Lernhauskonzept:Wie man Pädagogik und Architektur verbindet

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Landtagsabgeordneter Martin Güll, Oberbürgermeister Florian Hartmann, Kreistagsmitglied Anja Güll, und Lernlandschafts-Expertin Karin Doberer (v. li.) diskutieren über das Lernhauskonzept. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Nach Ansicht der Expertin Karin Doberer entwickeln sich die Schulhäuser in Dachau positiv. Doch oft scheitern gute Konzepte am Geld.

Von Tobias Roeske, Dachau

Die Grundschule Augustenfeld soll nach dem Lernhauskonzept umgestaltet werden. "Das Lernhauskonzept ist an die neuen Lehrpläne angepasst, die sowohl Gruppen-, Still- und Projektarbeiten als auch Frontalunterricht enthalten", erläutert Lernlandschafts-Expertin Karin Doberer bei einer Podiumsdiskussion der Arbeitsgruppe für Bildung der SPD Oberbayern am Dienstagabend im Thoma-Haus in Dachau. Das Konzept soll den Schülern ein angenehmes Lernklima geben, das eigenständige Arbeiten und die nötige Lust am Lernen fördern.

Im vergangenen Jahr verabschiedete der Familien- und Sozialausschuss einen Schulentwicklungsplan, in dem die inhaltlichen Ziele und der zeitliche Rahmen der Umgestaltung festgehalten sind. Demnach soll an der Grundschule Augustenfeld ein Anbau entstehen, um das Lernhauskonzept zu verwirklichen. Die Kosten für den Umbau betragen jedoch statt der geplanten acht Millionen Euro nun elf Millionen Euro. Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) und die Stadträte versuchen bis zur Sommerpause 2016, eine Einigung zu erzielen. Als Expertin kennt Karin Doberer die Probleme bei der Umsetzung der Projekte. Auf der Podiumsdiskussion erklärt sie das Lernhauskonzept und auch warum dieses oft scheitert.

Unterschiedliche Lernstile

"Bei den Schülern gibt es komplett unterschiedliche Lernstile", sagt Doberer. Die einen lernen durch Zuhören, andere müssen etwas visuell aufnehmen oder selbst ausprobieren, um es zu verstehen. "Durch klassischen Frontalunterricht werden maximal 50 Prozent erreicht", weiß Doberer. Man müsse eine Verbindung zwischen Pädagogik, Architektur und Raumausstattung schaffen. Sie sagt: "Für die einzelnen Unterrichtsformen benötigt man jeweils geeignete Räumlichkeiten." Hier komme es jedoch häufig zu Kommunikationsproblemen zwischen Lehrern, Architekten und Verwaltung. Einerseits soll ein möglichst energieeffizientes Schulhaus konzipiert werden. Andererseits sollen zusätzliche frei zugängliche Räume geschaffen werden, damit sich die Schüler entfalten können und das Lernhauskonzept richtig umgesetzt werden kann. Dennoch dürfe das Ganze nicht zu teuer werden. "Oft scheitert es schon an diesem Punkt", sagt Doberer.

Oberbürgermeister Hartmann erläutert noch ein weiteres Problem: "Das Lernhauskonzept kostet verhältnismäßig wenig. Das eigentlich Teure ist die Umgestaltung zu Schulen mit Ganztagszügen." Hierfür benötige man zusätzliche Fach- und Differenzierungsräume sowie eine Mensa. In dem Schulentwicklungsplan vom vergangenen Jahr entschieden sich die vier Dachauer Grundschulen zumindest teilweise Ganztagszüge anzubieten. Dazu müssen sie jedoch umgebaut werden. Auch neue Schulformen sollen entstehen. So will sich etwa die Mittelschule Dachau-Ost zu einer Inklusionsschule etablieren und die Grund- und Mittelschule Dachau-Süd mehr mit dem benachbarten ASV-Sportverein zusammenarbeiten. "Die Schüler hätten dort teilweise bis zu acht Schulstunden Sport in der Woche", sagt Hartmann.

Güll kritisiert geistige Unbeweglichkeit

Karin Doberer sieht die Entwicklung in Dachau sehr positiv und lobt die gute Zusammenarbeit von Oberbürgermeister, Stadträten und Schulleitern. "In der Vergangenheit war es für uns nicht einfach. Es ist schön zu sehen, dass sich Lehrer, Verwaltung und Politiker einigen können."

Der Landtagsabgeordnete und bildungspolitische Sprecher der SPD, Martin Güll, sieht das ähnlich: "Die Impulse für neue pädagogische Ansätze müssen von unten kommen. Das heißt, sie müssen auf kommunaler Ebene entstehen, damit sie in der Landespolitik Konsequenzen hervorrufen können." Güll kritisiert die mangelnde Bereitschaft mancher Politiker, sich an neue wissenschaftliche pädagogische Erkenntnisse anzupassen. Laut ihm vertreten viele die Einstellung: Aus uns ist doch auch etwas geworden. Warum sollte man an dem bestehenden Konzept etwas ändern? Das Kultusministerium passe jedoch die Lehrpläne inzwischen an pädagogische Änderungen an. "Dann muss die Politik aber auch in der Lage sein, damit verknüpfte Bedingungen zu erfüllen und neue Konzepte zu verwirklichen", so Güll.

© SZ vom 09.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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