Hohes Defizit:Dachau will Gebühr für Notunterkünfte erhöhen

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Nicht eben luxuriös, aber mit vier Euro pro Quadratmeter unschlagbar billig: die Obdachlosenunterkunft an der Alten Römerstraße. (Foto: Niels P. Joergensen)

Die Stadt zahlt viel Geld, weil manche Obdachlose den Umzug in eine teurere Sozialwohnung ablehnen.

Von Petra Schafflik, Dachau

Weil immer mehr Bürger ohne Wohnung dastehen, gibt die Stadt Dachau viel Geld aus für die Obdachlosen-Unterbringung. Allein im Vorjahr hat sich das Defizit mit 400 000 Euro im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Gleichzeitig liegt die Gebühr, die Betroffene für eine Notunterkunft bezahlen, seit 2005 unverändert bei vier Euro pro Quadratmeter. Und ist damit offenbar so niedrig, dass einige Dachauer aus der Obdachlosenunterkunft nicht mehr ausziehen. "Angebotene Sozialwohnungen werden gleich mehrfach abgelehnt", erläuterte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) im Familien- und Sozialausschuss. Damit mehr Geld in die Stadtkasse fließt, zugleich Notunterkünfte wirklich Obdach auf Zeit bleiben, soll der Tarif nun auf bis zu acht Euro pro Quadratmeter steigen. Eine Erhöhung, die im Ausschuss für großen Diskussionsbedarf sorgte. Am Ende wurde das Thema vertagt, damit die Verwaltung offene Fragen klären kann.

Egal ob einfaches Zimmer mit Gemeinschafts-WC auf dem Gang oder halbwegs ansprechende Einzelwohnung mit eigener Küche und Bad: Wer auf der Straße steht und von der Stadt untergebracht wird, zahlt für die Bleibe auf Zeit bisher vier Euro pro Quadratmeter. Und zwar ganz unabhängig von der Ausstattung und dem Zustand der Unterkunft. Trotz des niedrigen Tarifs wollen die meisten Menschen nichts lieber als so schnell wie möglich raus aus der Notunterkunft. Doch einige Obdachlose schätzen diese Bleibe offenbar so sehr, dass sie einen Umzug in eine Sozialwohnung der Stadt ablehnen. Die Miete dort beträgt zwischen 5,85 und 9,66 Euro, je nach Einkommen. Wenn künftig die wenig komfortable Obdachlosenunterkunft ähnlich viel kostet, gibt es keinen Grund auszuharren, so die Idee der Verwaltung. "Es geht um die wenigen Fehlbeleger, die schon in dritter oder vierter Generation in der Obdachlosenunterkunft leben", präzisierte Sylvia Neumeier (SPD). Um diesen Bürgern einen Anreiz zum Wohnungs-Wechsel zu schaffen, soll die Unterkunftsgebühr erhöht werden.

Gravierenden Unterschiede beim Zustand der Unterkünfte

Betroffen von höheren Tarifen wären nur Bürger, die ihr Leben aus eigener Kraft finanzieren und deshalb auch selbst für die Gebühr der Notunterkunft aufkommen. Für Dachauer, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, ändert sich nichts. Für sie übernehmen Sozialamt oder Jobcenter die Wohnkosten und damit auch die Gebühr der Obdachlosenunterkunft. Genau das trifft auf 80 Prozent der Menschen zu, die in einer Notunterkunft leben. Grundsätzlich gab es im Familien- und Sozialausschuss Zustimmung zur Anhebung der Nutzungsgebühr. Nur August Haas (CSU) hält die Verdoppelung der Gebühr für überzogen, "jeder andere würde als Miethai beschimpft." Haas plädierte dafür, sich bei der Anhebung an der Mietpreisbremse zu orientieren. Dagegen würde das Bündnis für Dachau sogar noch höhere Tarife mittragen, erklärte Sabine Geißler. "Weil diese Gebühr meist nicht die Nutzer zahlen." Ihrer Kollegin Luise Krispenz (Grüne) stößt dagegen die Einschätzung sauer auf, einige Bürger würden die Obdachlosenunterkunft als billige Wohnung missbrauchen. "Eine Frechheit gegenüber allen, die es hart getroffen hat im Leben." Krispenz regte an, die Gebühren zeitlich zu staffeln, um nach einiger Zeit stärker zum Auszug zu motivieren. Allerdings könnten Obdachlose die Unterkunft verlassen, um am nächsten Tag als neuer Fall wieder zum Basistarif einzuziehen, warnte Markus Haberl, der bei der Stadt für das Wohnungswesen und die Unterbringung von Obdachlosen zuständig ist.

Breite Kritik gab es an den vorgeschlagenen zwei Kategorien: mit und ohne WC/Bad. "Jeder weiß um die gravierenden Unterschiede beim Zustand der Unterkünfte", monierte Elisabeth Zimmermann (CSU). Die Verwaltung soll deshalb nun Vorschläge für eine stärkere Abstufung der Unterkunftsqualität erarbeiten und eine zeitliche Gebührenstaffelung prüfen. Auch ob eine vorgeschlagene Nebenkostenpauschale von den Sozialbehörden akzeptiert wird, gilt es noch zu eruieren.

© SZ vom 31.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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