Dachau:"Wir sind doch nur in einem anderen Raum"

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Anton Kreitmair spricht mit Jugendlichen der Scheibner-Schule über Politik, aber vor allem über seinen Unmut über die Presse (Foto: Niels P. Jørgensen)

Der Landtagsabgeordnete Kreitmair (CSU) erklärt Schülern, wie es in der Politik läuft. Vor allem aber schimpft er auf die Presse.

Von Fam Marie Schaper, Dachau

Landtagsabgeordnete führen ein stressiges Leben, zumal wenn sie so engagiert sind wie der Dachauer Landwirt und Präsident des Bauernverbandes in Oberbayern, Anton Kreitmair (CSU). Jetzt wollte er Schülern einmal erklären, wie das eigentlich so läuft im Landtag, wie Politik gemacht wird. Eine gute Idee, um gegen die Politikverdrossenheit der Jugend zu wirken. Aber die Klassen 10 und 11 der Privaten Wirtschaftsschule Scheibner, die das Wahlfach Politik und Zeitgeschichte belegt haben, erfuhren dann über das eigentliche Thema nicht gar so viel. Denn der CSU-Politiker nutzte die Gelegenheit für eine ausgiebige Presseschelte. Mehr als Klimawandel, Terrorgefahr oder Flüchtlingselend scheint ihn die Presse zu stressen.

Der Berichterstattung darf man seiner Meinung nach kein Vertrauen mehr schenken. Journalisten verdrehten die Geschichten, um einen Skandal zu schaffen. "Positiv belegte Geschichten verkaufen sich einfach nicht so gut", sagte der CSU-Politiker, dessen Äußerungen über die "moderne Medienpolitik" dem "Lügenpresse"-Geschrei der Pegida-Bewegung ziemlich nahe kam. Die Medienwelt erklärt sich Kreitmair doch eher schlicht: Journalisten seien von der "Auflage abhängig", sie müssten ja auch Geld verdienen. Pressefreiheit? Fehlanzeige. Die Aufgaben der Presse in einer Demokratie? Fehlanzeige. Er, so Kreitmair, sei manchmal einfach entsetzt, was im Radio oder in der Zeitung zum Beispiel über Landtagssitzungen berichtet werde. Er habe dann manchmal das Gefühl, wenn er sich einen Bericht danach durchlese, dass die Journalisten und er nicht am selben Plenum teilgenommen hätten.

Nachfragen zu Lebensmitelskandalen schaden der Landwirtschaft

Nun gibt es durchaus Abgeordnete in seiner Partei, die schon mal in einer Abstimmung abgelenkt sind und daher erst am nächsten Tag in der Zeitung ungläubig lesen, wofür sie eigentlich gestimmt haben. Entsetzt ist Kreitmair, das können die Scheibner-Schüler aber nicht wissen, schon lange über die Berichterstattung, vor allem dann, wenn es wieder einmal um Nachfragen zu Lebensmittelskandalen und Massentierhaltung geht, die - seiner Ansicht zufolge - doch nur der Landwirtschaft schaden. Die Nachfragen. Aber: Die Leser, sagte er, hätten es in der Hand, sie steuerten, was sich auf dem Medienmarkt verkaufe. Ob der Appell, fast schon ein verhüllter Boykott-Aufruf, Wirkung zeigte, war auf Anhieb nicht erkennbar. Aber die Schüler wollten dann doch auch eine Innenansicht der Politik. Unumwunden erklärte Kreitmair, wie ein Tag im Landtag abläuft. Während den Debatten, die eigene Themen nicht betreffen, arbeitet er im Büro, bis er dann zur Abstimmung ins Plenum gerufen wird. Aber schon wieder die Medien: Sie zeigten Bilder eines leeren Landtags, um die Abgeordneten als faul zu diffamieren. "Dabei sind wir nur in einem anderen Raum", sagte Kreitmair.

Zur Frage nach seinen Nebeneinkünften zeigte Kreitmair die Homepage des Landtags, nicht ohne zu erklären, dass viele Einkünfte nicht erfasst seien. Dabei wurde auch ein Grund für seinen Unmut offenbar: Eine SZ-Grafik zeigte ihn kürzlich auf Platz 3 der Top-Verdiener unter den Abgeordneten. Angeblich zu undurchsichtig. Dann die Berichterstattung über eine Bauerndemo in Dachau: Kreitmair führte sie an, hatte tags zuvor die Presse eingeladen. Es ging gegen Dumpingpreise von Discountern. Was ihm aber nicht gefiel: Der Leser las auch, dass Kreitmairs Frau ebenso bei einem Großhändler einkaufe. Vor den Schülern rechtfertigte er sich: "Wo soll ich denn sonst meine Gummibärchen kaufen?" Das sagt auch etwas über das eigentliche Thema, die Politik, aus.

© SZ vom 24.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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