Falsche Behauptungen auf Facebook:Stimmungsmache gegen Flüchtlinge

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  • Das Landratsamt Dachau hat sich mit einer Erklärung gegen einen Facebook-Nutzer gewehrt, der Falschaussagen über Leistungen für Flüchtlinge verbreitete.
  • Erst einmal ignorierte ihn das Landratsamt. Als die Beiträge auf Facebook für Resonanz sorgten, entschied sich das Landratsamt für die Reaktion.
  • Der Nutzer wiederholte mehrmals, dass Flüchtlinge angeblich kostenlos Bordelle besuchen dürften. Er berief sich dabei immer wieder auf "verlässliche Quellen".

Von Robert Stocker, Dachau/Markt Indersdorf

In sozialen Netzwerken gibt es immer wieder Stimmungsmache gegen Flüchtlinge. Das Landratsamt hat jetzt Unterstellungen eines Facebook-Nutzers dementiert, wonach Asylbewerber im Raum Indersdorf für die Dienste einer Prostituierten nichts zahlen müssen, damit sie keine deutschen Frauen belästigen. "Diese Behauptungen entbehren selbstverständlich jeder Grundlage", heißt es in einer Pressemitteilung des Landratsamt. Besonders verärgert ist die Behörde darüber, dass sich der Facebook-Nutzer im Zusammenhang mit seiner Behauptung auf "verlässliche Quellen aus der Gemeinde" beruft.

Die Einträge auf Facebook mit Reaktionen und Kommentaren anderer Nutzer gingen dem Landratsamt als E-Mail zu. Der Urheber postet seine Behauptungen unter dem Pseudonym Karl Binder. Seinen Eintrag ziert statt eines Smilies ein wütendes Gesicht. "Das ist doch ein Witz", kommentiert er seine Behauptung, Asylbewerber könnten kostenlos Bordelle besuchen. "Die stellen nur noch Ansprüche." Mehr als 200 Nutzer haben den Eintrag weiterverbreitet, mehr als 150 haben ihn kommentiert. Viele forderten den Urheber dabei auf, die fremdenfeindlichen Äußerungen zu unterlassen.

Wie das im Landratsamt aufgenommen wurde

Lange hat das Landratsamt überlegt, ob es auf die Unterstellungen reagieren soll. "Es ist nicht sinnvoll, jeden Blödsinn auf Facebook einzufangen", sagt Alexander Krug, Stellvertreter im Amt des Landrats und stellvertretender Pressesprecher des Landratsamts. Letztlich entschloss sich die Behörde für eine offizielle Reaktion.

Ausschlaggebend dafür waren zwei Gründe: Zum einen, dass sich der Facebooknutzer auf "verlässliche Quellen aus der Gemeinde" bezieht, zum anderen, weil er in seinem Eintrag diesen angeblichen Beweis immer wieder hartnäckig anführt. Stammtischparolen unter Berufung einer Gemeinde - das geht aus Sicht des Landratsamts gar nicht. "Mit unserer Reaktion wollten wir einmal laut dagegen halten, aber wir wollen ihn nicht zum Märtyrer machen", sagt Krug.

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Die Leistungen für Asylbewerber sind im Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. Demzufolge übernimmt das Landratsamt Kosten bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt. Die Behörde ist gesetzlich verpflichtet, den notwendigen Bedarf an Essen, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege sowie Verbrauchsgüter des Haushalts sicherzustellen.

Was das Landratsamt geschrieben hat

"Zu den gesetzlichen Leistungen zählen weder kostenlose Schwimmkurse noch Bordellbesuche", stellt das Landratsamt in seinem Schreiben klar. Die Behörde dankt ausdrücklich "allen ehrenamtlich engagierten Helferinnen und Helfern sowie all denjenigen, die sich den plumpen Versuchen entgegenstellen, die Stimmung und das Verständnis für die hier untergebrachten Menschen zu untergraben".

Wie der stellvertretende Pressesprecher des Landratsamts erklärt, will die Gemeinde Markt Indersdorf den Urheber der Behauptungen zur Rede stellen. Die Kommune will ihn auffordern, solche Äußerungen zu unterlassen - andernfalls könne es für ihn Konsequenzen geben. Der Helferkreis Asyl in Indersdorf will zu der Angelegenheit nicht offiziell Stellung nehmen. Die Mitglieder möchten fremdenfeindlichen Äußerungen kein Forum geben. "Wir halten das eher klein, weil die öffentliche Meinung zu kippen beginnt", sagt Georg Weigl vom Helferkreis. "Das ist sicher ein Blödmann, aber bestimmte Leute warten nur darauf, dass so etwas an die Öffentlichkeit kommt.

© SZ vom 17.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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