienstags treffen sich Kinder aus der dritten Grundschulklasse, mittwochs Schülerinnen und Schüler aus der zweiten Jahrgangsstufe. "In jeder Gruppe gibt es dann noch fünf bis sieben Lesepatinnen." Das Angebot stehe allen Kindern offen. Anfangs ging es vor allem um Märchen. Das hätte sich aber schnell geändert, sagt sie. Heute würden besonders Detektiv- und Abenteuergeschichten hoch im Kurs stehen.

Aber es geht um mehr als das Lesen. "Die Begrüßung und Verabschiedung, aber auch das Spielen in den letzten 15 Minuten gehören genauso dazu." Das Leseschuljahr werde außerdem immer mit einem Besuch im Heimatmuseum und dem Überreichen einer Urkunde abgeschlossen. Gerade beteiligen sich 22 Lesepatinnen mit Freude und Elan an dem Projekt. Ehrenamtlich. Aber es gäbe auch noch einen weiteren wichtigen Faktor: Roland Karl. Seit dem Schuljahr 2009/2010 stellt der Rektor der Karlsfelder Grundschule den Lesepatinnen Räume zur Verfügung. Keine Selbstverständlichkeit, wie die Initiatorin erzählt: "Die vorherige Schulleiterin hat uns in dieser Hinsicht überhaupt keine Unterstützung zugesagt".

Für die Offenheit, das Engagement und die Durchführung verschiedener Förderungsangebote bedankte sich nun auch Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) bei allen Helfern bei einen Treffen. "Die Leseförderung ist aus Karlsfeld gar nicht mehr wegzudenken", sagt er. "Machen Sie weiter so!" Und damit meint er nicht nur die Lesepatinnen, sondern auch die wöchentliche Vorlesestunde in der Gemeindepfarrei. Dafür kommt Inge Straub jeden Donnerstag in die Bücherei. Seit inzwischen elf Jahren. Und sie bereue keine Sekunde, wie sie erzählt. "Während des Lesens mache ich auch mal Pausen und frage die Kinder etwas, sie sollen ja auch ihre Sprache verbessern." Nach der Geschichte gebe es dann für das Zuhören und Mitmachen einen Stempel in der Lesekarte. Und wer zehn gesammelt habe, bekommt dafür von der Bücherei eine Urkunde und ein Buch als Geschenk.

Für Kinder aus der Übergangsklasse, die erst seit kurzem hier leben, wird außerdem eine Einzelbetreuung angeboten. Dort üben gerade fünf Frauen mit ebenso vielen Kindern die deutsche Sprache. Die Karlsfelder engagieren sich aber nicht nur für die Kleinen. Der Agenda 21-Arbeitskreis um Rubröder bietet auch Kurse für ausländische Mütter an. "Das Angebot richtet sich besonders an Eltern aus den Übergangsklassen, die gerade erst nach Deutschland gekommen sind", erzählt die Initiatorin. Und die Arbeit trägt Früchte: Einige konnten bereits in Arbeitsverhältnisse vermittelt werden. Die Kurse finden immer mittwochs zwischen neun und zehn Uhr statt.

Wer Lesepatin werden oder eines der anderen Leseprojekte unterstützen möchte, kann sich unter Telefon 0131/ 92 487 oder per Mail an rosi.rubroeder@gmx.de wenden.

© SZ vom 16.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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