Haushalt:Der Traum von der Gewerbesteuer

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Die Stadträte Wolfgang Moll und Jürgen Seidl glauben, dass Dachau Mehreinnahmen in Millionenhöhe verloren gehen.

Von Viktoria Großmann, Dachau

Die Stadt Dachau muss ihre Einnahmen erhöhen, darüber herrscht Konsens im Stadtrat. Vor allem das Gewerbe soll dazu beitragen. Die Stadträte Wolfgang Moll (parteilos) und Jürgen Seidl (FDP) fordern nun, Betriebe mit mehreren Standorten stärker zu beteiligen. Grundsätzlich müssen Unternehmen an allen ihren Standorten Steuern zahlen. Doch nach Molls und Seidls Ansicht schöpft die Kämmerei derzeit nicht konsequent genug die Steuern von auswärtigen Betrieben ab. Moll ist der Ansicht, die Betriebe müssten nachdrücklich von der Stadt aufgefordert werden, bei Tätigkeit am Ort auch hier Steuern zu zahlen. Moll und Seidl rechnen mit "Mehreinnahmen in Millionenhöhe".

Kämmerer Thomas Ernst sieht den Stadtratsantrag skeptisch: "Dass sich Mehreinnahmen in Millionenhöhe ergeben, bezweifle ich", sagt er. Zudem seien Firmen verpflichtet, eine korrekte Steuererklärung zu machen. Sie müssen also nicht erst auf Aufforderung der Kommunen angeben, wann und wie lange sie in welchem Ort tätig waren.

Laut Wolfgang Moll verfolgen andere Landkreisgemeinden und die Landeshauptstadt "akribisch", welche Firmen in ihrem Gebiet tätig seien und von wem also Steuern erhoben werden könnten. Das betreffe nicht nur feste Standorte, sondern jede Art von Tätigkeit, die mindestens 180 Tage ausgeführt wird. Beispielsweise eine Reinigungsfirma, die einen Auftrag für mindestens ein halbes Jahr irgendwo in Dachau erfülle. Oder eine Baufirma, die in Dachau ihre Gerüste aufbaut. Moll sagt, er habe schon nachgefragt, ob die Stadt diesen Fällen nachgehe. Doch bislang sei die Auskunft gewesen, der personelle Aufwand sei zu hoch, zudem sei nicht klar, ob er sich auszahle.

Stadtrat Wolfgang Moll findet, die Stadtverwaltung müsse mehr daran arbeiten, Steuern von auswärtigen Firmen einzutreiben. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Der Kämmerer ist skeptisch

Thomas Ernst erklärt, die Stadt habe bereits vor einigen Jahren einmal während einer Probephase Mitarbeiter damit beauftragt, solchen Fällen nachzugehen. Von verschiedensten Einrichtungen sei abgefragt worden, welche Firmen wo und wie lange tätig waren. "Das hat keine relevanten Ergebnisse gebracht", sagt Ernst. Es habe sich herausgestellt, dass die Firmen ihre Steuern korrekt gezahlt hatten. Grundsätzlich aber sei er bereit, es erneut zu versuchen und die Zahlungen zu prüfen.

Das Thema Gewerbesteuer treibt die Stadträte um. Allgemein gilt es als Heilmittel, mehr Gewerbe anzusiedeln. Bisher sind aber, bis auf das Gebiet zwischen Siemensstraße und Schleißheimer Straße, weder weitere Flächen ausgewiesen worden, noch wird viel darüber gesprochen, dass Neuansiedlungen keine kurzfristigen Mehreinnahmen bringen. Besonders das Bündnis bringt immer wieder die MD-Industriebrache ins Spiel, die nach Ansicht der Fraktion weiterhin für Gewerbe benutzt werden könne. Auch eine Bürgerbeteiligung mit allerdings recht geringer Teilnehmerzahl von 27 hatte als Wunschort für Gewerbe das zentrale MD-Gelände ergeben. Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) hat bereits mehrmals erklärt, er könne dem Wunsch von Firmen, sich in Dachau niederzulassen, aus Platzmangel nicht entsprechen. In Dachau wird heftig um die Nutzung von Flächen für Wohnen, Gewerbe und Grünflächen gerungen. Derzeit werden außer dem von den Bürgern befürworteten MD-Areal auch Flächen in Augustenfeld Süd, am östlichen wie nord-östlichen Ortsrand sowie westlich und östlich der Gröbenrieder Straße geprüft.

Kämmerer Thomas Ernst erklärt, die meisten Steuererklärungen seien korrekt. (Foto: Hans Seidl)

Finanzspritze über fünf Millionen Euro

Tatsächlich bleibt die Große Kreisstadt, was die Gewerbesteuereinnahmen betrifft, hinter vier anderen Kommunen im Landkreis zurück. Als Indiz dafür gilt Oberbürgermeister Hartmann auch die Tatsache, dass die Stadt vom Freistaat in diesem Jahr 5,68 Millionen Euro an Schlüsselzuweisungen erhält. Das heißt, ihre Einnahmen werden als zu niedrig angesehen. Bergkirchen, Sulzemoos, Vierkirchen und Erdweg nehmen mehr Steuern je Einwohner ein als Dachau. Zudem tragen die Gewerbesteuern nur knapp 30 Prozent zu den Einnahmen bei, in fünf anderen Kommunen liegt der Wert teils deutlich darüber. Seit Jahren halten sich die Einnahmen auf einem Niveau von etwa 20 Millionen Euro jährlich, sie wachsen aber nicht mit der Stadt mit.

Grünen-Stadtrat Thomas Kreß fordert deshalb einen höheren Hebesatz. Dieser liegt in Dachau landkreisweit am höchsten, bei 350 Prozent. Seit 2011 gilt er unverändert. In Ebersberg liegt er bei 360, in Freising, Fürstenfeldbruck und Miesbach bei 380, in der Landeshauptstadt gar bei 490 Prozent. Gewerbesteuer zahlen Unternehmen grundsätzlich auf ihren Ertrag an dem Ort, an dem sie ihn erwirtschaften.

© SZ vom 11.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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