Dachaus OB in Israel:Dachau und Massuah wollen kooperieren

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Dachau und das israelische Institut für Holocaust-Forschung Massuah wollen zusammenarbeiten. Das ist ein Novum in der Erinnerungspolitik.

Helmut Zeller

Massuah und Dachau wollen kooperieren, aber die Umsetzung dieses einzigartigen Projekts steht noch vor ungelösten Fragen. Das ist das Ergebnis des ersten Gesprächs von Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) mit Shraga Milstein, dem Präsidenten des Instituts für Holocaust-Forschung in Israel.

Dachaus Oberbürgermeister Peter Bürgel legte einen Kranz in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem nieder. (Foto: privat)

Die Einrichtung bei Tel Aviv hatte, wie berichtet, im Januar der Stadt eine Zusammenarbeit im Bildungsbereich angeboten. Dachau will nun dem 1972 gegründeten Institut erste praktische Vorschläge unterbreiten.

OB Bürgel, der vergangene Woche mit der Dachauer Band "Lupin" an der 50-Jahr-Feier der Aktion Sühnezeichen in Jerusalem teilnahm, nutzte am Ende seiner Reise die Gelegenheit zu einem ersten Treffen mit Vertretern von Massuah. In der internationalen Grossmann-Schule der Einrichtung studieren jährlich 50 000 Schüler, Studenten und Lehrer aus aller Welt in mehrtägigen Seminaren Ursachen, Verlauf und Folgen des Holocaust.

Bürgel zeigte sich nach einem Rundgang durch Museum, Ausstellungen und Unterrichtsräume tief beeindruckt. Der OB erklärte, er wolle die Chance für eine Kooperation ergreifen. In welcher Form diese Zusammenarbeit stattfinden könnte, ist allerdings noch unklar.

Der Oberbürgermeister will jetzt zunächst mit den Leitern der drei Gymnasien in Stadt und Landkreis Dachau sprechen. Auch eine Einbeziehung der Stiftung Bayerische Gedenkstätten und des bayerischen Kultusministeriums steht zur Frage. Die Stadt, und das wäre ein Novum in ihrer Erinnerungspolitik, soll jedoch auf jeden Fall als direkter Partner auftreten.

Kernfrage ist die Finanzierung: Wer bezahlt für Reise und Unterkunft der Besucher aus Dachau? Das Institut bietet auf seinem weitläufigen Gelände Unterkunftsmöglichkeiten für 140 Studierende. Milstein und Bürgel waren sich einig, dass Dachauer Gruppen kontinuierlich, über Jahre hinweg, Massuah besuchen müssten.

Shraga Milstein machte deutlich, welche Bedeutung diese Kooperation gerade für Dachau hätte, dessen Name weltweit als Synonym der Naziverbrechen gilt. Viele Menschen in Israel, sagte Milstein, wollten trotz des Holocaust einen offenen und ehrlichen Dialog mit Deutschen über die Vergangenheit entwickeln.

An dem Treffen mit Milstein, Überlebender von Bergen-Belsen, und der Institutsdirektorin Aya Ben Naftaly nahmen auch die Sprecher der Vereinigung der Überlebenden der Dachauer KZ-Außenlager bei Kaufering teil. Uri Chanoch betonte, dass die Jugend über die Shoah lernen müsse, da die Zeitzeugen bald nicht mehr am Leben seien. Abba Naor, der seit zehn Jahren die Begegnung israelischer und deutscher Jugendlicher organisiert, sagte: "Es geht darum, welche Zukunft die Vergangenheit haben wird."

© SZ vom 15.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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