Initiative für neues Finanzierungsmodell:Ein Topf für den Tierschutz

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Der dreijährige Kater Findus wird im Tierheim Dachau gut versorgt und bekommt auch immer wieder seine Streicheleinheit. (Foto: Toni Heigl)

Die Bundestagskandidaten von SPD, Grünen, Freien Wähler und Linken unterstützen Forderungen nach einem Sonderfonds aus öffentlichen Mitteln zur Finanzierung der Tierheime, Zuspruch kommt auch von den Bürgermeistern. CSU-Kandidatin Katrin Staffler weist Kritik an ihrer Partei zurück

Von Helmut Zeller, Dachau

Tierschutz in Bayern ist ein hartes Geschäft, bei dem die Ehrenamtlichen auch noch draufzahlen - und das liegt an der Staatsregierung. Im Doppelhaushalt 2017/18 mit seinem Volumen von 117,4 Milliarden Euro ist kein einziger Cent für den Bau, die Renovierung oder den Betrieb der Tierheime eingestellt. "Für mich ist das ein Skandal", sagt Lilian Edenhofer, Bundestagskandidatin der Freien Wähler im Wahlkreis Dachau und Fürstenfeldbruck. "Die 74 bayerischen Tierheime werden buchstäblich im Regen stehen gelassen." Das Tierheim Dachau kämpft seit Jahrzehnten um seinen Fortbestand. 2015 stand es finanziell wieder einmal vor dem Aus: Wie so oft gelang es Silvia Gruber, der Vorsitzenden des Tierschutzvereins, das Ende abzuwehren - nicht zuletzt durch die Hilfe aus der Dachauer Bevölkerung.

Junge Tierfreunde zum Beispiel gründeten eine Facebook-Initiative mit enormer Resonanz. Viele Bürger äußerten Kritik an der Tierschutzpolitik in Bayern. Das tun auch die Bundestagskandidaten von SPD, Grünen, Freien Wähler und Linken. "Es ist unverantwortlich, dass die CSU mit ihrer Sparpolitik auch dem Tierschutz massiv schadet", kritisiert Sozialdemokrat Michael Schrodi. Auch die Grünen-Kandidatin, Bundestagsabgeordnete Beate Walter-Rosenheimer, erklärt: "Tierschutz ist Staatsziel - auch der Freistaat Bayern muss hier seine Verantwortung ernst nehmen." Und Renate Schiefer (Linke): "Das ehrenamtliche Engagement der Tierschützer muss finanziell gestützt und gesichert werden."

Doch die Realität sieht anders aus: "Alle diesbezüglichen Anträge im Landtag werden von der CSU-Mehrheit abgelehnt", sagt Lilian Edenhofer. Das Dachauer Tierheim erhält keinerlei staatliche Zuschüsse, es finanziert sich allein durch Spenden, Erlöse von Aktionen und durch Mitgliedsbeiträge. Für die Versorgung von Fundtieren - einer kommunalen Pflichtaufgabe - erhält das Tierheim eine Fundtierpauschale von 1,50 Euro pro Einwohner, den zwölf der 17 Gemeinden im Landkreis bezahlen. Erdweg, Schwabhausen, Hilgertshausen-Tandern und Sulzemoos zahlen nur einen Euro Fundtierpauschale. Odelzhausen und Pfaffenhoffen zahlen gar nicht, obwohl die Tierschützer immer wieder Tiere aus ihrem Gebiet versorgen müssen. Diese Einnahme, die auch noch versteuert werden muss, deckt aber die steigenden Kosten für Betriebs- und Personalkosten, Futter der Tiere und ihre medizinische Versorgung nicht. Damit entlastet das Tierheim die Kommunen. Bürgermeisterobmann Stefan Kolbe (CSU) sagt: Die Gemeinden müssten ein Vielfaches zahlen, wenn sie selbst für die Fundtiere aufkämen. Außerdem helfen die Türschützer mit ihrem 24-Stunden-Notdienst auch noch der Polizei, die anderes zu tun hat als herrenlose und häufig auch verletzter Tiere einzusammeln. Für die steigende Zahl abgegebener Hunde, Katzen oder Kleintiere muss das Tierheim finanziell aus eigener Kraft aufkommen.

Deshalb kommt es immer wieder zu finanziellen Engpässen - nicht nur in Dachau. Das müsste aber nicht sein, meinen die Bundestagskandidaten. Michael Schrodi, Beate Walter-Rosenheimer und Renate Schiefer unterstützen die Forderung des Deutschen Tierschutzbundes nach einem Sonderfonds aus Mitteln des Bundes, des Landes und der Kommunen. "Das könnte zur Entlastung der angespannten finanziellen Lage von Tierheimen beitragen", erklärt Grünen-Bundestagsabgeordnete Walter-Rosenheimer. Jährlich fließen ungefähr 300 Millionen Euro Hundesteuer in die Gemeindekassen. "Warum sollte nicht wenigstens ein Teil dieses Geldes auch wirklich wieder den Tieren zugute kommen?", fragt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, der Dachorganisation von mehr als 740 Tierschutzvereinen mit mehr als 550 Tierheimen und Auffangstationen. Andere Bundesländer messen dem Tierschutz mehr Bedeutung bei: Zum Beispiel hat das Landwirtschaftsministerium in Mecklenburg-Vorpommern für 2016/17 einen "Tierheiminvestitionstopf" von eineinhalb Millionen Euro eingerichtet. In Bayern dagegen sind sogar noch die Rechnungen der Tierheime, etwa 700 000 Euro, für die Aufnahme der Tiere aus illegalen Welpentransporten offen, wie Lilian Edenhofer mitteilt.

Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) stimmt der Kritik zu: "In einer Welt, in der es Menschen gibt, die Tiere herzlos als Sache betrachten und nicht als Lebewesen, ist die Arbeit des Tierheims absolut unverzichtbar. Auch zum Wohl der Kommunen, denn für Fundtiere sind eigentlich wir Kommunen verantwortlich. Deshalb hat das Tierheim auch jede Unterstützung durch die öffentliche Hand verdient."

Dachau zahlt seit einem Jahr einen jährlichen, steuerfreien Zuschuss von 19 000 Euro für den Tierschutzverein - auf Initiative der CSU-Fraktion. Das war der Schlusspunkt einer monatelangen Debatte, die von den Grünen angestoßen worden war. CSU-Bundestagskandidatin Katrin Staffler erklärt zu den Vorwürfen gegen ihre Partei: "Was ich sehe, ist der faktische Investitionsbedarf in vielen Tierheimen. Für mich steht darum fest, dass Unterstützung notwendig ist. Das gebietet für mich der anständige Umgang mit Lebewesen."

Die Kritik ihrer Mitbewerber für den Bundestag teilt sie jedoch nicht. Der Bund sei im Moment für die finanzielle Ausstattung der Tierheime nicht zuständig, er könne nur zwischen Ländern, Kommunen und Tierschutzverbänden moderieren. Der Deutsche Städtetag habe sich zu seiner Mitverantwortung bekannt, sagt Staffler. Durch mehr Geld im kommunalen Finanzausgleich wolle der Freistaat die Kommunen in die Lage versetzen, ihre Aufgaben angemessen zu erfüllen. Staffler meint: "Dies kommt dann hoffentlich auch den Tierheimen zugute."

© SZ vom 25.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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