Trunkenheitsfahrt:Rausch und Risiko

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Ein Autofahrer wird zweimal an einem Tag mit mehr als drei Promille Blutalkohol gestoppt: Das Amtsgericht verurteilt ihn zu einer Bewährungsstrafe mit Geldauflage

Von Daniela Gorgs, Dachau

Ab einer Blutalkoholkonzentration von circa zwei Promille besteht akute Schockgefahr. Das Blut im Körper zirkuliert nicht mehr richtig. Eine gesunde Atmung sowie die Versorgung des Herzens mit Blut sind dann nicht mehr gewährleistet. Es drohen Kreislaufversagen und der Tod. Mit 3,01 Promille im Blut hat die Polizei Ende März einen 56-jährigen Autofahrer gestoppt. Vormittags um 10.45 Uhr. Da hatte der Mann mit seinem Dienstwagen bereits eine Strecke von etwa 15 Kilometern zurückgelegt, ohne sich oder jemand anderen zu verletzen. Als "immer kurz vor knapp" beschrieb ein 35-jähriger Mann die gefährliche Fahrweise des 56-Jährigen. Mit ruckartigen Lenkbewegungen habe der Betrunkene versucht, in der Spur zu bleiben, sei mitunter komplett auf der Gegenspur gefahren und vier bis fünf Mal durch einen Kreisverkehr. Der Hintermann, der den Betrunkenen mehrere Kilometer sehr besorgt verfolgte, rief die Polizei, die die Alkoholfahrt beendete.

Damit nicht genug. Die Reise zurück zur Arbeitsstelle trat der 56-Jährige mit dem Taxi an, ohne Führerschein. Von dort fuhr er um 13.30 Uhr nach Hause, mit dem eigenen Auto - und wurde prompt wieder von der Polizei kontrolliert. Dieses Mal mit 3,02 Promille Blutalkohol.

Fahrlässige Trunkenheit im Verkehr

Jetzt musste sich der 56-Jährige vor dem Amtsgericht Dachau wegen fährlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr und Fahrens ohne Führerschein verantworten. Er kam ohne Verteidiger, räumte sofort alle Vorwürfe ein und nahm Stellung. Wie er dem Gericht berichtete, hatte er in der Nacht vor der Alkoholfahrt wieder einmal nicht schlafen können und deshalb um Mitternacht angefangen Wein zu trinken. Zwei Flaschen Weißwein, bis 3.30 Uhr. Dann habe er ein wenig geschlafen und sei morgens um 7 Uhr mit der S-Bahn übermüdet zum Arbeitsplatz gefahren und in den Dienstwagen gestiegen. Dass er womöglich Restalkohol im Blut hat, darüber habe er sich keine Gedanken gemacht, erläuterte der 56-Jährige auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Tobias Bauer. Am Abend zuvor ließ er das eigene Auto auf dem Firmenparkplatz stehen, da er drei Gläser Wein getrunken hatte. Als "völlig inkonsequent" kommentierte der Richter die Alkoholfahrten. Er konnte seine Fassungslosigkeit kaum verbergen.

Der 56-Jährige leidet nach eigenen Angaben unter einer bipolaren Störung sowie Depressionen und wird medikamentös behandelt. Wie er dem Gericht zudem berichtete, hat er bereits drei Alkoholtherapien abgeschlossen und immer wieder einen Rückfall erlitten.

Gutachterin spricht von Gewöhnungseffekt

Der Polizist, der ihm Führerschein und Dienstwagenschlüssel abnahm, beschrieb den betrunkenen Mann als kooperativ. Er sei allen Anweisungen gefolgt und habe weniger Ausfallerscheinungen gehabt, als man bei dem hohen Promille-Wert vermuten würde. Dies führte eine Gutachterin auf den Gewöhnungseffekt zurück. Trotzdem ging sie zumindest bei der zweiten Alkoholfahrt von einer verminderten Steuerungsfähigkeit aus. Der Angeklagte müsse zwischen den beiden Vorfällen noch mehr Alkohol konsumiert haben.

Richter Bauer verurteilte den einschlägig vorbestrafen 56-jährigen Mann wegen Trunkenheit und Fahrens ohne Führerschein zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten mit einer Geldauflage in Höhe von 1500 Euro. Zudem ordnete er eine Führerscheinsperre von weiteren 20 Monaten an und meinte: "Ich habe große Zweifel, dass Sie jemals Ihren Führerschein wiederbekommen." Von einer weiteren Auflage zur Alkoholtherapie sah der Richter ab, wünschte ihm aber, dass er sich aus eigenem Antrieb dafür entscheidet. "Sie brauchen dringend Hilfe."

© SZ vom 12.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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