Dachau:Kontaktbörse

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Oberbürgermeister Florian Hartmann will die Beziehungen zwischen Dachau und seinen Partnerstädten weg von den offiziellen Anlässen hin zu mehr Engagement der Bürger verändern. Den Anfang macht ein Eventbus nach Fondi.

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Warum Fondi? Warum die Stadt in der italienischen Region Latium? Die Idee zu einer Partnerschaft gerade mit Dachau ergibt sich nicht zwangsläufig. Im Kulturamt weiß niemand mehr, wie es zu diesem Kontakt gekommen war. Vermutlich waren Urlauber aus Fondi in Dachau oder umgekehrt. Jetzt sagt Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) sinngemäß: Wenn schon eine Partnerschaft, dann richtig. Ihm waren die gesamten Kontakte nicht nur nach Fondi, sondern auch innerhalb der Organisation Euroart viel zu politiklastig. Der SZ sagte er: "Da lag der Fokus in der Vergangenheit meines Erachtens zu wenig auf der gesellschaftlichen Ebene."

In Euroart haben sich Kommunen zusammengeschlossen, die einst zum Netzwerk der europäischen Künstlerkolonien zählten. Mit Oosterbeek-Renkum in den Niederlanden oder Tervuren in Belgien pflegt Dachau offiziell Kulturpartnerschaften. Seit Jahren ist nichts mehr von gemeinsamen Aktivitäten zu hören. Hartmanns Vorgänger Peter Bürgel (CSU) war der Präsident von Euroart. Der gesamte Vorstand wurde durch die Vertreter der wichtigsten Kommunen beherrscht, was in dem Fall die zahlungskräftigsten bedeutete. Hartmann hat sich nach eigenen Angaben aus Zeitgründen aus der Leitung zurückgezogen. Die Organisation wird nun von Fachleuten beherrscht, wie Elisabeth Boser, Geschäftsführerin des kommunalen Zweckverbands Dachauer Museen und Galerien. Hartmann ist der Ansicht, dass bei Euroart die Kulturschaffenden mehr Gewicht erhalten sollen. Insofern ist der Wechsel von ihm zu Boser durchaus als Hinweis auf die Zukunft dieses Vereins zu verstehen.

Euroart soll Ideen und Konzepte entwickeln, wie das Potenzial der Organisation endlich ausgeschöpft werden kann. Im Vordergrund steht allerdings das finanzielle Problem. Die wenigsten der mehr als hundert Mitglieder sind finanziell in der Lage, sich maßgeblich zu engagieren. Gleichzeitig ist es bisher nicht gelungen, von der Europäischen Union Zuschüsse zu erhalten. Auch deswegen hatte die Stadt Dachau in der Vergangenheit Abstand zum regionalen Entwicklungsverein Dachau Agil gehalten. Ein von seiner Entstehung her betrachtet ureigenes europäisches Projekt scheiterte. Gleichzeitig gibt es Geld für Agil von der EU für lokale Vorhaben wie Naturbäder, Spielplätze oder Ochsenwege, auf denen irgendwann ungarische Cowboys ihre Rinder umher getrieben haben sollen. Ob der Durchbruch gelingt, und ob die im Vorstand von Euroart gewählten Vertreter der jeweiligen Kulturszene tatsächlich neue Impulse setzen können, ist noch nicht abzusehen. Auf der Homepage listet Euroart letztlich nur Veranstaltungen und Ausstellungen auf, die an den jeweiligen Orten sowieso stattfinden.

Auch im Falle Fondis befürwortet der Dachauer Oberbürgermeister im Gegensatz zu seinem Vorgänger Peter Bürgel (CSU) die Abstinenz der Politik. Er hat die Idee zu einer Art Eventbus entwickelt, der Ende August nach Fondi fährt. Er sagt: "Ich will, dass die Bürger beider Städte zusammenfinden." Deswegen fahren die Naturfreunde mit, auch die Künstlervereinigung Dachau, dazu Graffiti-Künstler Johannes Wirthmüller und weitere Vereine. Der Bus nach Fondi ist voll. Deshalb ist kein Platz für Stadträte. Hartmann selbst macht in Italien Urlaub: "Ich schaue für ein paar Tage in Fondi vorbei." Seine Ankündigung klingt nicht so, als wolle er sich bei der Gelegenheit in den Vordergrund drängen.

Nun ist es nicht so, dass in den vergangenen 16 Jahren nichts passiert wäre. Die Liste, die das Kulturamt aushändigt, umfasst drei Seiten. Da waren die einzelnen Stadtratsgruppierungen in Fondi zu Besuch, außerdem Künstler und Vertreter der Wirtschaft. Seit 2006 kommen jährlich Delegationen aus Italien zum Volksfest, umgekehrt fahren Dachauer zum "Festa della Birra". Die Berufsschule fährt seit mehr als zehn Jahren in den Pfingstferien nach Fondi. Zudem gab es eine Ausstellung zum Thema Zeitgeschichte.

Hartmanns Eindruck, dass zwischen den Bürgern mehr passieren könnte, drängt sich trotzdem auf. Die meisten Veranstaltungen hatten einen halboffiziellen Charakter. Seit 2009 gibt es zwar einen Jugendaustausch zwischen Dachau und Fondi, diesmal aber machen junge Leute in einer Anlage am Meer gemeinsam mit italienischen Jugendlichen richtig Urlaub. Hartmann versteht den Fondi-Eventbus übrigens nicht als einen Aufbruch zu Neuem. Er wünscht sich nur einen ähnlich regen Kontakt, vergleichbar dem mit Klagenfurt: "Da passiert so vieles unter den Vereinen, dass wir als Stadt gar nicht mehr viel anschieben müssen."

© SZ vom 10.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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