Bayerische Mundart:Nähe schaffen

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Unterricht im Dialekt könnte an Schulen üblich werden. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Adolf Dinglreiter vom Bayernbund eröffnet eine Podiumsdiskussion in Dachau über die Zukunft bayerischer Dialekte.

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Dankenswerterweise hat Volksmusikant Siegfried Bradl aus Altomünster in der aktuellen Ausgabe des Rundbriafs, der vom Förderverein Bairische Sprache und Dialekte herausgegeben wird, die Antwort auf die Frage der am Donnerstag, 7. April, in Dachau stattfindenden Podiumsdiskussion schon gegeben. Die Dialekte in Bayern leben. Die Zahl der Schulen, an denen Kinder reden können, wie sie es zuhause tun, steigt in ganz Bayern. Deshalb ist die Podiumsfrage des Dachauer Kreisverbands des Bayernbunds um den stellvertretenden Landrat Edgar Forster sicherlich eine rein rhetorische: "Ist Dialekt noch erlaubt? Ist baierisch erwünscht, geduldet, verfemt, gefördert, gesprochen, aussterbend, lebendig?"

Der Bayernbund will "unsere Art zu leben" gegen den "Wandel der Zeit" erhalten

Siegfried Bradl berichtet in seinem Beitrag von einer Tagung des Projekts "MundART- WERTvoll". Demnach reichen die Schulen, die sich mittlerweile mit Dialekt-Vorhaben befassen, von Füssen im Allgäu über Oberbayern und die Oberpfalz bis nach Oberfranken. Schüler untersuchen die Geschichte ihres Dialekts durchaus auch wissenschaftlich ("Wou issn is Hirn", ein P-Seminar in Nürnberg). Sie befassen sich auch mit Dialektgrenzen, ein Thema übrigens, das sich für die Landkreise Dachau und Aichach an der bairisch-schwäbischen Übergangsregion durchaus anbietet. Dass Dialekte auch Ausdruck von Lebensformen waren, erörterte die Realschule Neunburg vorm Wald in der Oberpfalz.

Wie anerkannt die Bemühungen sind, Dialekte zu erhalten, zeigt sich daran, dass die Bayerische Staatsregierung sich dieses Themas angenommen hat. Das Mundart-Projekt ist von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) in die Stiftung Wertebündnis des Freistaats aufgenommen worden. Die Tagung der Dialektforscher mit Siegfried Bradl fand sogar in der Münchner Staatskanzlei statt.

Beim Bayernbund handelt es sich um einen Verein, der "unsere Art zu leben" als "zunehmend gefährdet" ansieht; und zwar "in seiner natürlichen, kulturellen und geschichtlich gewachsenen Eigenart". Ursache sei der "politisch-zentralistische, strukturelle und gesellschaftliche Wandel unserer Zeit". Man könnte dieser kulturkritischen Position die Kommission der Mundartforschung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften entgegenhalten. Sie untersucht die Dialekte im Wandel und veröffentlicht das Bayerische Wörterbuch mit allen Dialektformen. Übrigens ist Franz Eder aus Dachau Träger des oberbayerischen Kulturpreises. Er war bis zu seinem Tod einer der wesentlichen Mitarbeiter. Die Wissenschaftler der Akademie sehen einen engen Zusammenhang zwischen Sprache und Lebensformen. Wenn die sich ändern, wandeln sich auch die Bedeutungen und Ausdrucksformen. Die Kommission ist an dem Projekt "MundArt" nicht beteiligt, wie der Vorsitzende des Bayernbunds, der ehemalige CSU-Landtagsabgeordnete Adolf Dinglreiter aus Rosenheim, mitteilt.

Der Verein gibt ein Lexikon unter dem Titel "Migra-Boarisch" heraus

Die komplexe und komplizierte Melange in der sich Dialekte befinden, verändern und doch bewahrt werden sollen, ist ihm indes geläufig. Dinglreiter ist der prominente Vertreter auf dem Podium in Dachau. Ansonsten sind Teilnehmer der engeren Dachauer Region angekündigt: Anton Kreitmeir, Präsident des Bauernverbands Oberbayern, Robert Gasteiger, Kreisrat und Stadtrat der Freien Wähler Dachau (FWD), der auch Edgar Forster, der Vorsitzende des Bayernbunds in Dachau, angehört. Dazu der ehemalige Schulamtsdirektor Herbert Schuierer und Markus Erhorn vom Jungbayernbund, Mitglied von Forsters politischer Gruppierung, der FWD.

Adolf Dinglreiter will die These vertreten, dass Dialekte gerade in heutiger Zeit "erhalten werden müssen". Denn: "Sie schaffen ein Stück Nähe." Übrigens auch für Menschen, die nach Bayern ziehen. Da aber Erwachsene Dialekte kaum noch erlernten, wendet sich das bayerische Mundartprojekt vor allem an Kinder, auch an Migranten. Schulen in Mainburg haben ein Lexikon unter dem Titel "Migra-Boarisch" veröffentlicht. Bisher beteiligen sich in Bayern elf Schulen an Mundartprojekten. Aus dem Landkreis Dachau hat sich keine beworben.

Übrigens ist der Titel der Podiumsdiskussion nicht ganz korrekt. Denn das Wort "baieirsch" müsste " bairisch" heißen, sollte allein der Dialekt zwischen Salzburg und München bis nach Tirol gemeint sein. "Bayerisch" wäre die richtige Schreibweise, wenn sich der Titel der Podiumsdiskussion auf sämtliche im Freistaat gesprochenen Dialekte bezöge. Es war König Ludwig I., der wegen seines Faibles für die hellenistische Kultur das griechische Ypsilon ins Bayerische übernahm, um den gesamten Kulturraum seines Reiches zu erfassen.

Podiumsdiskussion des Bayernbunds im Landkreis Dachau: "Ist Dialekt noch erlaubt? Ist baierisch erwünscht, geduldet, verfemt, gefördert, gesprochen, aussterbend, lebendig?", Donnerstag, 7. April, 19.30 Uhr, Zieglerbräu in der Dachauer Altstadt. Moderation: Susanne Allers. Den Einführungsvortrag hält der Vorsitzende des Bayernbunds, Adolf Dinglreiter aus Rosenheim.

© SZ vom 31.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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