Erzähltheater:Aus eigenem Erleben

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Regisseur Rolf P. Prachwitz inszeniert. (Foto: Johannes Simon)

Fluchtgeschichten von Franz Csiky in der Kulturkreiskneipe

"Fremd.Sein.Heimat." Der Kulturkreis in Haimhausen bietet "ein Erzähltheater der besonderen Art zu Zeiten der Flüchtlingswelle nach dem Zweiten Weltkrieg". Und er zieht Parallelen zu den heutigen Vorkommnissen. Regisseur ist Rolf P. Parchwitz, der seit mehr als 20 Jahren mit dem Haimhausener Kulturkreis verbunden ist und zahlreiche wichtige Stücke inszenierte. Diesmal hat er sich die von Autor Franz Csiky als Zwei-Personen-Stück verfasste Spielvorlage einer Fluchtgeschichte vorgenommen.

Die Schauspielerin Michaela Stögerbauer wird sie zusammen mit Kurt Schürzinger, Laienschauspieler aus Schützing bei Deggendorf, in verschiedenen Rollen "auf unterhaltsame, aber auch nachdenkliche Weise" (Kulturkreis) darstellen. Die Geschichte ist Anlass für vielfache dokumentarische Erinnerungen und Erlebnisse, aber auch für kabarettesk-satirische Einschübe und Kommentare: Nach dem Tod einer Tante erbt ein Geschwisterpaar mit Migrationshintergrund einen Fluchtkoffer voller Aufzeichnungen über die Familie aus dem Böhmerwald.

Das Stück verbindet das Heute mit dem Damals und warnt vor dem erneuten Entstehen von Ressentiments, Ablehnung und Rassismus. Der inzwischen gestorbene Autor Franz Csiky hatte das Stück eigens für den Jexhof, das Bauernhofmuseum in der Region München geschrieben, wo es im August vergangenen Jahres uraufgeführt wurde. Regisseur Parchwitz sagt: "Wichtiger ist der Spannungsbogen zwischen altheimatlicher Prägung und neuheimatlichem Assimilationswunsch oder auch - druck." Gleichzeitig möchten Parchwitz, Stögerbauer und Schürzinger vor Rassismus warnen.

Der Theatermann Franz Csiky ist kurz vor der Uraufführung seines Stücks im Alter von 65 Jahren gestorben. Die Siebenbürgische Zeitung hat sein Leben erzählt. Csiky ist dreisprachig aufgewachsen: In Rumänien geboren, sprach er natürlich die Landessprache, war aber kein Rumäne. Er sprach Ungarisch, denn sein Vater war Ungar, seine Muttersprache war Deutsch, denn seine Mutter war Banater Schwäbin. Bis zu seiner Ankunft in der Bundesrepublik galt er als rumänischer Staatsbürger, mit ungarischem Namen und deutscher Muttersprache. Er verstand sich als Rumäniendeutscher.

Auch in Deutschland war seine Einordnung schwierig: Unter dramatischen Umständen gelang ihm 1983 die Flucht aus Ceaușescus Rumänien. In Deutschland wurde er als "Vertriebener" eingestuft und erhielt einen Vertriebenenausweis. Er war ein "vertriebener Flüchtling", was er als Widerspruch empfand.

Samstag, 30. September, 20 Uhr, Kulturkreiskneipe Haimhausen. Karten: haimhauser-kulturkreis.de.

© SZ vom 30.09.2017 / we - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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