Galerie der Künstlervereinigung Dachau:Zwischen Glaube und Vision

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Olivia Hayashi spürt die Präsenz ihres Schutzengels, seit sie einen Unfall hatte, und macht ihn zum Thema zahlreicher Bilder. Während der Bildhauer Jörg Kausch sich mit biblischen Darstellungen beschäftigt. Ihre Ausstellung eröffnet am Donnerstag

Von Jana Rick, Dachau

"Ein als Bote Gottes wirkendes, meist mit Flügeln gedachtes, überirdisches Wesen". So definiert der Duden "Engel". Es gibt Schutzengel, Erzengel und Weihnachtsengel. Ob sie alle Flügel haben, ist fraglich, ob sie wirklich existieren, ist noch fragwürdiger. Dass es sich aber auf jeden Fall lohnt, sich ausgiebig mit Engeln zu beschäftigten, das zeigen nun zwei Künstler in Dachau.

"Und der Engel sprach zu mir", nennt sich die Ausstellung in der Galerie der Künstlervereinigung Dachau (KVD) von Malerin Olivia Hayashi und Bildhauer Jörg Kausch, die an diesem Donnerstag eröffnet wird. In einem gemeinsamen Gespräch vor etwa einem Jahr, in dem es unter anderem um Engel ging, kam den beiden die Idee dazu. Kennengelernt hatten sich die beiden Künstler bei ihrer Ausbildung an der Kunstakademie in Braunschweig.

Die Werke der Malerin Olivia Hayashi sind geprägt von einem persönlichen Erlebnis. (Foto: Toni Heigl)

Spricht man mit Olivia Hayashi über die Ausstellung, so kann man deren Titel möglicherweise wörtlich nehmen. Hinter allen Bildern in der Galerie steckt ein persönliches Erlebnis, das ihre Kunst prägte: Die in Mexiko geborene Künstlerin berichtet von einem Unfall, bei dem sie eine "ganz klare Vision" hatte. Langsam und bedacht versucht sie, das so unglaublich Klingende genauer zu beschreiben. "Ich hatte einen Schutzengel. Es war großartig, wie ein Wunder." Sie denkt nach. "Visionen existieren ein Leben lang, sie sind ein Teil von uns. Auch heute." Die 58-Jährige klingt fast schon ein wenig philosophisch. "Aber ich bin nicht religiös", betont sie. Seit dieser Erfahrung beschäftigte sich die Künstlerin zunehmend mit spirituellen Themen und bestätigt, dass sich dadurch auch die Farben in ihren Bildern verändert haben.

"Engel sind nicht greifbar, aber Farben sind es"

Hayashi spricht sehr bedacht und denkt nach, bevor sie weiter erzählt. "Die Botschaft war ganz klar: Es ist alles okay, du bist geschützt." Wieder versucht sie, das Erlebte anschaulich zu beschreiben. "Ich habe keinen Engel gesehen, sondern seine Präsenz gespürt." Und genau um diese Präsenz geht es in den ausgestellten Malereien. "Ich versuche diese Klarheit, diese Liebe und diesen Schutz, den man in einer solchen Situation spürt, in meinen Werken zu veranschaulichen." Sieben ihrer Werke hängen bereits an den Wänden und strahlen in den buntesten Farben um die Wette. Die Mexikanerin ist für klare und kräftige Farben berühmt, doch dieses Mal spielen sie eine ganz besondere Rolle: "Engel sind nicht greifbar, aber Farben sind es", erklärt Hayashi lächelnd. "Deswegen drücke ich Engel in Farben aus."

Die 58-Jährige Malerin Olivia Hayashi stellt ihre Werke bei der Ausstellung "Und der Engel sprach zu mir" aus. (Foto: Toni Heigl)

Auf einigen Bildern sind inmitten der schwungvollen Farbzüge auch einzelne Figuren zu erkennen. Zwei schwebende Gestalten in einem hellblauen Himmel zum Beispiel. Unter dem Bild steht noch kein Name. "Bayerischer Krug", sagt die Schöpferin des Gemäldes spontan. "Oder Unterwegs in Bayern", überlegt sie weiter. Erst beim zweiten Blick registriert man einen Bierkrug, den der Engel in seiner Hand hält. Er ist der Beweis, dass Hayashi schon mehr als die Hälfte ihres Lebens in Deutschland lebt. "Geprägt wurde ich von beiden Kulturen, der Mexikanischen und der Deutschen. Aber hier habe ich mich entwickelt." Anfang der achtziger Jahre reiste sie alleine nach Europa, eigentlich nur um Urlaub zu machen. Doch in Deutschland verliebte sie sich und heiratete. "Und dann bin ich geblieben", lacht sie.

Der Künstler Jörg Kausch zeigt Zwischenwesen auf eine abstrakte Weise. (Foto: Toni Heigl)

"Kunst ist für mich eine Ausdrucksform. Es ist mein persönlicher, menschlicher Ausdruck mit den Mitteln, die mir zur Verfügung stehen." Also Pinsel, Leinwand und Farben. Gemalt hat Hayashis schon als Kind leidenschaftlich gern. Anfangs unterrichtete sie ihr Onkel in Mexiko, später lernte sie an der Akademie Arte la Esmeralda.

Die Gemälde der jetzigen Vernissage entstanden in ihrem Atelier im Münchner Glockenbachviertel. Für ihre Kunstwerke mischte sie verschiedene Pigmente mit Pulver und speziellen Mischmitteln. Für das kräftige Leuchten der Gemälde verwendete sie Ölfarben. Viele ihrer Bilder übermalte sie mehrmals. "Mein Liebling ist meistens das neueste Bild." Sie zeigt auf ein farbenfrohes Gemälde, auf dem im oberen linken Bereich die Silhouette einer Frau mit orangenen Haaren zu erkennen ist. Ein genauer Blick verrät, dass die Farben auf der Leinwand noch feucht sind. Hayashi hatte es erst am Tag zuvor gemalt. Der Name dafür steht auch noch nicht fest. Sie sieht das locker: "Ich bin doch Künstlerin und keine Schriftstellerin" und fragt sofort zurück: "Was ist besser: Engel in deinem Haar oder Engel in meinem Haar?" Sie überlässt die Entscheidung dem Betrachter.

"Als Bildhauer reizt es mich, Immaterielles plastisch darzustellen"

Die zweite Seite der Galerie zeigt Jörg Kauschs Blick auf die Engel. Aus Papier, Holz und Eisenguss formte der Dachauer Bildhauer sie. "Manche sagen zündende Idee oder Eingebung, andere sagen Inspiration." So beschreibt er Engel. Der Künstler zeigt die Zwischenwesen auf eine abstrakte Weise: Papierreliefs, die an den Ausstellungstagen mit Streiflicht angestrahlt werden, zeigen Mittler zwischen Gott und Mensch aus der Bibel: Einmal ist es Angelos, der Botschaftler, der plastisch aus der Wand hervortritt, einmal erkennt man die Schlacht der Engel. Natürlich fehlen auch Luzifer und der Verkündigungsengel in der Engelssammlung nicht. Während die Papierreliefs an der Wand fast schon zart und zerbrechlich wirken, staunt der Besucher beim Betreten des Raumes über eine kräftige, überlebensgroße Engelsskulptur aus Holz.

Aus Papier, Holz und Eisenguss formt Kausch Figuren. (Foto: Toni Heigl)

"Als Bildhauer reizt es mich, Immaterielles plastisch darzustellen", erklärt Jörg Kausch. Zur Vervollständigung seiner Bildhauerwerke verarbeitete er überfahrene Vögel in Gussformen zu harten, glänzenden Figuren. So entstanden ein bleierner Spatz und eine goldene Feder, die der Bildhauer dann in seine Papierreliefs integriert.

Sei es mit Papier, Holz oder Ölfarben - den beiden Künstlern gelingt auf jeden Fall eines: Sie machen Engel greifbar und holen die sonst so fernen, himmlischen Wesen zu uns auf die Erde herunter.

Die Vernissage ist am Donnerstag, 19. Oktober. Pfarrer Robert Hof aus München wird um 19.30 Uhr eine Ansprache halten, musikalisch begleitet wird die Eröffnung mit Engelsmusik von Laetitia Kausch auf der Violine. Die Ausstellung ist bis zum 12. November zu sehen, geöffnet ist donnerstags bis samstags von 16 bis 19 Uhr und sonntags von 12 bis 18 Uhr.

© SZ vom 19.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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