Dachau:Reisebilder

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Herbert Felix Plahl lässt sich durch Myanmar inspirieren, Ralf Hanrieder durch Tibet und den Senegal, Lilly Karsten begab sich auf Städtetour und Tadeusz Stupka sucht das Neue im Gewohnten. Die Ateliers im Stockmann-Haus stehen offen

Von Bärbel Schäfer, Dachau

Muss man reisen, um Neues malen zu können? Die Antwort darauf gewähren die Ateliers im kulturgeschichtlich bedeutsamen Spatznschlössl, der Residenz des Dachauer Malers Hermann Stockmann. Herbert Felix Plahl war in Myanmar. Ralf Hanrieder weilte in Tibet und Afrika. Tadeusz Stupka hingegen sichtet das Neue in der gewohnten Umgebung. Und die Nachwuchskünstlerin Lilly Karstens war auf Stadttour.

Herbert Felix Plahl: Mit Spannung beobachtete er die Präsidentschaftswahlen in Myanmar. Im Frühjahr bereiste er das frühere Burma für mehrere Wochen und erlebte dort eine faszinierende Ursprünglichkeit, aber auch große Armut und soziale Probleme. Diese "Tiefe und Tragik", wie der Künstler seine Eindrücke über das fernöstliche Land zusammenfasst, malte er in die neuen Bilder hinein. Von Gelb und Orange durchflutete Landschaften, in denen die gleißende Sonne allgegenwärtig ist, mit figürlichen Andeutungen, die auf die charakteristischen Farben und Stimmungen des Landes, auf seine Menschen und Tiere hinweisen. Innerhalb der filigranen Texturen sind sie nicht mehr als rätselhafte Chiffren. Puppenspieler, die ihre Marionetten tanzen lassen, meditierende Mönche, goldene Pagoden, Buddha-Figuren. Fast märchenhafte Welten, die sich aus dem Rausch der Farben immer wieder neu auffächern in einem lebhaft pulsierenden Spiel aus fragilen Flächen und Graten. "Ich male das, was das Land mit mir macht", so Plahl. Die Neugier auf Unbekanntes ist sein größter Antrieb. "Wenn sie nicht mehr da ist, vergisst man, den Menschen Freude zu bereiten."

Ralf Hanrieder: Der Maler und Grafiker besuchte heuer Ladakh in Tibet und den Senegal als Fotograf für "Clowns ohne Grenzen". Vielleicht schärfen gerade solche Reisen den Blick für die Realität und werfen die Frage auf, was uns davon trennt, sie wahrzunehmen. Seit geraumer Zeit beschäftigt sich Hanrieder intensiv mit dem Phänomen der subjektiven Wahrnehmung. Was aus nächster Nähe als abstrakt erscheint und deshalb nicht als Motiv erkannt wird, formt sich aus einem gewissen Abstand heraus zum figurativen Bild. Ralf Hanrieder arbeitet mit dem Pixeleffekt wie in der digitalen Bildbearbeitung und macht damit jedes Motiv unkenntlich. Erst aus der Entfernung betrachtet oder mit dem Handy fotografiert, nehmen die Motive klare Konturen an und sind als Landschaft mit Bäumen und See, als springender Junge oder tanzendes Mädchen mit fliegendem Rock zu identifizieren. Der Künstler will, dass man seine Bild nicht nur anschaut, sondern genau hinsieht. Allein durch ihre unterschiedliche Farbgebung formt sich das Motiv heraus. So forscht der Künstler in seiner Malerei nach der Überschneidung von Realität und virtueller Welt.

Tadeusz Stupka: Um diese Schnittstelle geht es auch in seinen Bildräumen. Für architektonisch kühne Perspektiven hat der gelernte Architekt ein untrügliches Auge. Seine Serie "Neue Perspektiven" zeigt bekannte Stadtansichten, vertraute Motive, wie den Schlossgarten oder die Dachauer Silhouette, die durch das Stilmittel der Dynamik und mehrerer Fluchtpunkte verfremdet sind. Ein fast quadratisches Interieur in Gelb- und Ockertönen zieht den Blick in die Tiefe eines großen, womöglich öffentlichen Gebäudes hinein und schafft durch raffinierte Spiegelungen und Reflexionen eine nicht enden wollende Raumflucht. Damit bricht der Maler den Bezug zur Realität und zu gewohnten Sichtweisen und gibt den Bildern einen surrealen, unwirklichen Aspekt. Der gewohnte Eindruck wird in Frage gestellt. Sehen wir das, was wir erkennen, oder erkennen wir nur das, was wir sehen? Vergangenheit, Gegenwart und das, was in der Zukunft geschehen wird, überschneiden sich zu rätselhaften Szenerien. Tadeusz Stupka sucht hinter der Realität eine zweite Ebene.

Lilly Karsten: Immer geht von ihren Fotos eine natürliche und deshalb bezaubernde Schönheit aus. Die Dachauer Fotografin fängt vor allem Stimmungen ein, egal ob sie eine Landschaft, Städte oder Menschen vor der Linse hat. Die Tochter des Fotografen Thomas Karsten und der Künstlerin Lilo C. Karsten beschäftigte sich in diesem Jahr mit drei Themen. Aufnahmen von Budapest und Berlin, Stills und Porträts, genannt "People", sowie Hochzeiten. Wobei letztere so genannte Style Shoots sind, das heißt keine echte Hochzeit zeigen, sondern nachgestellte Szenen mit Models, um in der Motivwahl einen optimalen Ausdruck zu erzielen.

Atelierausstellungen im Stockmann-Haus, Münchner Straße 38: Vernissage, Freitag, 13. November, 19 Uhr. Öffnungszeiten: Samstag, 14. November, von 14 Uhr bis 19 Uhr, und Sonntag, 15. November, von 10 Uhr bis 12 Uhr und von 14 Uhr bis 18 Uhr.

© SZ vom 12.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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