Ende des Poststreiks:Wie Weihnachten

Lesezeit: 2 min

Obwohl in Dachau nicht gestreikt wurde, werden die Zusteller in den nächsten Tagen genug zu tun haben. Aus dem Briefzentrum wird viel Post ankommen. (Foto: Toni Heigl)

Nach dem Ende des Poststreiks wird es noch bis zu einer Woche dauern, bis wieder Normalbetrieb herrscht. Zusteller im Landkreis bekommen viel zu tun. Sie müssen die liegen gebliebenen Briefe verteilen

Von Manuel Kronenberg, Dachau

Zwischen den gelben Sprintern, die im Hinterhof der Postfiliale in Dachau parken, erscheint ein Mann in gelb-blauem T-Shirt. Den Rucksack über die Schulter gehängt verlässt er die Filiale. Der Ausstand ging in der Nacht zu Dienstag zu Ende. Aber er hat nichts damit zu tun gehabt. Nicht weil er verbeamtet ist, sondern weil es in Dachau gar keinen Post-Streik gegeben hat. Ohnehin hält der Briefträger nicht viel vom Arbeitskampf. "Die Einigung ist ein Witz", sagt er. Und Verdi habe schon vorher gewusst, "dass bei den Verhandlungen nicht viel rauskommt." Der ganze Streik sei also sinnlos gewesen, meint er.

Nicht alle sehen das so wie der Dachauer Briefträger. Fest steht aber, dass es ein sehr heftiger Tarifstreit war. Gräben seien entstanden zwischen manchen Streikenden und Nicht-Streikenden, so Melanie Kreis, Personalchefin der Post. Dabei ist es gerade jetzt so wichtig, dass die Beschäftigten gut zusammenarbeiten, damit sie die angehäufte Post zügig verteilen können. Dass sich der Ausstand auch auf Dachau ausgewirkt hat, obwohl die Beschäftigten ihre Arbeit hier gar nicht niedergelegt haben, liege daran, dass das Briefzentrum bestreikt wurde, erklärt Verdi-Sprecher Anton Hirtreiter. Dachau sei somit indirekt auch betroffen. Die Briefträger waren also unterwegs, konnten aber gar nicht alles dabei haben, was sie hätten verteilen sollen.

Dementsprechend gab es einige Klagen. Die Krankenkasse Barmer GEK wies ihre Kunden darauf hin, wichtige Anliegen auf der Internetseite oder per App auf den Weg zu bringen. Vor allem aber litten Unternehmen unter dem Streik, die darauf angewiesen sind, dass ihre Rechnungen ankommen. So wie die Firma Maytec. Dort hat man sich mit Expresssendungen, E-Mails oder persönlichem Vorbeibringen beholfen. Genauso hat man es beim Autohaus Widmann und Winterholler geregelt. Eine Mitarbeiterin sagt dazu: "Das ist natürlich viel mehr Aufwand. Es wäre auf jeden Fall angenehmer, wenn es normal wäre."

Ab jetzt also wieder alles normal? So einfach ist es leider nicht. Am Dienstag nehmen zwar die Streikenden ihre Arbeit wieder auf. Trotzdem wird es immer noch zu Verzögerungen kommen. Haufenweise Briefe und Pakete sind liegen geblieben. Bis das alles aufgearbeitet ist, werden einige Tage vergehen. "Wir versuchen, alles so schnell wie möglich abzuarbeiten, sobald alle wieder an Bord sind", sagt Erwin Nier, Sprecher der Deutschen Post. Das werde in den verschiedenen Regionen unterschiedlich schnell gehen, aber wohl die Woche über dauern. "Spätestens am Montag sind wir überall wieder funktionstüchtig." Viel Arbeit kommt da auf die Beschäftigten zu. "Das ist in manchen Regionen etwa die Menge wie wir sie auch an Weihnachten haben", sagt Nier. Hinzu komme, dass jetzt vermutlich mehr Leute ihre Briefe und Pakete zur Post bringen, die sie vorher wegen des Streiks noch zurückgehalten haben. Aber Nier ist zuversichtlich, dass sich alles wieder reibungslos einpendelt. Die Springer, die während des Streiks aushalfen, bleiben weiterhin im Einsatz, erklärt er. Mehr als zehn Stunden am Tag werde keiner arbeiten.

Bis wieder Normalbetrieb herrscht, dauert es noch einige Tage. Dort wo gestreikt wurde, werden die Verzögerungen heftiger ausfallen. Aber die Regionen, in denen es keinen Streik gab, bleiben nicht verschont. Auch in Haimhausen, wo die Beschäftigten ihre Arbeit laut Verdi nicht niedergelegt haben, kam es vor, dass Sendungen teilweise drei Wochen lang ausblieben. Betroffene mussten sogar eine Fernreise stornieren, weil Originalpässe und Visa noch immer im Verteilzentrum der Post feststecken. Wichtige und vor allem eilige Briefe sollten vorerst wohl immer noch per Express verschickt werden - oder eben persönlich überbracht werden.

© SZ vom 07.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: