Dachau:Wer sich zum Narren halten lässt

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Henri IV soll von seiner Frau zum Aprilnarren gemacht worden sein. (Foto: Getty)

Schon an französischen Königshöfen schickte man sich in den April. Aber warum gerade am ersten?

Von Annegret Braun

"Am ersten April, schickt man die Narren, wohin man will." So wird in Grimms Wörterbuch aus dem 19. Jahrhundert erklärt, was es mit dem ersten April auf sich hat. Vergebliche Botengänge waren damals schon beliebt und auch heute schicken manche Chefs ihren neuen Lehrling los, um ein 15 Meter langes W-Lan-Kabel zu besorgen.

Der Aprilscherz ist ein weitverbreiteter Brauch. In Amerika und England, wo es für jeden Anlass eine Grußkarte gibt, werden, wie am Valentinstag oder an Halloween, "Happy April Fools' Day"-Karten verschickt.

Derjenige, der auf einen Aprilscherz reinfällt, ist ein "Aprilnarr" - auch im Angloamerikanischen (april's fool). Im Französischen (poisson d'avril) und Italienischen (il pesce d'aprile) ist es der "Aprilfisch", also jemand, der jeden Köder schluckt, den man ihm hinhält.

Woher der Brauch kommt und warum man ausgerechnet den ersten April dazu auserkoren hat, weiß man nicht genau. Darüber gibt es wilde Spekulationen. Am ersten April sei grundsätzlich äußerste Vorsicht geboten, denn er gilt als Unglückstag. An diesem Tag sei Judas Ischkariot, der Jesus verraten hatte, geboren worden und genau am ersten April habe sich der Unglückliche auch erhängt.

Zur Erklärung für Aprilscherze muss eine andere Geschichte herhalten: König Henri IV, der von 1589 bis 1610 König in Frankreich war, ließ kein amouröses Abenteuer aus, wenn sich irgendeine Gelegenheit dazu bot. Als er von einem 16-jährigen Mädchen eine Einladung zu einem heimlichen Rendezvous bekam, ging er voll freudiger Erwartung zum vereinbarten Treffpunkt. Doch anstatt eines zauberhaften jungen Mädchens, erwarteten ihn dort seine Ehefrau und der gesamte Hofstaat. Seine Frau dankte ihm untertänigst, dass er zum Narrenball gekommen sei. Man kann nur sagen: Die Rache der Frauen ist grausam. Ob sich das so zugetragen hat, oder ob wir mit dieser Geschichte zum (April)narren gehalten werden, muss offen bleiben.

Im 17. Jahrhundert muss es geradezu ein Volkssport gewesen sein, andere in den April zu schicken, wie folgendes Ereignis zeigt: Am 1. April unterzeichnete Kaiser Leopold I. den antitürkischen Allianzvertrag. Um jeden Zweifel an der Ernsthaftigkeit seiner Amtshandlung auszuschließen, datierte er ihn auf den 31. März zurück.

Einer der ältesten Belege für Aprilscherze stammt von 1774. In einer Zeitung wurde behauptet, man könne sich das Ostereierfärben sparen, wenn man farbige Hühner züchten würde. Dazu müsse man nur die Umgebung der jeweiligen Hühner in der gewünschten Farbe anstreichen, worauf die Hühner mit der Zeit diese Farbe annehmen würden. Hätte es damals schon Internet gegeben, wären mit Sicherheit viele bunte Hühnerställe gepostet worden.

Nicht jeder fand es lustig, als Aprilnarr dazustehen. Am Hof des russischen Zaren Peter I. lud am 1. April 1705 die Komödiantentruppe die vornehme Moskauer Gesellschaft zu einer Galavorstellung ein. Die Gäste hatten sich in Schale geworfen und warteten gespannt auf den Vorstellungsbeginn. Als sich der Vorhang hob, sahen sie statt der Schauspieler nur eine Tafel mit der Aufschrift "Heute ist der erste April". Der Leiter der Truppe wurde fristlos entlassen.

Heute ist man nirgendwo mehr vor Aprilscherzen sicher. Im Zeitalter der Medien, vor allem des Internets, haben sich inzwischen ganz andere Möglichkeiten eröffnet. Seien Sie auf der Hut!

Die Autorin und Ethnologin Annegret Braun leitet die Geschichtswerkstatt im Landkreis Dachau und lehrt seit 2006 am Institut für Volkskunde/Europäische Ethnologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Die Wissenschaftlerin aus Sulzemoos hat viele Aufsätze und Bücher veröffentlicht, darunter 2013 die Studie "Wie Frauen Glück erleben" (Verlag Kreuz).

© SZ vom 01.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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