Dachau:Muskelspiele um das Sportgelände

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Die Entwicklungsgesellschaft plant bei der Bebauung der ehemaligen Papierfabrik mit dem Areal im Landschaftsschutzgebiet. Der Bauausschuss des Dachauer Stadtrats lehnt dies fast einhellig ab.

Walter Gierlich

An der von Bäumen gesäumten Amper liegt rechts oben im Bild das MD-Sportgelände, das die Stadträte fast einhellig aus der Planung herausnehmen wollen. Vom eigentlichen Fabrikgelände ist es durch die Bahnlinie getrennt. (Foto: npj)

- Was sich im Vorfeld abgezeichnet hatte, wurde in der Bauausschuss-Sitzung Gewissheit: Die Einbeziehung des MD-Sportplatzes an der Amper in die Planung zur Entwicklung und Bebauung des ehemaligen Papierfabrikgeländes stößt bei den Stadträten auf breite Ablehnung. Die Dachau Entwicklungsgesellschaft (DEG), ein Joint Venture von Myllykoski, der finnischen, früheren MD-Besitzer, und des Dachauer Bauträgers Herbert R. Ullmann, will nicht nur das eigentliche Fabrikareal bebauen, das 2007 Gegenstand eines städtebaulichen Wettbewerbs war, sondern auch das Sportgelände im Landschaftsschutzgebiet östlich der Bahnlinie. Dieses war damals im Siegerentwurf des Büros Trojan, Trojan und Partner nicht enthalten gewesen. Nicht zuletzt dieses Vorhaben dürfte der Grund gewesen sein, dass rund 60 Besucher die Ausschussberatung verfolgen wollten, so dass man in den großen Sitzungssaal umziehen musste.

Gleich zu Beginn stellte Kai Kühnel (Bündnis für Dachau) den Antrag, das von der DEG "Rosenaue" genannte Grundstück aus dem Umgriff der Planung auszuklammern. Dann könne man sich die weitere Behandlung des städtebaulichen Rahmenkonzepts sparen, das DEG-Geschäftsführer Ullmann und seine Planer in der Sitzung vorstellen sollten. Kühnel zitierte dazu aus einem Schreiben Ullmanns, in dem es heißt: "Nach Analyse der bestehenden Sachlage und Abwägung aller uns derzeit bekannten Faktoren ist die Umsetzung des städtebaulichen Rahmenkonzepts auf Grundlage des Siegerentwurfs von 2007 unter dem Aspekt einer nachhaltigen, wirtschaftlichen Absicherung der Dekontaminierungsmaßnahmen nur unter Einbeziehung der ,Rosenaue' in die Gesamtkonzeption möglich."

Als sich 14 Arme hoben und für Kühnels Antrags stimmten, fragte Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) ungläubig, ob auch tatsächlich alle verstanden hätten, um was es gehe. Doch es blieb dabei: 14 Bauausschuss-Mitglieder einschließlich Bürgel stimmten für Kühnels Antrag und damit gegen die DEG-Pläne, nur Alfred Stelzer (FDP) nicht. CSU-Stadträtin Gertrud Schmidt-Podolsky sprach sich allerdings trotz der klaren Aussage in Ullmanns Schreiben dafür aus, sich das Konzept vorstellen zu lassen. So geschah es. Und Ullmann und seine Planer präsentierten ihre Pläne, als habe es die Abstimmung nie gegeben. Immerhin habe man bis jetzt bereits eine siebenstellige Summe ausgegeben. Der DEG-Geschäftsführer selbst sagte, dass das Sportgelände ebenfalls kontaminiert und deswegen auch eingezäunt sei. Man wolle die Rosenaue der Öffentlichkeit zugänglich machen und sie renaturieren. Auf einer Teilfläche sei lockere Bebauung mit Einfamilien- und Doppelhäusern vorgesehen. Landschaftsarchitektin Ursula Hochrein sprach gar von einer optimalen Vernetzung der Grünzüge vom Schlossgarten über die Hangkante der Altstadt bis zur Amper, die Teil einer Landesgartenschau werden könnten.

"Keine Bank finanziert uns das", sagte Ullmann zur Frage der Altlastenbeseitigung. Daher solle das Geld aus dem Verkauf der Häuser in der Rosenaue in einen Altlastenpool fließen, erläuterte er. Denn deren Beseitigung sei "eigentlich das gravierende Thema für die Neuordnung", betonte auch Architekt Klaus Trojan. Und teuer dazu. Das bestätigte Dieter Herrmann, der schon seit 2005 mit der Untersuchung der Altlasten auf dem mehr als 140 Jahre industriell genutzten Gelände befasst ist. Der Boden müsse drei bis fünfeinhalb Meter abgegraben werden, was die ungeheure Masse von rund 300 000 Kubikmetern ergebe. Auf Lastwagen verladen, sei das eine Kolonne, die von Dachau bis Nürnberg reiche, versuchte Ullmann den Zuhörern die abstrakte Zahl anschaulich zu machen. Vor der Entsorgung müsse das verseuchte Erdreich aufgehäuft und untersucht werden. Weil ansonsten der Platz für die benötigten rund 1500 Erdhaufen fehle, sei eine Entwicklung des Areals nur von Süden nach Norden möglich, vom Holzlagerplatz zum eigentlichen Fabrikgelände, erklärte Herrmann, der zudem betonte, dass alle Maßnahmen mit dem Landratsamt und dem Wasserwirtschaftsamt abgestimmt seien.

Architekt Trojan betonte bei der Vorstellung, dass er die Grundzüge des Siegerentwurfs von 2007 übernommen habe. "Der Entwurf hat nicht an Qualität verloren - im Gegenteil." Die exakte Verteilung der Flächen für Wohnen und Gewerbe sei noch offen, hier sei Flexibilität gefordert. Neben der Altlastenproblematik sei auch die Verkehrserschließung noch ungeklärt. Auf jeden Fall rechnet Trojan mit einem langen Zeitraum, bis die Maßnahme abgeschlossen ist: "Ich würde mich freuen, wenn ich das noch erleben würde."

Auf ziemliche Verwunderung stießen die Aussagen des Verkehrsplaners Dominik Könighaus, der mit nur 4000 zusätzlichen Autofahrten durch die Bebauung des MD-Geländes rechnet. Auf Nachfragen aus dem Ausschuss sah er sich außerstande zu präzisieren, wie er zu dieser niedrigen Zahl gekommen sei.

Nach knapp zwei Stunden war die Vorstellung des Konzepts beendet. Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) betonte, dass es noch lange nicht um Beschlüsse gehe. "Alle Fraktionen sollen die Eindrücke von heute mitnehmen und darüber diskutieren", sagte er. Im Januar werde man dann über das weitere Prozedere beraten. "Die Entwicklung wird uns die nächsten zehn Jahre beschäftigen." Es gelte nach wie vor der städtebauliche Grundlagenvertrag, den man 2008 mit der Firma Myllykoski geschlossen habe, erklärte er weiter. Danach sei es ausgeschlossen, dass lediglich lukrative Teilbereiche bebaut würden und der Rest brach liegen bleibe.

Kühnel fragte Ullmann am Ende ganz direkt noch einmal, ob sein Satz noch gelte, dass das Projekt ohne Rosenaue nicht zu stemmen sei. "Natürlich gilt der Satz", sagte der DEG-Geschäftsführer. Allerdings ergänzte er: "Man kann immer mit uns verhandeln, wenn das Verhältnis zwischen Altlastenbeseitigung und Bebauung stimmt. Am Schluss muss eine schwarze Null stehen." Bürgel hatte dann das Schlusswort: "Das ist der Einstieg in den langen Weg, den wir zu beschreiten haben."

© SZ vom 28.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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