Gemeinde will Kosten sparen:Kleine Lösung

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Für die Hort- und Mittagsbetreuung an der geplanten Verbandsgrundschule in Karlsfeld ist jetzt ein Provisorium für nur vier Gruppen geplant. Noch ist unklar, wie groß der Bedarf an Plätzen sein wird

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Ganz überzeugt sind die Karlsfelder Gemeinderäte nicht - zumindest nicht alle. Manch einer stimmte mit Bauchgrimmen zu, aber die hohen Kosten eines Hortprovisoriums erschreckten wohl alle. Für die geplante Verbandsgrundschule will die Gemeinde genügend Hort- und Mittagsbetreuungsplätze zur Verfügung stellen, um die Eltern nicht vor große Probleme zu stellen. Denn in den meisten Familien müssen Vater und Mutter arbeiten, um sich das Leben in Karlsfeld überhaupt leisten zu können. Im September hatte der Gemeinderat deshalb beschlossen, ein provisorisches Gebäude für acht Hort- und Mittagsbetreuungsgruppen an der Allacher Straße zu errichten. Es sollte knapp drei Millionen Euro kosten. Doch Bauamtsleiter Günter Endreß hat nachgerechnet, demnach müsste die Gemeinde mindestens vier Millionen Euro dafür zahlen, würde man statt Container eine feste Einrichtung erbauen, wären es sogar sechs Millionen Euro. Für die strapazierte Haushaltskasse der Gemeinde ist das kaum zu stemmen. Deshalb hat Endreß gleich weitergerechnet und kam zu dem Ergebnis, dass vier Gruppen reichen müssten. Dafür würde ein eingeschossiges Provisorium reichen, das lediglich mit zwei Millionen Euro zu Buche schlagen würde. "Das ist eine erfreuliche Kostenreduktion", triumphierte Mechthild Hofner (Bündnis für Karlsfeld). Die Schulleiterin und CSU-Gemeinderätin Ursula Weber wies darauf hin, dass das Provisorium so auch schneller errichtet werden könne.

Völlig unabsehbar, wie sich die Schülerzahlen entwickeln werden

Nicht ganz so positiv sah Adrian Heim (Bündnis für Karlsfeld) die Sache: "Ich habe kein gutes Gefühl", sagte er. "Wir hecheln immer hinter dem Bedarf her und heute drücken wir auf die Bremse. Ich hoffe, dass wir uns nicht in zwei Jahren ärgern." Auch Beate Full (SPD) hegte Zweifel: "Ich glaube, dass es deutlich mehr Kinder werden, habe aber auch keine Lösung dafür", sagte sie. Das Problem an Endreß Rechnung sind die vielen Unwägbarkeiten, die er auch in seinem Vortrag offenbarte. Für die Gemeinde ist völlig unabsehbar, wie sich die Schülerzahlen entwickeln werden, denn durch den starken Zuzug und die Nachverdichtung im Ort kommen immer mehr Familien nach Karlsfeld. Niemand weiß jedoch, wie rasant sich die Schülerzahlen nach oben entwickeln werden. Derzeit lernen etwa 390 Kinder in der Verbandsgrundschule. Für das Schuljahr 2022/23 rechnet Endreß aber schon mit knapp 600 Schülern.

Auf dieser Wiese sollen die Container für die Mittagsbetreuung aufgestellt werden – ganz nah bei den Wiesenkindern. (Foto: Niels P. Joergensen)

Völlig unüberschaubar ist auch, wie viele Eltern künftig eine Mittagsbetreuung oder einen Hortplatz für ihren Nachwuchs wünschen. Bislang sei der Bedarf kontinuierlich gestiegen, so Endreß. Derzeit werden 74 Prozent der Grundschüler in der Mittagsbetreuung beaufsichtigt, ein Teil bis 14 Uhr, einige sogar bis 16 Uhr. Nur zum Vergleich: Im vergangenen Jahr waren lediglich 64 Prozent nach Schulschluss in der Obhut des Fördervereins.

Im Frühjahr 2019 soll der Bau der neuen Verbandsgrundschule starten

Hauptgrund dafür, dass Endreß jetzt, anders als im Herbst, der Auffassung ist, dass ein viergruppiges Hortprovisorium reichen wird, ist, dass die Ganztagsklassen deutlich früher beginnen sollen als ursprünglich gedacht. Bislang war man davon ausgegangen, dass diese erst mit der Fertigstellung der Schule starten, doch die Stadt München hat Karlsfeld die Option eingeräumt, mit Ende des ersten Bauabschnitts, also im Schuljahr 2020/21, mit zwei Klassen zu beginnen. Wie man die Schüler dann verpflegt, ist noch unklar, denn die Mensa wird erst im zweiten Bauabschnitt errichtet. 50 Kinder wären auf diese Weise nachmittags betreut, im Jahr drauf, wenn zwei weitere Klassen eingeführt werden, wären es etwa 100. Insgesamt hätte die neue Schule im Ganztagszweig Kapazitäten für 200 Schüler, so der Bauamtsleiter. Mit dem Aufbau des Ganztagsangebots würden dann weniger Kinder Hort oder Mittagsbetreuung besuchen.

Nach derzeitigem Plan soll im Frühjahr 2019 mit dem Bau der neuen Verbandsgrundschule begonnen werden. Bis dahin muss der Pavillon, in dem die Mittagsbetreuung derzeit untergebracht ist, abgerissen sein. Das Provisorium sollte dann fertig sein - es soll praktisch neben den Containern der "Wiesenkinder" errichtet werden -, deshalb drängte Endreß die Gemeinderäte in der jüngsten Sitzung zu einer schnellen Entscheidung.

"Bei einem achtgruppigen Hort wäre man flexibler", gab er den Kommunalpolitikern zu bedenken. "Man müsste aber auch mit Leerstand rechnen." "Das täte mir in der Seele weh", sagte Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU). Baue man nur vier Gruppen, könne man eingeschossig bleiben, erklärte der Bauamtsleiter weiter. Eine Aufstockung sei aber nicht möglich, da man dafür ein stärkeres Fundament brauche, das das Provisorium teuer machen würde. Im übrigen könne man eine Erweiterung des Raumprogramms nicht im laufenden Betrieb vornehmen, erklärte Endreß.

Vier Jahre wird die Mittagsbetreuung in den Containern untergebracht sein. Danach könnte, wenn nötig, ein Kindergarten dort einziehen. Das Raumprogramm würde dafür reichen. 88 Kinder sind derzeit in der Mittagsbetreuung. Man könnte bis 100 aufstocken, so die Auskunft des Fördervereins - sofern man Personal dafür bekomme. Vom Raum her könnten sogar 125 Kinder in dem geplanten Provisorium beaufsichtigt werden. Trotz aller Bedenken fiel der Beschluss für das kleine Provisorium einstimmig.

© SZ vom 01.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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