Dachau:Unbekannte Weltreligion

Lesezeit: 2 min

Nermina Idriz berichtet den Jugendlichen im Jugendzentrum Dachau-Ost von persönlichen Erlebnissen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Jugendliche diskutieren über den Islam und die Vorurteile, mit denen Muslime zu kämpfen haben

Von Fam Marie Schaper, Dachau

Eine Frau mit Kopftuch, daneben ein Bild der Kaaba in Mekka. Darunter eine Fotografie von einem Mann, der sich betend auf einen kleinen Teppich legt. Und auch eine Frau mit Burka ist zu sehen. Darunter die Frage: "Der Islam ist eine Weltreligion - Was weißt du davon?" Mit diesen Bildern und Fragen werden seit einigen Wochen die Besucher des Jugendzentrums Dachau-Ost konfrontiert. Aufgehängt wurden sie von Martin Maschenko und Nicholas Hohmann, die in der Dachauer Stadtverwaltung, Abteilung Jugend, arbeiten.

Die Bilder sollen die jungen Leute zum Nachdenken anregen - Anlass war der Themenabend zum Islam. Das Jugendzentrum veranstaltet solche Abende einmal im Jahr, um über aktuelle Themen zu informieren und zum Diskutieren anzuregen. Dabei ist es den Organisatoren wichtig, dass die Veranstaltungen offene Runden sind, bei denen die Teilnahme freiwillig ist. Die Jugendlichen sollen ihre Probleme und Sorgen in einer ungezwungenen Runde frei äußern können. An der Gesprächsrunde zum Thema Islam nahmen etwa 20 Jugendliche und Erwachsene teil, darunter Muslime und Nicht-Muslime.

In diesem Jahr luden Martin Maschenko und Nicholas Hohmann Nermina Idriz ein, die über den Islam referierte. Nermina Idriz ist Sozialpädagogin und arbeitet als Referentin für Soziales und Bildung für die islamische Gemeinde Penzberg. Auch ihr ist es wichtig, Jugendliche über den Islam aufzuklären und bestehende Vorurteile auszuräumen. Sie möchte den Islam von seinem schlechten Image befreien. Dieses, betonte Nermina Idriz, entstehe durch eine Berichterstattung, die nicht zwischen den Taten religiöser Fanatiker und dem Islam an sich differenziere. Man müsse deutlicher machen, dass der Islam als Religion friedlich sei und nur von Fanatikern missbraucht werde.

Es war ihr außerdem ein Anliegen, die Bedeutung des Djihads richtigzustellen, den man als Krieg gegen Andersgläubige missverstehe. Um dies mit einem Beispiel zu unterstreichen, berichtete sie von einer persönlichen Erfahrung: Nermina Idriz ist gebürtige Bosnierin und kam mit ihren Eltern nach Deutschland, während der Krieg in ihrem Heimatland tobte. Ihr Bruder, der damals elf Jahre alt war, starb. Sie erzählte, wie sie in Deutschland einer Serbin begegnete und welche Gefühle das in ihr auslöste. Sie verurteilte diese Frau, ohne sie zu kennen, nur wegen ihrer Nationalität, wegen dem, was ihre Landsleute Nerminas Bruder angetan hatten. Doch sie ermahnte sich, nicht solchen Gedanken nachzugeben. Sie kämpfte in diesen Momenten gegen sich selbst. Sie kämpfte, um sich selbst zu einem besseren und vorurteilsfreien Menschen zu machen. Dies sei der wahre Djihad, so sei er einst gedacht gewesen. Es sei nicht der Kampf gegen Andersgläubige, es sei der Kampf gegen die eigenen Fehler und Schwächen.

Aber nicht nur Nermina Idriz redete über das, was ihr beim Thema Islam auf dem Herzen liegt. Auch die Jugendlichen konnten in der Diskussionsrunde ihrem Unmut Luft machen. Einige von ihnen empörten sich über das schlechte Bild, das dem Islam anhänge. Andere wiederum berichteten davon, dass sie wegen ihres muslimischen Glaubens häufig Vorurteilen ausgesetzt seien. Dies verletze sie sehr. Auch nicht-muslimische Jugendliche beteiligten sich an der Diskussion und wollten mehr über den Islam erfahren. Die Veranstalter hatten damit ihr Ziel erreicht: Dass Jugendliche sich mit dem Thema auseinandersetzen.

© SZ vom 30.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: