Dachau:Made in China - lieber nicht

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Der Landkreis will eine Mehrwegtasche aus recyceltem Kunststoff anbieten - die Suche nach einem Hersteller ist aber schwierig

Von Robert Stocker, Dachau

Plastiktüten haben ja nicht den besten Leumund. Wer seinen Einkauf in einem solchen Ding nach Hause trägt, sollte zumindest ein schlechtes Gewissen haben und nicht unbedingt einem Umwelt-Aktivisten in die Arme laufen. Denn dann erntet er einen schiefen Blick, aus dem sich der Vorwurf ablesen lässt: Wieder so einer aus der Ex- und Hopp-Gesellschaft, dem der Konsum wichtiger als eine intakte Umwelt ist. Wer solche Blicke vermeiden will, sollte einen Einkaufskorb aus Rattan im Haushalt haben. Oder eine Tragetasche aus Naturfaser. So eine Tasche bot bisher auch der Landkreis an.

Die Deutschen verbrauchen 76 Plastiktüten pro Kopf und Jahr, macht bundesweit 6,1 Milliarden Stück im Jahr. Das hat das Umweltbundesamt festgestellt. Nach einmaligem Gebrauch landen sie häufig im Müll. Mehrwegtaschen entlasten die Umwelt. Am besten, so stellt die Kommunale Abfallwirtschaft des Landkreises fest, wenn sie zu hundert Prozent aus recyceltem Kunststoff bestehen. Solche Taschen will der Landkreis jetzt herstellen lassen, der Umwelt zuliebe. Das Design steht auch schon fest: Der Slogan "Beste Gegend - Landkreis Dachau" wird aufgedruckt. Er soll ein positives Lebensgefühl vermitteln, so wie die Filme von Marcus H. Rosenmüller, an deren Titel sich der Slogan offenbar anlehnt. Außerdem sind auf der Tasche Motive aus dem Landkreis zu sehen, Natur, Landschaft oder charakteristische Bauwerke wie das Dachauer Schloss. Der Bürger soll sich mit seinem Landkreis identifizieren. Die Taschen werden als Werbegeschenke verteilt oder bei der Verkaufsausstellung Diva 2017 als Preis ausgegeben. Das gab Peter Kistler von der Kommunalen Abfallwirtschaft in der jüngsten Sitzung des Umwelt- und Kreisausschusses bekannt.

So weit, so gut. Was den Umweltgedanken betrifft, hat die Sache aber einen großen Haken. Denn offenbar gibt es keine Firma in Deutschland, die Mehrwegtaschen aus recyceltem Kunststoff herstellen kann. Den Auftrag sollte ein Unternehmen aus Neustadt erhalten, das solche Taschen seit mehr als 25 Jahren vertreibt. Hergestellt werden sie aber von Unternehmen in China, mit denen die Firma in Neustadt Kontakte hat. Die Hersteller in Fernost würden sorgfältig ausgewählt, fairer Handel stehe im Vordergrund, Kinderarbeit sei absolutes Tabu. Doch die Taschen müssen von China auch irgendwie nach Deutschland kommen, per Flugzeug oder Schiff, anschließend auf der Straße. Das ist für die Umwelt nicht so gut. Unter dem Strich sieht dann die CO2-Bilanz nicht mehr so rosig aus. Ein Umstand, der Michael Reindl von den Freien Wählern gar nicht gefällt. "Wenn die Taschen nicht in Deutschland hergestellt werden können, lassen wir es lieber ganz", brummte er im Umwelt- und Kreisausschuss. Eine Ansicht, die auch andere Kreisräte teilen. Idee gut, Ausführung mangelhaft. Die Verwaltung soll jetzt noch einmal nach Herstellern solcher Mehrwegtaschen in Deutschland suchen.

© SZ vom 17.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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