Erfahrungen der Feuerwehren:Gefahr durch Gaffer

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200 Einsatzkräfte sind zur Stelle, als es am Donnerstagabend auf der A 8 zu einer Massenkarambolage mit 29 Fahrzeugen kommt. Schaulustige und unaufmerksame Fahrer, die ins Stauende rasen, behindern in solchen Fällen oft die Retter und lösen Folgeunfälle aus

Von Thomas Altvater, Odelzhausen

Einen Tag nach der Massenkarambolage auf der Autobahn 8 bei Odelzhausen sagt Kreisbrandinspektor Maximilian Reimoser mit einem Gefühl der Erleichterung: "Die Menschen hatten Glück im Unglück." Denn: "Wir mussten niemanden aus einem Auto herausschneiden und es wurde niemand lebensgefährlich verletzt." Kurz vor 17 Uhr war es am Donnerstag bei starkem Regen zwischen Adelzhausen und Odelzhausen in Fahrtrichtung München zu einem Verkehrsunfall gekommen, an dem 29 Fahrzeuge beteiligt waren. Insgesamt 27 Menschen wurden verletzt. Eine Frau schwer.

Die Feuerwehren entlang der A 8 haben schon Schreckliches erleben müssen. Sieben Verletzte im März 2017, als ein Raser unbedingt auf der Höhe der Anschlussstelle Sulzemoos zu überholen versuchte. Ein Opfer musste mit einem Rettungshubschrauber in eine Klinik gebracht werden. Oder im Juni 2016, als eine Massenkarambolage mit mehreren Schwerverletzten durch heftigen Regen ausgelöst wurde.

Für die Einsätze auf den Autobahnen "sind die Feuerwehren in Dachau nicht speziell geschult", sagt Wolfgang Reichelt, der Pressesprecher der Freiwilligen Feuerwehr Dachau. "Die technische Hilfeleistung ist jedoch, neben der Brandbekämpfung, Grundbestandteil jeder Feuerwehrausbildung und wird regelmäßig geübt", sagt Reichelt weiter. Die Feuerwehren an Autobahnen oder anderen wichtigen Verkehrsrouten sind mit speziellem Gerät zur Rettung verletzter Personen aus ihren Fahrzeugen ausgestattet. So auch in Dachau. Eine Rettungsschere, um Verletzte aus den Fahrzeugen zu befreien, oder eine Rettungsplattform, um verunglückte Lkw-Lenker versorgen zu können, gehören zum Inventar der Dachauer Feuerwehr. Diese Ausrüstung ist mittlerweile besonders bei den Feuerwehren entlang der Autobahnen weit verbreitet, weiß Reichelt. Es gibt verschiedene Stützpunktwehren, die auf so eine besondere Ausstattung zurückgreifen können. Jede Gemeinde ist jedoch selbst für die Ausstattung ihrer Feuerwehren verantwortlich. In Dachau sei man aber gut ausgerüstet, versichert Reichelt.

Für die Feuerwehren selbst steht bei Unfällen auf Autobahnen die eigene Sicherheit an erster Stelle. Denn "Autobahnen stellen durch das hohe Verkehrsaufkommen und die Geschwindigkeiten eine besondere Gefahr dar", erklärt Wolfgang Reichelt. Immer wieder kommt es zu schweren Unfällen, weil die Unfallstelle nicht erkannt wird und Einsatzkräfte verletzt werden. "Ich muss sicherstellen, dass meine Mannschaft am Ende des Tages wieder sicher nach Hause kommt", sagt Wolfgang Reichelt. Mittlerweile kann man in Dachau auch auf einen eigenen Verkehrssicherungsanhänger zurückgreifen. Denn nur bei entsprechender Verkehrssicherung kann der Schutz der Feuerwehr und der Unfallopfer gewährleistet werden.

Nach Einschätzung von Maximilian Reimoser war wohl ein Auffahrunfall bei Starkregen die Unfallursache der Massenkarambolage auf der A 8. Dadurch wurde eine Serie von aufeinanderfolgenden Auffahrunfällen ausgelöst. 29 Fahrzeuge waren beteiligt. Die Autobahn musste für mehr als zwei Stunden komplett gesperrt werden, was zu einem Rückstau von bis zu 18 Kilometern führte. Trotz der vielen beteiligten Fahrzeuge ging der Unfall glimpflich aus. Eine Frau wurde schwer verletzt und mit einem Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus geflogen. Sonst gab es nur Leichtverletzte, die von den etwa 200 alarmierten Rettungskräften an der Unfallstelle versorgt oder in die umliegenden Krankenhäuser gebracht wurden. Die meisten der 42 beteiligten Insassen kamen jedoch mit dem Schrecken davon. Insgesamt waren drei Rettungshubschrauber im Einsatz, von denen aber nur einer gebraucht wurde. "Bei Unfällen mit vielen Fahrzeugen ist es üblich, dass mehrere Rettungshubschrauber angefordert werden", sagt Maximilian Reimoser. Laut dem Polizeipräsidium Oberbayern Nord kann auch zu geringer Abstand oder überhöhte Geschwindigkeit zu dem Unfall auf der A 8 geführt haben. Eine echte Unfallursache könne man aber noch nicht ausmachen, da die Vernehmung der beteiligten Personen sowie ein Gutachten noch ausstehen, teilt das Polizeipräsidium mit. Im Verlauf des Staus kam es zu einem weiteren Auffahrunfall, der aber ohne Folgen blieb.

Der Schaden wird von der zuständigen Polizei in Fürstenfeldbruck auf ungefähr 400 000 Euro geschätzt, da auch mehrere hochpreisige Fahrzeuge an dem Unfall beteiligt waren. Insgesamt waren insgesamt 200 Menschen von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst an dem Einsatz beteiligt. Mehr als 100 davon waren Feuerwehleute aus der Region Dachau und Aichach-Friedberg. Zusätzlich zu den örtlichen Einsatzkräften wurde ein Großraumrettungswagen der Berufsfeuerwehr Augsburg angefordert.

Immer öfter bringen Gaffer Rettungskräfte und Autofahrer in Gefahr. Auch auf der A 8 kam es deshalb, laut Polizei, während des Unfalls immer wieder zu gefährlichen Situationen und kurzen Staubildungen auf der Gegenfahrbahn. Die Polizei bittet eindringlich darum, im Interesse der Verkehrssicherheit derartige Gefahren nicht durch die eigene Neugier herbeizuführen.

© SZ vom 05.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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