Dachau:Mitten in der Pixelwelt

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Die Vernissage von Ralf Hanrieder in der Sparkasse und eine tänzerische Performance.

Von Johannes Korsche, Dachau

Auf einer Leinwand wiederholt sich in unterschiedlichsten Farben immer wieder das gleiche Zackenmuster, davor von der Projektion angeleuchtet steht Julia Espenberger - weißes Kleid, rote Strümpfe, in denen Händen eine durchsichtige Acrylkugel. Zur Akkordeonmelodie, gespielt von Brigitte Camara, wandert die Kugel im Einklang mit Takt und Muster scheinbar schwerelos an Espenbergers Körper entlang. Die Performance "Kontakt-Muster" haben Espenberger und Camara gemeinsam mit dem Dachauer Künstler Ralf Hanrieder erarbeitet, extra für die Vernissage der Ausstellung "Die Wellen sind nicht das Meer". Die Ausstellung zeigt Bilder, Grafiken und Skulpturen des Dachauer Künstlers. Sie ist bis zum Mittwoch, 16. März, in der Hauptstelle der Sparkasse Dachau zu sehen.

Die Performance passt zur Vernissage: Die 200 Besucher am Montagabend bewegen sich ebenfalls tänzerisch. Häufig nähern sich die Gäste den Bildern, nur um sich wieder von ihnen zu entfernen. Denn steht man zu nahe vor dem Bild, erkennt man nur kleine Pixel aus jenem achteckigen Muster aus der Performance, hundertfach in unterschiedlichen Farben wiederholt. Auf der Suche nach der richtigen Perspektive, mit der aus den scheinbar abstrakten Bildern gegenständliche Kunst wird, entsteht eine Art Tanz mit und vor dem Bild - ganz im Sinne Hanrieders. Letztlich sind seine Bilder ein "Experiment mit der Wahrnehmung", sagt er.

Julia Espenberger tanzt in der Performance "Kontaktmuster" in der Sparkasse Dachau. (Foto: Susanne Allers/oh)

Magische Quadrate

Das allgegenwärtige, achteckige Muster, abgleitet von "magischen Quadraten", ist seit mehr als 20 Jahren Ausgangspunkt für seine Kunst. In einem magischen Quadrat sind die Zahlen von eins bis neun so angeordnet, dass sie in der Summe 15 ergeben, egal ob horizontal, vertikal oder diagonal addiert. Hanrieder verbindet die Zahlen in nummerisch richtiger Reihenfolge, so entsteht jenes achteckige Strichdiagramm, aus denen er seine Bilder Pinselstrich für Pinselstrich zusammensetzt. "Ich drehe die Pixel um, mache sie wieder zu etwas Analogem", erklärt er. Die Idee, auf diese Weise zu arbeiten, kam ihm, als er in einem Buch über Zen-Gärten erstmals auf das Muster stieß. Sein Gedanke: Wenn sogar Gärten nach diesem Prinzip strukturiert sind, warum dann nicht auch Kunst. Damit seine Kunst dabei nicht zu verkopft wirkt, achtet er auf seine Motivwahl: Gesichter, antike Skulpturen, tanzende Kinder, Gebirgsseen, Meeresbrandungen. "Ich male das, was mir im Leben begegnet."

Der Münchner Künstler Wolfgang Keller, Laudator auf der Vernissage, erkennt in den ausgestellten Werken "einen inneren Klang, wie er zum Beispiel in einer Fuge von Bach zum Ausdruck kommt". Beide verbinde das strenge Durchdeklinieren einer Grundform in einer bestimmten Anzahl von Variationen. Hanrieder setze dem "unablässigen Bombardement mit Sehreizen" sein Werk entgegen. Denn für seine Bilder braucht man Zeit: "Fast scheint es, als wollten sich diese Bilder dem schnellen Betrachter entziehen." Die Auseinandersetzung lohne sich aber, schließlich habe das, was man sich erarbeitet, eine tiefere Bedeutung.

Mehr als 200 Besucher besichtigen die Werke des Dachauer Künstlers Ralf Hanrieder im Foyer der Sparkasse Dachau. (Foto: Susanne Allers/oh)

Handy als Hilfsmittel

Gegen die heutige Zeit und ihre Sehgewohnheiten arbeitet Ralf Hanrieder aber nicht an. Er nimmt sie eher auf. Das sieht man schon an seinem Tipp, wie man sich seinen Werken nähern soll: "Wenn man das Motiv nicht gleich erkennt, empfehle ich ein Foto mit dem Handy zu machen." Durch die Komprimierung auf dem Foto ließe sich das Motiv schnell erkennen - auch ohne Tanz.

Am Donnerstag, 3. März, von 18 Uhr an führt Ralf Hanrieder kostenlos durch die Ausstellung in der Sparkasse.

© SZ vom 25.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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