Interne Querelen:Rotes Kreuz streitet vor Gericht

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Der Personalrat des BRK-Kreisverbands zieht gegen den Geschäftsführer vor das Verwaltungsgericht.

Von Anna-Sophia Lang, München/Dachau

Dicke Luft beim Dachauer Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK): Der Personalrat wirft Geschäftsführer Paul Polyfka vor, seine Arbeit zu behindern. Darüber ist ein heftiger Streit entbrannt. Inzwischen ist der Konflikt so weit fortgeschritten, dass die Mitarbeitervertreter am Verwaltungsgericht Klage gegen Polyfka eingereicht haben. "Wir wissen nicht, wie wir das Personal sinnvoll vertreten sollen", sagte der Personalratsvorsitzende Martin Baars. "Wir kommen einfach nicht durch." Der Rechtsanwalt der Gegenseite erklärte, das gegenseitige Vertrauen sei "massiv gestört", Geschäftsführer Paul Polyfka beklagte sich über schlechte Kommunikation. Der BRK-Kreisverband Dachau hat etwa 200 hauptamtliche und 1000 ehrenamtliche Mitarbeiter.

Konkret wirft der Personalrat dem Geschäftsführer Fehlverhalten in drei Punkten vor: Behinderung der Personalratsarbeit, Verweigerung der Einsicht in Bruttolohnlisten und das Nichtweiterleiten von Briefen. Bei der Einzelrichtersitzung am Verwaltungsgericht nahmen am Montag beide Seiten Stellung. Der Vorsitzende Richter, Alex Glaser, empfahl den Streitparteien, sich außergerichtlich zu einigen, da es sich offensichtlich um Probleme in der gegenseitigen Kommunikation handelt. Bis zum 15. August haben sie Zeit dafür. Legen sie den Streit bis dahin nicht bei, werden sie am 20. September erneut geladen, dann kann auch ein Urteil in der Sache erwartet werden.

Die Sitzung am Montag diente dazu, den Beteiligten eine vorläufige Einschätzung des Gerichts mitzugeben, damit der Konflikt im besten Fall einvernehmlich gelöst werden kann. Allerdings äußerte der Vorsitzende Richter Zweifel, ob dies gelingen wird. Immer wieder wurde auf nicklige Art über Details debattiert, die Diskussion glitt wiederholt von der sachlichen Ebene in die persönliche ab. "Es erscheint mir so, als würden wir uns hier wieder sehen", sagte der Richter am Ende der Sitzung.

Geschäfstführer hat keine Kontrollrechte über Mitteilungen des Personalrats

Dem vorausgegangen war ein Wortgefecht zwischen Geschäftsführer und Personalratsvorsitzendem. Darin ging es um den Vorwurf, der Geschäftsführer habe Briefe nicht weitergeleitet, in denen es um Mitarbeiter einer Pflegeeinrichtung in Dachau ging, die geschlossen wurde. Unter ihnen hätten sich Menschen mit Behinderung befunden, die der Personalrat unterstützen wollte, weshalb er auf Post vom zuständigen Integrationsamt wartete. Auch bei den anderen beiden Punkten konnten sich die Beteiligten nicht einigen. Der Personalrat wirft Polyfka vor, eine Stellungnahme zur Dienstplangestaltung im Rettungsdienst wiederholt aus dem BRK-Intranet entfernt zu haben. Dies bestritt Polyfka nicht, rechtfertigte sich aber. Die Stellungnahme sei fehlerhaft gewesen, deshalb habe er sie entfernt. Außerdem hätte der Personalrat sie ihm zunächst zuschicken müssen, er hätte sie dann ins Intranet gestellt. Das sei so üblich.

Dem Richter kam der Vorgang zweifelhaft vor. Polyfka habe keinerlei Kontrollrechte, betonte er, Mitteilungen des Personalrats müsse er jederzeit, ohne inhaltliche Kontrolle ins Intranet stellen. Darüber, ob sie inhaltlich wahr seien, gebe es unterschiedliche Auffassungen. Im Zweifelsfall kläre dies das Gericht. Das Intranet sei als Schwarzes Brett des Personalrats zu behandeln. Dass der Personalrat befürchtet, Polyfka könnte in Zukunft wieder Dokumente entfernen, sei eindeutig. "Zweimaliges Entfernen ist genug", sagte der Richter, "Zweifel an der Wiederholungsgefahr bestehen meines Erachtens nicht."

Gehaltsauszahlungen müssen transparent sein

Grundsätzlich stellt Polyfka infrage, ob der Beschluss des Personalrats, vor das Verwaltungsgericht zu ziehen, rechtmäßig war. Er habe Zweifel, dass die entsprechende Versammlung Ende Februar 2016 tatsächlich stattgefunden habe, erklärte er. Zumindest aber eine Personalrätin sei nicht ordnungsgemäß eingeladen worden. Die Frage des Richters, ob er dem Personalrat also vorwerfe, ihn zu belügen, wollte er aber nicht mit ja beantworten.

Zweifellos Recht bekommen würde der Personalrat beim dritten Vorwurf, falls es nicht zu einer außergerichtlichen Einigung kommt, sondern tatsächlich am 20. September zu einem Urteil einer Kammer des Verwaltungsgerichts. Die Mitarbeitervertretung hatte vom Geschäftsführer Einsicht in entanonymisierte Bruttolohnlisten gefordert. Polyfka gewährte lediglich Zugang zu einer allgemeinen Liste mit Altersgruppen und Besoldungsstufen. Sein Handeln begründete er bei Gericht damit, dass keiner der Mitarbeiter, mit denen er gesprochen habe, gewollt habe, dass der Personalrat Einsicht in seine jeweiligen Gehaltsauszahlungen bekomme. Doch der Richter stellte klar: Das Bundesverwaltungsgericht habe bereits 2010 geurteilt, dass der Betriebsratsvorsitzende und ein weiteres Mitglied in jedem Fall Einsicht in die Bruttolohnlisten erhalten müssten. "Das ist so eindeutig, dagegen kann man gar nichts machen."

© SZ vom 20.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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