Dachau:Ratlos vor so viel Baukultur

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Seit 2009 steht die Zieglervilla leer. Das Architekturforum ist beeindruckt von dem opulenten Künstlerhaus. Aber auf eine Frage haben auch die Experten keine Antwort: Wie soll man das Gebäude nutzen?

Dario Wimmer

Es ist wie der Rückblick in die Schulzeit vor vielen Jahren. Alte grüne Tafeln an den Wänden, Waschbecken und rosafarbene Wandfarben erinnern an die ehemaligen Schulzimmer in der Ziegler-Villa in Dachau. Doch nicht nur als Schulhaus ist das Gebäude in die Geschichtsbücher eingegangen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Villa als amerikanischer Offiziersclub genutzt, bevor die Wirtschaftsschule Scheibner einzog. Seit 2009 steht das Haus nun leer. Doch was nun? Mit dieser Frage beschäftigt sich unter anderem das Dachauer Architekturforum.

Die Zieglervilla hat alles, was ein Baudenkmal braucht: Opulente Fresken an den Gewölbedecken, eine Bausubstanz wie eine Trutzburg, spannende kunsthistorische Details und eine abwechslungsreiche Geschichte vom Haus für den Maler Adolf Hölzel bis hin zur Wirtschaftsschule, die erst vor einigen Jahren auszog. Aber was soll nun passieren? (Foto: Niels P. Joergensen)

Am Mittwochabend lud dazu das Forum unter der Leitung des Vorsitzenden, Christian Endter, zur Besichtigung ein. Und das Interesse war größer als erwartet. Zahlreiche ehemalige Schüler und Lehrer sowie Architekturinteressierte freuten sich über die Möglichkeit, das geschichtsträchtige Gebäude näher kennenzulernen. "Es repräsentiert die Hochzeit der Dachauer Künstlerkultur", sagt Nina Schiffner. Die Gästeführerin erläuterte am Mittwoch die über 100-jährige Geschichte des Gebäudes und hofft, dass es "so gestaltet wird, dass es in Zukunft für die Allgemeinheit zugänglich ist".

Die Villa wurde Ende des 19. Jahrhunderts vom Brauereibesitzer Eduard Ziegler für den Maler Adolf Hölzel errichtet, der im Jahr 1888 nach Dachau zog und bis 1905 in der Ziegler-Villa lebte und dann nach Stuttgart als Lehrer an die Kunstakademie ging. In der Villa gründete er die erste Musikschule Dachaus. Nach seinem Wegzug erweiterte die Familie Ziegler das Gebäude. Der Sohn Eduard Ziegler Junior heiratete schließlich die musikalische Theodora Wagler - ein Musikzimmer entstand. Bis zum Kriegsende lebte Ziegler in dem Haus, in dem anschließend amerikanische Offiziere ein Casino einrichteten. Von 1945 bis 1947 mietete die Stadt Dachau das Anwesen. In der Folge stellten dort viele Künstler aus, "alles, was Rang und Namen hat", sagt Schiffner. Außerdem wurde das Gebäude an Maurer und Metzger vermietet und verschiedenen kaufmännischen und hauswirtschaftlichen Abteilungen zur Verfügung gestellt. Von 1961 an wurden junge Menschen in der Villa von der Wirtschaftsschule Scheibner ausgebildet. "In diesem Raum wurden früher die Prüfungen geschrieben", erinnert sich Roselind Graf. Sie war vor einiger Zeit Lehrerin an der Schule und unterrichtete unter anderem Biologie und Sport. Auch Ferdinand Lachner schwelgt in Erinnerungen. "Es war eine strenge Schule, aber dennoch sehr familiär", sagt der frühere Schüler, der das Gebäude zwischen 1977 und 1980 regelmäßig für den Unterricht besuchte.

Heute ist die Ziegler-Villa umgeben von prächtiger Vegetation, die sich über das gesamte große Grundstück bis zum Südufer der Amper erstreckt. Gunda Reuter geht davon aus, dass das Gelände aber nicht als Garten genutzt und kaum wirtschaftlich bewirtschaftet worden sei. "Das ist eine normale Auenwaldvegetation", sagt die Landschaftsarchitektin und stellvertretende Vorsitzende des Architekturforums, die ebenfalls an der Führung teilnahm. Wenn es ein Garten gewesen wäre, seien seltene Pflanzen zu finden, erklärt Reuter. Das sei aber nicht der Fall. Nun sprießen die Bäume und Pflanzen märchenhaft in die Höhe, doch nicht nur die üppige Bewaldung auf dem Grundstück fasziniert sie. Auch von dem alten Gebäude selbst ist sie sichtlich beeindruckt. Schnell zückt sie die Kamera, um noch ein paar Bilder zu schießen. Denn wer weiß, was die Zukunft bringt.

Die Scheibner-Schule ist ausgezogen. Seit dem Jahr 2009 steht die Ziegler-Villa nun leer und ist auf der Suche nach ihrer neuen Bestimmung. Dass eine mögliche Sanierung zu Problemen führen könnte, weiß auch Richard Schwarz, der sich aber schon eine bestimmte Lösung vorstellen kann. "Eine Kindergartennutzung wäre ein guter Ansatz", sagt er. Hierzu gebe es bereits eine Machbarkeitsstudie. Doch ob diese umgesetzt wird, ist fraglich. "Die räumliche Struktur entspricht nicht mehr den heutigen Verhältnissen", bedauert Schwarz. "Und jede Sanierung kostet Geld."

© SZ vom 06.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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