Gesamtverkehrskonzept:Vorfahrt für Bus und Rad

Lesezeit: 2 min

Der Kreisverband des Verkehrsclubs Deutschland fordert vom Landkreis eine Umschichtung der Mittel für Straßen zugunsten des öffentlichen Nahverkehrs. Laut Landrat Stefan Löwl ist aber genau das bereits geschehen

Von Viktoria Großmann, Dachau

Verkehr eindämmen und vermeiden durch ein besseres Busangebot und mehr sichere Radwege, das fordert der Kreisverband des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) in zwei Anträgen an Landrat Stefan Löwl (CSU). Der VCD meldet sich damit zur Gestaltung des Gesamtverkehrskonzepts für Stadt und Landkreis Dachau zu Wort. "Die verkehrsreduzierenden Maßnahmen im bisherigen Entwurf sind viel zu gering", sagt Sprecher Bernhard Sturm. Zudem konzentriere sich das Gesamtverkehrskonzept zu sehr auf den Pendlerverkehr. "Das ist eindimensional." Auch innerörtlicher Verkehr belaste die Kommunen stark. Gerade hier könne Abhilfe geschaffen werden. Der Verkehr müsse an der Quelle reduziert werden. Indem etwa Wohnungen und Gewerbe an bestehenden Straßen und an S-Bahn-Haltestellen entwickelt werden. Statt erst zu siedeln und dann neue Straßen zu fordern. So sieht auch die Stadt Dachau ein geplantes Wohngebiet in Röhrmoos kritisch, weil es zu weit von der S-Bahn entfernt sei. Die neuen Einwohner werden mit dem Auto durch Dachau fahren, ist die Befürchtung der Nachbarkommune. Gerade deshalb sind eines der zentralen Themen im Gesamtverkehrskonzept Umgehungsstraßen, etwa für Indersdorf und südlich von Hebertshausen, aber vor allem für Dachau im Osten und Norden des Stadtgebiets. Der Sinn ist heftig umstritten. Während die CSU auch im Dachauer Stadtrat auf den Bau der Straßen drängt und von Landrat Löwl unterstützt wird, lehnen Grüne und Bündnis im Stadtrat die Umgehungsstraßen seit jeher ab, auch die SPD und Oberbürgermeister Florian Hartmann sind skeptisch.

"Mehr Straßen bringen mehr Verkehr", warnt VCD-Sprecher Bernhard Sturm, zugleich Bündnis-Stadtrat in Dachau. Das zeigten Studien und konkrete Erfahrungen. Immer wieder von den Gegner zitiert wird eine Studie aus dem Jahr 2004, laut der die Entlastung für die Innenstadt durch die Umgehungsstraße marginal ist. Dieses Gutachten lässt Löwl nicht mehr gelten: "Die Aussagekraft ist null." Das Landratsamt hat stattdessen eine Fortschreibung zweier 2014 aktualisierter Studien aus Karlsfeld und Dachau in Angriff genommen, welche die Auswirkungen der Dachauer Nord- und Ostumfahrung sowie einer Südumfahrung von Hebertshausen beschreiben soll und dabei bereits ein besiedeltes Seeber- und MD-Gelände sowie weiteres Gewerbe in Dachau Ost berücksichtigt. "Wir haben auch ohne neue Straßen viel, viel mehr Verkehr", sagt Landrat Löwl. Dieser führe über nicht geeignete Straßen oder ende im Stau.

Aus Sicht des umwelt- und radverkehrfreundlich eingestellten Verkehrsclubs lassen sich Verkehrsprobleme aber nur lösen, indem der Autoverkehr gezielt unattraktiv gemacht wird. Etwa durch verknappte oder weiter entfernt liegende Parkplätze. "Es ist ein Trugschluss, dass wir alle Verkehrsarten gleichermaßen fördern können", sagt Sturm. Dafür reiche der Platz nicht aus. Doch den Vorwurf, einseitig den Autoverkehr zu unterstützen, lässt Löwl nicht gelten. So habe der Landkreis zwischen 2008 und 2017 etwa 23 Millionen Euro in Straßen investiert, aber 38 Millionen Euro in den öffentlichen Nahverkehr. Auch für die nächsten vier Jahre seien für den ÖPNV deutlich mehr Mittel eingestellt als für den Straßenbau. Zudem seien ÖPNV und Radwegenetz bei der Erstellung des Gesamtverkehrskonzepts zuerst behandelt worden.

Der VCD ist skeptisch. Er sieht dennoch eine ungleiche Mittelverteilung etwa von Freistaat und Bund. Zwar schreibe sich auch Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die Radverkehrförderung auf die Fahnen, doch die Kommunen würden zu wenig unterstützt oder die Mittel seien zu stark gebunden. Hebertshausen und Haimhausen etwa haben sich vergangenes Jahr einen verbindenden Radweg letztlich selbst finanziert, weil staatliche Mittel nur für einen straßenbegleitenden Radweg zur Verfügung standen - diesen empfanden die Gemeinden jedoch als zu gefährlich und umständlich. Das Landratsamt prüft derzeit das Radwegenetz im Landkreis auf Lücken. Außerdem soll eine einheitliche Beschilderung gemacht werden. Der VCD fordert eine bessere Qualität: Asphalt statt Schotter und Blendschutz an Straßen.

© SZ vom 15.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: