Grünzug:Bauern sind wütend auf Naturschützer

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Im Grünzug zwischen Dachau und Karlsfeld stehen bereits einige Gebäude. (Foto: Toni Heigl)

Landwirte und Gärtner lehnen Forderungen des Bunds Naturschutz nach einem großen Landschaftsschutzgebiet ab. Sie fürchten um ihre Existenz.

Von Manuel Kronenberg, Dachau

Im Streit um den Grünzug zwischen Dachau und Karlsfeld gibt es Gegenwind für den Bund Naturschutz (BN). Aufgebrachte Landwirte mischten die Diskussion auf der Mitgliederversammlung der BN-Ortsgruppe Dachau im Adolf-Hölzel-Haus gehörig auf. Sie kritisierten Forderungen der Naturschützer nach einem umfassenden Landschaftsschutzgebiet im Dachauer Moos. "Niemand hat bisher mit uns gesprochen", klagte Grundeigentümer Günther Mayerhanser. "Wem gehören denn die Flächen? Sind wir hier in Russland? Seid ihr alle Sozialisten?" Die Bauern fürchten, dass sie ihre Betriebe nicht mehr weiterführen können, wenn das Landschaftsschutzgebiet kommt.

Die Gemeinde Karlsfeld plant an der Grenze zu Dachau ein Gewerbegebiet. Um Skeptiker zu besänftigen, fasste die Gemeinde 2015 den Plan für ein Landschaftsschutzgebiet im Moos, das weiterem Flächenfraß vorbeugen soll. Auf Dachauer Seite, zwischen dem Tiefen Graben und dem Seeber-Gelände in Dachau-Ost, wurde bereits ein Landschaftsschutzgebiet von der Stadt beim Landratsamt beantragt. Der BN drängt auf Änderungen: Das Schutzgebiet soll präziser definiert und an manchen Stellen deutlich größer werden.

Der Bauausschuss lehnt die Pläne vorerst ab

Im Bauausschuss der Stadt Dachau wurden diese Pläne vorerst abgelehnt. Unter anderem stellte sich Wolfgang Moll (parteilos) dagegen. Er befürchtet Einschränkungen für die Landwirte. Und genau diese meldeten sich nun zu Wort: die zwei Landwirte Günther und Anton Mayerhanser, die zwei Gärtnereibetreiber Georg Kiening und Andreas Luxenburger. Im Adolf-Hölzel-Haus machten sie ihrem Ärger Luft, was zeitweise ein wildes Durcheinander auslöste. Peter Heller, Vorsitzender der BN-Ortsgruppe Dachau, bedankte sich, dass die vier eine Diskussion angestoßen hatten, blieb aber kompromisslos. "Wir sind nicht bereit, die Naturschutzinteressen auf dem Altar Einzelner zu opfern."

Eigentlich war die Veranstaltung als Informationsabend für Mitglieder der BN-Ortsgruppen Dachau und Karlsfeld geplant. Es ging um die Frage, wie eine konkrete Ausgestaltung eines Landschaftsschutzgebiets aussehen solle. Otto Mayrhofer aus Karlsfeld hielt dazu einen Vortrag. Oberstes Ziel sei, den Grünzug vor Bebauung zu bewahren. Nur so, erläutert Mayrhofer, sei gewährleistet, dass die Lebensräume verbunden bleiben, dass wohnortnahe Erholung auch in Zukunft möglich sei, dass die Luftqualität erhalten bleibe, und die Siedlungsräume Dachau und Karlsfeld nicht zusammenwüchsen. "Die Politik sagt offiziell, dass es keine Pläne für so ein Zusammenwachsen gibt", sagte Mayrhofer. Aber der Siedlungszug Rothschwaige entlang der Würm und die Baumaßnahmen der vergangenen 25 Jahre zeigten das Gegenteil. Die Rothschwaige sehe schon nach einer verdächtigen Verbindung zwischen Karlsfeld und Dachau aus, sagte Mayrhofer. Zudem werde dort die Würm-aue zugebaut. Mit einem Landschaftsschutzgebiet könnte dies verhindert werden.

Die Qualität der Atemluft ist in Gefahr

Die Würmaue ist ein kritischer Bereich im geforderten Schutzgebiet. An dieser Stelle bestehe die Gefahr, dass die Verbindung der beiden Lebensräume östlich und westlich der Würm gekappt wird, erklärt Mayrhofer. Und dadurch sei auch die Qualität der Atemluft in Gefahr. "Dieses Thema wird von der Politik gerne unterdrückt." Vor allem in Gröbenzell, Dachau und Karlsfeld stehe es schlecht um die Luftqualität, sagte Mayrhofer. Man dürfe nicht mit weiterer Bebauung ein wichtiges Frischluftentstehungsgebiet zunichte machen.

Im Gegensatz zu diesen Zielen stehen die Interessen der Kommunalpolitik. Karlsfeld braucht Geld und will ein Gewerbegebiet, um neue Einnahmequellen zu generieren. Darüber hinaus gibt es weitere Pflichten, denen die Gemeinde nachkommen muss. Dazu zählt zum Beispiel die Bereitstellung von Wohngebieten, Kinderbetreuung und Platz für Sportvereine. Ursula Weber, die für die CSU im Karlsfelder Gemeinderat sitzt, machte auf die prekäre Lage der Gemeinde aufmerksam und wehrte sich gegen Vorwürfe der Naturschützer, der geplante Standort für ein Gewerbegebiet sei nicht sinnvoll. "Die Planung der Politik betrachtet nicht das Gesamtbild", sagte Peter Heller. Wenn das Landschaftsschutzgebiet nach den Vorstellungen des BN befürwortet werde, könne er sich mit einem Gewerbegebiet abfinden. "Das ist eine Kröte, die wir schlucken müssen."

Genau dazu sind aber die Landwirte und Gärtner nicht bereit, die ihrerseits mit einem Landschaftsschutzgebiet eine große Kröte zu schlucken hätten. Gärtner Luxenburger sagte: "Ihr habt einen schönen Deal mit der Gemeinde gemacht. Und wir bleiben auf der Strecke."

© SZ vom 03.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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