Karlsfeld:Karlsfelder Wachstumsschub

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Durch das Neubaugebiet Nido bekommt Karlsfeld viele Neubürger. (Foto: npj)

Die Gemeinde baut und baut. Doch fehlen Krippen- und Schulplätze

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Über Jahre hinweg stagnierte die Einwohnerzahl der größten Landkreisgemeinde. Einige zogen zu, einige zogen weg. Unterm Strich blieb alles, wie es war. Doch 2015 erlebte Karlsfeld einen Wachstumsschub wie seit 20 Jahren nicht mehr. Binnen eines Jahres gewann die Gemeinde per saldo 1200 neue Bürger hinzu. Im Oktober durchbrach sie die magische Grenze von 20 000 Einwohnern und liegt jetzt bereits bei mehr als 20 300 Einwohnern. Verantwortlich dafür sind vor allem das riesige Neubaugebiet westlich der Bahn und das Ortszentrum, das teilweise bereits fertiggestellt ist. Spätestens bei 25 000 Einwohnern soll Schluss sein. So sieht es der Flächennutzungsplan der Gemeinde vor.

"Die Bewältigung des Wachstums ist das beherrschende Thema", bestätigt Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU). Durch den Zuzug kommen viele junge Familien in den Ort. In Rekordzeit hat die Gemeinde 1300 Kinderbetreuungsplätze geschaffen, mehr als fünf Millionen Euro hat sie allein 2015 in diesen Bereich investiert, und trotzdem kann die Kommune mit der Entwicklung kaum mehr Schritt halten. Auch den Schulen geht langsam der Platz aus. Da trifft es sich gut, dass die Grundschulen so marode sind, dass man sie gleich neu bauen kann: größer und moderner. Doch das wird teuer, und Karlsfeld ist jetzt schon kaum imstande, mit seinen Mitteln mehr als seine Pflichtaufgaben zu erfüllen.

CSU und SPD drängen auf die rasche Entwicklung eines neuen Gewerbegebiets. Dazu wären Einschnitte im Grünzug notwendig. Dagegen gibt es heftigen Widerstand: Auch Natur ist eine knappe Ressource, vor allem, weil Karlsfeld zwar die meisten Einwohner, aber auch die geringste Fläche der Landkreisgemeinden hat. Schon 2010 führte der Zielkonflikt zwischen Gewerbeentwicklung und Schutz der Natur zu scharfen politischen Auseinandersetzungen. Damals gipfelten sie in einem Ratsbegehren, das die Gemeinde verlor. 2016 könnte es zu einem Bürgerentscheid kommen, und zu einer Neuauflage der alten Auseinandersetzung, Ausgang offen.

Nicht nur das eigene Wachstum, auch das Wachstum des Landkreises bereitet Karlsfeld Probleme. Für Autopendler ist die Gemeinde der Flaschenhals nach München. Der Durchgangsverkehr belastet die Anwohner mit Lärm und Abgasen. Vielfach sind die Grenzwerte jetzt schon überschritten. In ihrer Not diskutiert die Gemeinde längst auch Radikallösungen wie Lkw-Fahrverbote und zeitweise Straßensperrungen. Die kann die Gemeinde aber nicht selbst verhängen: Die Münchner Straße liegt in der Zuständigkeit des Bundes.

Obwohl in Karlsfeld viel gebaut wird, haben sich die Hoffnungen nicht erfüllt, dass der Preisdruck auf dem örtlichen Immobilienmarkt nachlässt. In jüngster Zeit entstanden sind vor allem hochpreisige Wohnungen in bester Stadtrandlage. Eingezogen sind vor allem Gutverdiener, darunter viele aus München. Inzwischen hat sich im Rathaus die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Markt die Probleme alleine nicht lösen wird. Intensiv diskutiert wird daher das Konzept der sozialen Bodennutzung sowie eine Neuauflage eines Karlsfelder Einheimischenmodells.

© SZ vom 28.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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