Dachau:"So? Sie san der?"

Der Biograf Martin A. Klaus schreibt über den Schriftsteller Ludwig Thoma in seinem neuesten Buch mit dem Titel: "Erdichtetes Leben": "Es ist eine recht anrührende Geschichte, in der Ludwig Thoma erzählt, wie er nach Dachau kam. Doch wie so vieles, was Thoma über sich selbst berichtet, ist sie falsch. Dass ihn bei seiner ersten Begegnung mit den Marktflecken ,eine starke Sehnsucht' überkam, ,in dieser Stille zu leben', das erscheint bei genauerer Betrachtung seiner Bemühungen um eine eigene Anwaltskanzlei doch recht unwahrscheinlich. Denn tatsächlich strebte der junge Advokat zuerst in die weizengesegnete Erdinger Gegend mit ihren großen Höfen und reichen Bauern. Erst als er erfuhr, dass diese so gar nicht prozessfreudig waren, entschied er sich für Dachau, wo man gerne und schnell ,advokatisch' wurde." Der frühere Redaktionsleiter der SZ Dachau liest am Freitag, 24. Februar, 20 Uhr, beim Dachauer Kulturverein Tollhaus e.V. im Café Gramsci aus seiner Thoma-Biografie. Nach Dachau kam Thoma mit gepumptem Geld, wählte aber für Kanzlei und Wohnung die beste Lage nahe dem Amtsgericht im neu erbauten Raufferhaus, wo der Hausherr mit einer dann doch recht besorgten Miene seinen Einzug mit so dürftiger Ausstattung beobachtete, dass er nicht mal alle Zimmer möblieren konnte. Der Oberamtsrichter Joseph Schub begrüßte Thoma mit einem ungnädigen: "So? Sie san der?"

© SZ vom 20.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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