Kapellen im Landkreis:Dank sei Gott

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Gläubige erfüllen mit dem Bau von Kapellen oft ein Gelübde

Mehr als 120 Kapellen sind über das Dachauer Land verteilt. Die kleinen Gotteshäuser stehen mitten in Ortschaften, auf Bauernhöfen, am Wegesrand oder versteckt im Wald. Es sind oft verwunschene Orte, an denen die Menschen inne halten und zur Ruhe kommen. Alle Kapellen erzählen ihre eigene spannende Geschichte, die Jahrhunderte alt oder erst wenige Jahre jung sein kann. Ihre Erbauer sind oder waren oftmals gläubige Bürger, die nach einer schicksalhaften Begebenheit ein Gelübde abgelegt hatten und Gott auf diese Weise danken wollten. Andere Kapellen wiederum wurden erbaut, um an Verstorbene und Gefallene oder den Krieg zu erinnern.

Die Unterscheidung zwischen Kirche und Kapelle ist nicht immer einfach, in vielen Fällen aber sind die deutlich kleineren Kapellen in Privatbesitz und zählen nicht zum Ordinariat. Das Wort Kapelle stammt vom lateinischen "cappa", zu deutsch Mantel. Ursprünglich wurde als Kapelle ein Ort in Paris bezeichnet, an dem im 7. Jahrhundert eine Hälfte des geteilten Mantels vom Heiligen Martin aufbewahrt wurde.

An einigen Kapellen im Landkreis fließt Quellwasser, mancherorts liegen Gästebüchlein oder Bittbriefe von Besuchern aus. Der Haimhausener Hans Schertl macht sich seit fast zwei Jahrzehnten die Mühe, sämtliche Kirchen und Kapellen im Landkreis zu erfassen und ihre Geschichte und Architektur im Internet zu dokumentieren. Seine millionenfach geklickte Internetseite ist unter der Adresse www.kirchenundkapellen.de zu finden.

Wieskapelle bei Tandern

(Foto: Niels P. Joergensen)

Auf einem Bergrücken nördlich von Tandern liegt die Wieskapelle, die bereits kurz nach dem 30-jährigen Krieg, um das Jahr 1650 erbaut wurde. Auf dem Grund der Kapelle befand sich, wie Funde belegen, der Pestfriedhof für die Pfarrei Tandern. Pesttote mussten damals sicherheitshalber weit außerhalb der Ortschaften beerdigt werden. Örtliche Sagen vom feurigen Ross und Reiter erzählen von der etwas gruseligen Tradition der Kapelle.

Lourdes-Kapelle in Kreuzholzhausen

(Foto: Niels P. Joergensen)

Mathias Schmid, der in Frankreich im Krieg war, gelobte 1944 in einem Brief, die abgerissene Kapelle in Kreuzholzhausen neu zu erbauen, sollte er überleben und die Ortschaft von Fliegerangriffen verschont bleiben. Schmid überlebte zwar nicht, doch die Dorfbewohner erfüllten sein Gelübde und erbauten 1950 die Lourdes-Kapelle. Die Quelle darin war vor vielen Jahren schon versiegt. Inzwischen aber läuft unterhalb der Grotte wieder ein Brünnlein aus einem Rohr.

Brunnenkapelle bei Wagenried

(Foto: Niels P. Joergensen)

Heilende Kraft wird dem Wasser zugesprochen, das unterhalb der Marienfigur in der Brunnenkapelle zur Unbefleckten Empfängnis bei Wagenried fließt. Schriftliche Quellen belegen, dass die Kapelle seit mindestens 1840 dort steht. Das heilsame Wasser ist so beliebt, dass viele Besucher es sich in Flaschen abfüllen. In einem Zeitungsbericht aus dem Jahr 1922 heißt es über die Kapelle: "Es herrscht hier solche Ruhe, dass man wirklich das raue Weltgetriebe vergißt."

Stalingrad-Kapelle

(Foto: Niels P. Joergensen)

Die Stalingrad-Kapelle im Wald zwischen Oberroth und Schwabhausen wurde 1949 aus dem Schutt des zerbombten Münchens errichtet. Ihr Erbauer Sepp Haas, der selbst in Russland, allerdings nicht bei Stalingrad im Krieg war, wanderte 1960 nach Paraguay aus und hat seither nie wieder deutschen Boden betreten. Die Kapelle hat er als Erinnerung an den "wahnsinnigen Krieg" erbaut. Ihre Tür ist nie versperrt, heute ist sie ein Ort der Begegnung für viele Spaziergänger.

Gedächtniskapelle Regina Pacis

(Foto: Toni Heigl)

Am westlichen Rand des KZ-Friedhofs Dachau Leitenberg wurde im Jahr 1963 im Beisein des damaligen italienischen Staatspräsidenten Antonio Segni die beeindruckende Gedächtniskapelle "Regina Pacis" eingeweiht. Bis heute erinnert der Rundbau an die 38 000 Italiener, die in den Konzentrationslagern der Nazis umgebracht wurden, und generell an die Ermordeten aller Nationen. Papst Pius XII. soll zur Finanzierung der Kapelle einen wertvollen Kelch verkauft haben.

Feldkapelle bei Rettenbach

(Foto: Niels P. Joergensen)

Als der Esterhofener Peter Neumayer im Jahr 2001 von einem Baugerüst stürzte und schwer verunglückte, legte er das Gelübde ab, eine Kapelle zu errichten, falls er wieder genesen würde. Zwei Jahre später hielt er Wort und erbaute die Feldkapelle bei Rettenbach. Auf einer Stiftertafel danken er und seine Familie der Heiligen Maria für die "wunderbare Rettung". Eine gemalte Votivtafel zeigt seinen Sturz vom Gerüst, doch der hell strahlende göttliche Beistand ist ihm gewiss.

Kapelle in Purtlhof

(Foto: Niels P. Joergensen)

Einer mündlichen Überlieferung zufolge erhofften sich der "Hanslbauer" und der "Michlbauer" reichen Kindersegen, als sie 1904 in Purtlhof in der Gemeinde Röhrmoos eine Kapelle errichteten. Die beiden Bauern bewirtschafteten damals die zwei Höfe im Ort, die auch heute noch fortbestehen. Den Mesnerdienst, dazu gehörte auch das Mittag- und Abendläuten, leisteten die Bauern abwechselnd. Wohl auch deshalb haben sich ihre Kinderwünsche später erfüllt.

Kapelle St. Michael

(Foto: Niels P. Joergensen)

Für den Röhrmooser Altbürgermeister Josef Westermayr ist es immer noch etwas besonderes, in der Kapelle St. Michael zu sitzen. Er hat sie 1996 mit seiner Frau Anna erbauen lassen, um sich bei Gott zu bedanken. Ihr damals siebenjähriger Sohn Michael war im Jahr 1966 bei einem Unfall schwer verunglückt. Wochenlang lag der Junge im Koma, die Ärzte hatten ihn schon aufgegeben. Doch der Zustand des Jungen besserte sich und er kam wieder auf die Beine.

Dorfkapelle Röckersberg

(Foto: Niels P. Joergensen)

Die Kapelle in Röckersberg, die im Jahr 2012 errichtet wurde, ist die jüngste im Landkreis Dachau und ein echtes Gemeinschaftsprojekt. Alle im Dorf halfen zusammen. Trotz finanzieller Unsicherheit machten sich die Röckersberger vor acht Jahren ans Werk. Um die Baukosten zu drücken, führten sie die meisten Arbeiten selbst aus und die Gemeinde stellte den Grund. Am 1. Mai 2012 weihten Pater Michael de Koninck und die Dorfbewohner die Kapelle mit einem großen Fest ein.

Antoniuskapelle in Zillhofen

(Foto: Niels P. Joergensen)

Am 12. Juni 1945 wurden in Zillhofen der Bauer Anton Eberl und sein Sohn Anton ermordet. Angeblich fielen sie einer der Banden zum Opfer, die sich nach dem Krieg gebildet hatten und gezielt einsam gelegene Höfe ausraubten und die Bauern mitunter sogar ermordeten. Die Antoniuskapelle in Zillhofen, die im Jahr 1947 von Theresa Eberl erbaut wurde, dient der "frommen Erinnerung" an die ermordeten Bauern und andere im Krieg gefallene Dorfbewohner.

© SZ vom 31.03.2018 / emo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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