Eine gute Pointe ist für ihn wie ein Geschenk:Der Witzeerzähler vom Petersberg

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Pfarrer Josef Mayer erklärt, warum ein Leben ohne Humor nicht nur ein halbes, sondern gar kein gutes Leben ist

Von Christiane Bracht, Erdweg

Pfarrer Josef Mayer lacht. Tag des Witzes. Davon hat er noch nie gehört. Aber die Idee findet er gar nicht schlecht. "Witz ist Ausdruck von Humor", philosophiert der Geistliche vom Petersberg. Und: "Ein Leben ohne Humor ist nicht nur ein halbes, sondern gar kein gutes Leben." Denn der Humor helfe vor allem in schwierigen Situationen eine andere Sichtweise zu bekommen. Und das wiederum sei gut, um Dinge auf eine leichtere Schulter zu nehmen. "Humor ist ein Hilfsmittel, um nicht in eine negative Spirale nach unten zu kommen", erklärt Mayer.

An diesem Samstag ist internationaler Tag des Witzes. Klar, könnte man sagen. Na, und? So ein Blödsinn. Aber Lachen ist nicht selbstverständlich. Man kann das Lachen schließlich auch verlernen und so innerlich veröden. Mit dem Tag des Witzes soll vielleicht die Bedeutung des Humors betont werden, denkt Pfarrer Mayer. "Das halte ich für wichtig." Er ist jemand, der immer etwas Lustiges zu berichten weiß. Das hinterlässt Eindruck. Es gibt Leute, die kommen sogar extra auf den Petersberg, nur um seine Witze zu hören. Mayer erzählt sie nicht nur im Gottesdienst, sondern auch beim Frühstück oder in seinen Seminaren. Vor allem Ostern ist es ihm wichtig, die Gläubigen zum Lachen zu bringen. Es ist schon fast ein Ritual. Wen könnte man also besser zu diesem Thema fragen als Pfarrer Mayer? Von seinen Bewunderern hat er schon manch ein Witzbuch geschenkt bekommen - wohl damit ihm die Pointen nie ausgehen. Die Inspiration zum Witzeerzählen habe ihm der Aushilfsmesner gegeben, sagt Mayer. "Er hat die Witze immer zu großen anekdotischen Erzählungen ausgeschmückt. Da habe ich immer gern zugehört."

Doch was zeichnet einen guten Witz aus? "Ich schätze besonders den jüdischen Humor", sagt Mayer. Juden nehmen sich selbst gern auf die Schippe. Das mag der Pfarrer sehr und legt gleich los: "Ein Jude bekommt Besuch von seinem Neffen aus Israel. Sie gehen in Wien spazieren und kommen am Stephansdom vorbei. Da fragt der Neffe: 'Wer wohnt denn da drin?' 'Der liebe Gott', antwortet der Onkel. 'Nein, der ist doch im Himmel, nicht in diesem Haus', weiß der Neffe. Der Onkel gibt ihm recht: 'Er ist im Himmel. Da drin hat er nur sein Geschäft'." Mayer ist begeistert von der Tiefgründigkeit dieses Witzes. "Man merkt, dass man eine bestimmte Vorstellung hat, die eigentlich unsinnig ist. Man kann Gott nicht in einem Kirchengebäude festhalten. Aber der Mensch braucht diese Vorstellung." Bei dieser Art von Witzen müsse man "mitdenken", der Aha-Effekt ist nicht sofort da und das schätzt der Seelsorger besonders. Durch den Witz wechselt man die Perspektive, das Selbstverständliche wird plötzlich in Frage gestellt und entlarvt.

Mayer ist in seinem Element. Schon fällt ihm der nächste ein. Eine Bemerkung reicht ihm und er ist kaum mehr zu stoppen: "Ein Jude zieht in ein sehr katholisches Dorf. Jeden Freitag grillt er Fleisch, sehr zum Verdruss der Nachbarn. Sie bitten den Pfarrer, den Juden zu taufen, damit das ein Ende habe. Der Pfarrer erfüllt ihnen den Wunsch und tauft den Juden mit den Worten: "geboren als Jude, gelebt als Jude, jetzt katholisch". Er spritzt das Wasser über ihn. Doch der Jude grillt weiterhin jeden Freitag Fleisch. Verständnislos und verärgert zugleich schauen die Nachbarn hinüber. Dann hören sie, wie der Jude sagt: "geboren als Rind, gelebt als Rind, jetzt Fisch." Es gebe Menschen, die diese Art von Humor nicht gleich verstehen, sagt der Pfarrer. "Dafür muss man die Zusammenhänge kennen."

Schwarzer Humor ist dagegen "nicht so mein Fall", sagt Mayer. "Er kann verletzend sein." Ihm ist es wichtig, dass die Witze niemanden auf eine "negative Schiene" bringen, sie sollen vielmehr aufbauen. Macht man zum Beispiel einen blöden Witz, in dem der Tod verniedlicht wird, gegenüber jemanden, der gerade eine Trauererfahrung hat, hilft das nicht weiter, erklärt der Seelsorger. "Man muss bei schwarzem Humor immer sehr auf die Situation achten." Er lehnt es auch ab, auf Kosten eines anderen Scherze zu machen. "Das ist nicht gut." Über sich selbst kann Mayer dagegen gut lachen. Neulich sei er auf seine inzwischen immer weniger werdende Haarpracht angesprochen worden. Für Männer oft kein leichtes Thema, aber Mayer entgegnete spitzbübisch grinsend: "So ist es für Gott leichter, die Haare zu zählen." Diese Art der Selbstironie schützt ihn auch vor Gram. "Ein Witz wie dieser lockert die Situation auf und regt zum Nachdenken an." So bringt er auch diejenigen, die ihm ihr Herz ausschütten und sich schon lange mit ihren Gedanken im Kreis drehen, dazu einen Schritt nach vorne zu machen, hinaus aus ihrer "Verengung". Der Perspektivwechsel bringt sie dazu weiterzudenken.

"Humorlose Menschen tun mir leid", sagt Mayer. "Weil sie eine wesentliche Dimension vom Leben nicht mitbekommen. Ein Mensch, der lacht, ist gesünder und zufriedener." Denn mit einer positiven Haltung zum Leben, kann man auch mit schwierigen Dingen leichter umgehen, hat er festgestellt. Man löst die Schwierigkeiten durch Witze oder Humor nicht auf, aber es kann helfen noch andere Seiten an sich und dem Leben zu entdecken, erklärt Mayer. Für Kranke ist es zum Beispiel wichtig nicht nur ihr Defizit zu sehen.

Der Pfarrer empfiehlt: "Mindestens einmal am Tag lachen." Das mache er auch. "Und wenn man mit dem falschen Fuß aufgestanden ist, einfach fünf Minuten auf der Bettkante sitzen bleiben und dann erst aufstehen." Mayer lacht. Und dann fällt ihm schon die nächste Anekdote ein - hilfreich für Morgenmuffel: Sein Freund sei auch einer, erklärt er. Um sich das Aufstehen zu erleichtern habe er sich einen Zettel an den Spiegel geklebt, darauf steht nur "Matthäus 14,22". Klar, das verstehen nur Theologen. Aber der Pfarrer übersetzt: "In der Bibelstelle steht: Fürchte Dich nicht! Hab Vertrauen."

© SZ vom 01.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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