Erdweg:Hawaii ist überall

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Das Sommerfest mit Aloha-Feeling und Live-Musik in der Sandgrube Guggenberg gibt es seit 30 Jahren. Am Anfang der Erfolgsgeschichte stand eine Idee, die nachts um vier Uhr im Gasthaus am Erdweg geboren wurde.

Es ist vier Uhr nachts im Gasthaus am Erdweg, als Josef Wirkner eine Idee hat: Warum fahren wir nicht nach Hawaii? Sein Spezl Max Modlinger, auch nicht mehr ganz nüchtern, wendet ein: "Nach Hawaii? Wir können doch auch hier im Sand tanzen."

Im Jahr 1984 war das. Wirkner und Modlinger spielten für Erdweg in der ersten Herrenmannschaft. Die Fußballabteilung war so klamm, "wir konnten uns nicht einmal anständige Trikots leisten", erinnert sich Wirkner. In dieser Zeit entstand der Plan, die Vereinskasse durch ein Sommerfest aufzubessern. Aber eine Party im Sand? Fast immer verlaufen solche Ideen im selbigen. Doch in Anbetracht der leeren Vereinskasse machte Modlingers Vorschlag plötzlich Sinn.

Wenige Wochen nach dem bierseligen Clubabend rollen schon die Raupen und Bagger nach Guggenberg. Die Sandgrube, noch sieht sie aus wie eine Mondlandschaft, hat unwegsames Gelände und riesige Berge. Tagelang verschieben die Fußballer Gebirge aus Sand, planieren und befestigen die steilen Wände. Die schlafende Grube, in der nur ein paar Disteln wachsen, verwandeln sie ein Partyareal, auf dem bei gutem Wetter jährlich bis zu 3000 Menschen feiern.

Am Samstag nun wird das Hawaiifest 30 Jahre alt. Auch dieses Jahr erwartet die Feiernden: Live-Musik und Aloha-Feeling mit Barkeepern, die in Hawaiihemden Cocktails in Kokosnüsse füllen.

Aus der locker formulierten Idee einer Party im Sand ist eine echte Erfolgsgeschichte geworden. Dabei hatten es die Veranstalter zu Beginn wahrlich nicht leicht. Beim ersten Fest, erinnert sich Josef Wirkner, "war es saukalt und hat geregnet". Folglich verlegten die Fußballer die Party kurzerhand nach Machtenstein in die Halle des inzwischen verstorbenen Mitgründers Jakob Niedermair. Um Strandflair zu erzeugen, hatten sie damals tonnenweise Sand in die Halle geschüttet. Der Lohn: Es kamen 500 Gäste. Jeder von ihnen zahlte sechs D-Mark Eintritt.

Fortan konnten die Feste aber in der aufwendig freigeschaufelten Sandgrube in Guggenberg stattfinden. Die Besucherzahlen stiegen infolge dessen von Jahr zu Jahr, das öffentliche Interesse wuchs. Und damit leider auch die Zahl der Auflagen. Denn Holzhütten, wie man sie heute findet, gab es in der Grube damals nicht, das Gesundheitsamt beklagte etwa die mangelnde Hygiene bei der Essensausgabe. Folglich bauten die Fußballer Hütte um Hütte - als Bar, als Schänke, als Imbissstand. Keiner störte sich daran - zunächst. Denn einem Hinweis des ehemaligen Erdweger Bürgermeisters Michael Reindl folgend, monierte das Bauamt, die Hütten, insbesondere die 30 Meter lange Bar, seien zu groß und obendrein Schwarzbauten. "Reißt die Hütten ab", hieß es damals. Der langjährige Dachauer Landrat Hansjörg Christmann aber unterstützte die Fußballer. Seitdem lautet der Kompromiss: Die Hütten dürfen stehen bleiben, sofern nur zwei Feste pro Jahr stattfinden.

Für die mitgliederstarke Erdweger Fußballabteilung sind die Hawaiifeste eine Art Lebensversicherung: "Ohne sie würde es schlecht aussehen", sagt Robert Modlinger. Die Gewinne, so erklärt der Vorstand, fließen zu einem großen Teil in die Jugendarbeit und in Instandhaltungsmaßnahmen. So sind beispielsweise im Speicher des überschaubaren Sportheims vor einigen Jahren zusätzliche Kabinen entstanden, ein neuer Fußballplatz wurde angelegt oder der arg strapazierte Trainingsplatz aufwendig saniert. Projekte, die ohne die Ersparnisse aus der Hawaiikasse nicht realisierbar gewesen wären.

Gleiches gilt für das ehrenamtliche Engagement. Die rund 100 Arbeiter, darunter Nachwuchskicker, Spielerfrauen, Funktionäre, aktive und ehemalige Spieler sowie Sympathisanten, bekommen für ihre geleistete Arbeit keinen Cent. Ebenso wenig der 17-köpfige Hawaiiausschuss, der sich mehrmals im Jahr trifft, um das Fest zu organisieren. Sie alle opfern etliche Samstage, um den zeitintensiven Aufbau zu stemmen. Dabeisein ist für die Fußballer Pflicht: "Die Aufbautermine werden betrachtet wie ein Training. Wer nicht kann, muss sich entschuldigen", sagt Tobias Strixner, der langjährige Kapitän der ersten Mannschaft.

Ein Selbstläufer ist das Hawaiifest jedoch nicht: Wie bei fast alle Hallen- und Dorffesten, werden auch hier die Besucher weniger. Die Veranstalter haben den Eintritt vorsorglich von neun auf fünf Euro gesenkt, Attraktionen wie Hubschrauberflüge, Feuerwerke oder Striptease-Shows fallen dieses Mal aus. Bleibt zu hoffen, dass das Wetter am Samstag passt. Die Regenwahrscheinlichkeit im 12 000 Kilometer entfernten Hawaii liegt bei zehn Prozent.

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