Dachau:So ein Hund

Lesezeit: 2 min

Lastwagenfahrer rammt Tierboutique und flüchtet. Durch Zufall wird er ertappt

Von Benjamin Emonts, Dachau

Mücke hat natürlich keine Ahnung, was am Vortag hier abging. Gewiss, die Hundedame wird sich fragen, was all der Presserummel in der Tierboutique soll - ausgerechnet jetzt, wo sie sich inzwischen das fünfundzwanzigste Halsband anprobieren lässt (passt wieder nicht). Den Grund kann Mücke freilich nicht wissen: Das Geschäft, oder besser gesagt dessen Außenwand, war am Mittwochnachmittag der Ausgangspunkt einer kuriosen Kriminalgeschichte von Flucht, Schicksal und Happy End - zumindest aus der Sicht der Guten.

Um viertel vor drei also, an dem babyblauen Haus an der Münchner Straße Ecke Schleißheimer Straße, beginnt das filmreife Drama. Die Mieterin des Ladens, Alexandra Oberholzner, die allerlei Tierleckereien und (modischen) Schnickschnack für Katz' und Hund anbietet, steht gerade in ihrer Kaffeeküche, als sie ein "lautes, kräftiges Knirschen" vernimmt. Sie blickt aus dem Fenster. Ein Lastwagen. Außen fällt ihr sogleich ein beachtliches Loch in der Wand auf. Den Lastwagen aber sieht sie da nur noch von hinten. Fahrerflucht. Oberholzner greift sofort zum Telefon und verständigt ihren Vermieter und die Polizei. Beiden schildert sie: "Es war ein italienischer Sattelschlepper, er müsste an der rechten Seite beschädigt sein." Ein Streifenwagen und auch der Vermieter setzen umgehend zu einer lokalen Fahndung an - ohne Erfolg. Schließlich erreicht den Hausbesitzer rein zufällig ein Anruf seiner Eltern. Der Sohn - ganz und gar nicht zum Spaßen aufgelegt - sagt, er habe jetzt keine Zeit, "mir ist gerade ein Lkw ins Haus gefahren." Dann beschreibt er seinen Eltern das Aussehen des flüchtigen Fahrzeugs. Ein großes Glück.

Denn just in diesem Moment, die Eltern stehen gerade in Karlsfeld, fährt ein Lastwagen an ihnen vorüber, der exakt mit der Beschreibung übereinstimmt. Handlungsschnell nehmen die Eltern die Verfolgung auf und verständigen die Polizei. Eine Streifenbesatzung, so heißt es im Polizeibericht, kann den Lkw schließlich kurz vor der Auffahrt auf die B 471 stoppen. Der 46-jährige Fahrer, das ergaben die Ermittlungen, war stadteinwärts kommend beim Abbiegen von der Münchner in die Schleißheimer Straße einen zu engen Bogen gefahren und hatte mit seinem Auflieger die Hauswand touchiert. Alexandra Oberholzner verwundert das kaum: "Bei uns an der Ecke geht's ja öfter eng zu."

Obwohl der Unfallverursacher - ihn erwartet ein Strafverfahren wegen Fahrerflucht - rasch dingfest gemacht wurde, haftet für die Mieterin des Tiergeschäfts ein fader Beigeschmack am vermeintlichen Happy End. Als sich der Unfall ereignet hatte, erzählt Oberholzner, standen mindestens zehn Fußgänger und drei Autos an der Kreuzung. Sie bat um schnelle Hilfe, doch "alle waren sofort verschwunden. Denen war das einfach wurscht."

Wenigstens hat Hundedame Mückeschließlich doch noch ein passendes Halsband gefunden.

© SZ vom 31.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: