Familienberatung:Die Trennungskrise

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Wenn sich Eltern scheiden lassen, reagieren die Kinder oftmals mit Verhaltensauffälligkeiten und schlechten Noten. Weil heutzutage jede dritte Ehe zerbricht, muss die Caritas Dachau viel Beratungsarbeit leisten.

Von Petra Schafflik, Dachau

Jede dritte Ehe wird heute in Deutschland geschieden, eine Trennung ist kein Tabu mehr, sondern gesellschaftlich akzeptiert. Doch für Kinder, deren Eltern auseinandergehen, bedeute das Zerbrechen ihrer vertrauten Familie "immer einen gravierenden Einschnitt, egal wie die Gesellschaft das bewertet", sagt Psychologin Silvia Kuffer, Leiterin der Caritas-Elternberatung.

Auch wenn Kinder und Jugendliche längerfristig Trennungen gut verarbeiten könnten, erlebten sie zunächst "immer einen schlimmen Verlust, leiden unter einem Loyalitätskonflikt". Weshalb vielfach zumindest in der ersten Zeit fachliche Begleitung nötig wird. Dies spiegelt sich im Jahresbericht der Caritas Elternberatung, den Kuffer jetzt vorgelegt hat. Dort stehen auch 2014 wie seit vielen Jahren Probleme um Scheidung und Trennung an erster Stelle der Gründe, warum Landkreisbürger die Elternberatung aufsuchen.

Jede vierte der 558 Familien, die im vorigen Jahr die Unterstützung gesucht hat, kam dezidiert wegen "familiärer Konflikte durch Trennung oder Scheidung der Eltern". Aber viel häufiger als diese Zahl es vermuten lässt, stehen tatsächlich Trennungskrisen hinter familiären Problemen.

Der konkrete Auslöser, die Eltern- und Jugendberatung aufzusuchen, kann zunächst auch ein ganz anderer sein, berichtet Leiterin Silvia Kuffer. Mütter kommen mit ihrem Schulkind, dessen Leistungen in der Schule plötzlich abfallen. Der Kindergarten rät zur fachlichen Unterstützung, weil ein Kind sich auf einmal auffällig verhält. "Im Gespräch ergibt sich dann nicht selten, dass sich die Eltern vor wenigen Monaten getrennt haben", sagt die Psychologin. "Da hängt oft alles miteinander zusammen." Tatsächlich komme letztlich die Hälfte aller Ratsuchenden, die bei der Elternberatung einen Termin vereinbaren, aus Trennungssituationen heraus.

Bei dem zehnköpfigen Team aus Psychologen und Pädagogen der Caritas-Fachstelle finden Väter, Mütter und Kinder dann umgehend Unterstützung, bis sich das Familiensystem wieder stabilisiert hat. Weil schnell Hilfe braucht, wer vor akuten Problemen steht, sind die nach wie vor überschaubaren Wartezeiten der Beratungsstelle erfreulich. Die meisten Anrufer können einen Gesprächstermin innerhalb von vier Wochen bekommen, erläutert Kuffer.

Unterstützung für Eltern mit Schreibabys

Auch wenn Trennungen und Scheidungen eine große Rolle spielen, suchen Väter und Mütter aus anderen Gründen Unterstützung. Das fängt schon bei den Kleinsten an: In der 2010 initiierten, spezialisierte Schreibaby-Ambulanz finden Eltern mit unruhigen Kleinkindern Hilfe. Ein Angebot, das im vorigen Jahr 45 Familien genutzt haben, die Nachfrage ist stabil. Um Eltern mit Säuglingen noch stärker zu stützen, wurde neu eine spezielle Mutter-Kind-Gruppe initiiert.

Die übrigen Sorgen, die Familien noch zur Elternberatung treiben, kann Leiterin Silvia Kuffer gar nicht alle aufzählen. Denn im Kern steht das niedrigschwellige ambulante Beratungsangebot allen offen. "Familien, die Probleme haben, können sich anmelden." Oft geht es nur um eine phasenweise Unsicherheit der Eltern in Umbruchphasen. "Manches ist gut und schnell in einem einzigen Gespräch zu lösen." Die Mehrzahl der Fälle erhält in bis zu zehn Treffen ausreichend Unterstützung. Nur wenige Familien brauchen über die Jahre immer wieder Hilfe.

Als neue Herausforderung erweist sich für die Caritas Eltern- und Familienberatung die Unterstützung von Flüchtlingen. Die Fachkräfte der Asylbetreuung, die auch unter dem Dach der Caritas arbeiten, fragen mehr und mehr Unterstützung an, stellt Kuffer fest. Die Eltern in den Asylunterkünften bräuchten oft praktische Tipps, wie etwa zur richtigen Ernährung von Säuglingen. Für die Erziehungsberatung bedeute dies eine Neuausrichtung der Arbeit, "denn die kulturellen Unterschiede sind groß", zur Erziehung gebe es oft ganz andere Vorstellungen. "Das wird uns 2015 beschäftigen."

© SZ vom 12.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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