Dachau:Alte Römerstraße: mehr Arbeitsplätze, weniger Grün

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SZ-Karte (Foto: Dachau)

Anwohner sehen die Erweiterung des Gewerbegebiets skeptisch. Mehr Lärm und Verkehr wollen sie nicht hinnehmen.

Von Viktoria Großmann, Dachau

Es kommt der Moment an diesem Abend, an dem Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) klar sagen muss: "Die Ausgleichsfläche tut etwas für die Natur. Für die direkten Anwohner ist sie nicht gedacht." Die Botschaft des Abends ist: Wir, die Stadt, muten Ihnen das zu. Es ist eine Enttäuschung für die Bewohner in Dachau Ost an der Alten Römerstraße. Noch mehr Verkehr, noch mehr Lärm, das wird auf sie zukommen, wenn die Fläche zwischen Siemensstraße und Schleißheimer Straße bebaut wird. Diese Sorgen wurden deutlich auf der Bürgerinformationsveranstaltung im Hotel Tulip Inn.

Etwa 40 Leute sind an diesem regnerischen Dienstagabend zur Vorstellung des Vorentwurfs zum Bebauungsplan Südlich Siemensstraße gekommen. Über mangelndes Interesse der Stadtpolitiker können sich die Bürger nicht beklagen. Stadträte der SPD, von CSU und FDP sowie von den Bürgern für Dachau sind da. Der Oberbürgermeister hat den Bauamtsleiter und den Kämmerer aus der Stadtverwaltung mitgebracht. Auch Dieter Ley, Geschäftsführer der Firma Maytec und Claudia Tauber, Vorstand von NAT, sind gekommen. Es gibt Redebedarf für mehr als zwei Stunden.

"Warum ist das Grün hier verzichtbar?", fragt ein junger Mann. Er greift die Formulierung von Bauamtsleiter Michael Simon auf. Dieser verweist auf den Erweiterungsbedarf der angrenzenden Firmen. Es geht um zwei Grundstücke: Eines an der Schleißheimer Straße hat einen privaten Besitzer, der Streifen zwischen diesem und dem schon bebauten Gebiet gehört der Stadt. Er war als Grünfläche vorgesehen gewesen und wurde umgewidmet.

Von einem Bürgerpark redet keiner mehr

Maytec, eine Firma mit 78 Mitarbeitern, die Aluminiumteile für den Maschinenbau und die Industrie fertigen, möchte ihren Betrieb erweitern. 50 neue Arbeitsplätze könnten entstehen. Neu einziehen will das Inkassounternehmen Greif, das seit 1949 in Dachau ansässig ist und seine zwei Standorte zu einem großen zusammenfügen möchte. Schließlich profitieren auch die Anlagentechniker von NAT östlich der Kopernikusstraße, auch sie erhalten von der Stadt ein Grundstück für mögliche Erweiterung, weitere Stellplätze und eventuell eine Kindertagesstätte. Erschlossen werden soll das neue Gebiet nicht über die Schleißheimer Straße, sondern nur über die Kopernikus- und Siemensstraße oder die Alte Römerstraße und eine neue Erschließungsstraße mit Wendehammer. Begrenzt werden soll das Gebiet von zwei Reihen Bäumen und Sträuchern.

Die Anwohner sind skeptisch, fragen, ob sich das Planungsbüro überhaupt auskennt und befürchten, dass das der Anfang ist zur weiteren Zersiedelung des Grünzugs zwischen Dachau und Karlsfeld. Eine Frau fordert zum Ausgleich einen Park südlich der Schleißheimer Straße. Tatsächlich gab es einmal Pläne für einen Bürgerpark an dieser Stelle, doch darauf kommt an diesem Abend niemand zu sprechen. Die Ausgleichsfläche für das neue Gewerbegebiet werde voraussichtlich im Dachauer Moos ausgewiesen, so wird erklärt. Es handle sich um eine Fläche aus dem sogenannten Ökokonto der Stadt. Das heißt, sie hat das Grundstück bereits im Voraus renaturiert.

Forderungen nach Lärmschutz

Der zunehmende Verkehr beschäftigt die Anwohner stark. Forderungen nach einer Lärmschutzwand kommen auf. Dadurch, dass viele Lkw-Fahrer über Nacht im Gebiet parken und ausruhen, entstehe auch viel Müll, beklagt einer. Die Stadt möchte Lkw-Parkplätze vermeiden, planerisch ausschließen kann sie diese nicht, lautet die Antwort. Sehr deutlich wird ein Mann, als er sagt: "Die Stadt hat kein Gesamtverkehrskonzept. Die Stadt denkt nur punktuell. Wie wird es auf der Schleißheimer Straße aussehen, wenn das Seeber-Gelände und Augustenfeld auch noch bebaut werden?" Florian Hartmann gibt sich angreifbar: "Vielleicht haben wir keines, da muss ich Ihnen recht geben." Doch dann holt er aus, spricht vom Ausbau des Busverkehrs, der Beschleunigung der Busse durch eine neuartige Ampelschaltung mittels Bluetooth-Signalen und von der Verbesserung des Radwegenetzes. Dann spricht er noch eine Zumutung an die Bürger aus: "Wir können gegen die Menge des Verkehrs nicht viel tun. Wir können nur versuchen, unser Verhalten zu ändern und öfter Bus und Fahrrad zu fahren." Seufzer und unwilliges Murmeln im Publikum.

Auch die Gestaltung des Gewerbegebiets beschäftigt die Anwohner. Ob da wirklich keine Logistiker einziehen, wollen viele versichert sein. Ein Mann, der im Gebiet auch ein Unternehmen betreibt, will wissen, warum so viele Gebäude nicht aussehen, wie es der Bebauungsplan vorschreibt. Weil Befreiungen erteilt wurden, erklärt Bauamtsleiter Simon. Der Mann fühlt sich hinters Licht geführt. "Wir können euch leider nicht glauben", sagt er. Ihm und denen, die Angst vor noch größerer Ausdehnung des Gewerbegebiets im Grünzug haben, gibt Hartmann mit auf den Weg: "Die Leute, die Sie wählen, entscheiden so etwas."

© SZ vom 17.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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