Jugendkammer im Landgericht:Ecstasy-Produktion im Gartenhaus

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Zwei Männer müssen sich vor dem Landgericht verantworten. Der Vorwurf: schwunghafter Handel mit Betäubungsmitteln

Die Pillen hatten lustige Namen. Tweety, Bart Simpson oder Winnie Pooh und so weiter. Klingt alles harmlos. Produziert wurden sie von einem Einzelhandelskaufmann und einem Maler aus dem Landkreis. Doch die Tabletten der beiden jungen Männer waren alles andere als harmlos. Bart Simpson, Tweety und Winni Pooh waren Bezeichnungen für Ecstasy-Tabletten. Im Sommer 2015 sollen der Einzelhandelskaufmann und der Maler auf einer Tablettenpressmaschine rund 10 000 Stück hergestellt haben. Die geheime Produktionsstätte war ein Gartenhaus in Dachau.

Seit diesem Mittwoch müssen sich die zwei Männer vor der 1. Jugendkammer am Landgericht München II verantworten. Denn der Einzelhandelskaufmann ist erst 22. Sein mutmaßlicher Komplize 24. Zum Auftakt des Prozesses räumten beide über ihre Verteidiger die Vorwürfe aus der Anklage der Staatsanwaltschaft weitgehend ein. Den Ermittlungen zufolge sollen der Einzelhandelskaufmann und der Maler im Großraum Dachau "einen schwunghaften Handel mit Betäubungsmitteln" betrieben haben. Dabei soll es sich vor allem um Ecstasy und Amphetamine gehandelt haben. Anfang März vergangenen Jahres flogen die beiden Tabletten-Produzenten auf.

Kiloweise Streckmittel und größere Mengen Amphetamin-Base

In dem Gartenhaus entdeckten die Fahnder der Kripo unter anderem mehrere Kilogramm Streckmittel und größere Mengen Amphetamin-Base für die Herstellung von Ecstasy-Tabletten. Angeblich hätte dies gereicht, um daraus "mindestens 31 000 Ecstasy-Tabletten" herzustellen, heißt es in der Anklage der Staatsanwaltschaft. Bei dem Maler fanden die Ermittler zudem Doping-Präparate zum schnelleren Muskel- und Kraftaufbau.

Der Verteidiger des Einzelhandelskaufmann erklärte für seinen Mandanten, dass die 10 000 Ecstasy-Tabletten von so schlechter Qualität gewesen seien, dass sich dafür kaum Abnehmer gefunden hätten. Die beiden Anwälte des Malers sagten, dass "maximal 500" von den 10 000 Ecstasy-Tabletten verkauft worden seien. Bei der Produktion hätten die Angeklagten nämlich irrtümlich weißes Pulver verwendet. Um das Malheur zu beheben, hätten sie die Pillen später mit Lebensmittelfarbe so gefärbt, damit sie so aussehen wie professionell hergestellte Ecstasy-Tabletten.

Das Gefängnis sei fast ein "Kulturschock"

Eigene Angaben zu den Vorwürfen aus der Anklage machte weder der Einzelhandelskaufmann noch der Maler. Der 24-Jährige sitzt ebenso wie sein mutmaßlicher Komplize seit seiner Verhaftung in Untersuchungshaft. Beide sind mehrfach vorbestraft. Der 22-Jährige wurde mit 15 wegen Raubes und Körperverletzung zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Der Einzelhandelskaufmann sagte, er habe mit 14 Jahren zu kiffen begonnen. Er hätte als Fußballer durchaus Kariere machen können. Doch Drogen seien ihm wichtiger gewesen. Der Maler begann im Alter von 13 Jahren Marihuana zu rauchen. Mit 19 habe er dann vor allem Kokain konsumiert. Nach dem Tod seines Vaters sei es immer mehr geworden. Der 24-Jährige ist zum ersten Mal in Haft. Das Gefängnis sei "fast ein Kulturschock", sagte er bei seiner Vernehmung. Der Prozess dauert an.

© SZ vom 11.05.2017 / sal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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