Dachau:Knallerei auf dem Kirchenparkplatz

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Drei Jugendliche ballern aus reiner Neugier mit einer Softair-Pistole herum - und erhalten eine richterliche Leseanweisung

Von Daniela Gorgs, Dachau

Paintballer machen einen martialischen Eindruck. Sie sehen aus wie eine Mischung aus Soldaten im Feldanzug und Eishockeyspielern. Die Munition in ihren Pistolen besteht aus Gelantinekugeln, die mit Lebensmittelfarbe gefüllt ist. Bei einem Treffer platzen die Kugeln und hinterlassen einen Fleck. Der Gegner ist markiert und damit geschlagen.

Paintball gilt als Mannschaftssport - mit einem schlechten Ruf. Kritiker stufen das Spiel als moralisch verwerflich ein, Befürworter halten Paintball wegen seiner taktischen Anforderungen als geeignetes Instrument zur Teambildung. In Deutschland dürfen Erwachsene sogenannte Paintball-Markierer frei erwerben und besitzen. Doch das Führen von Markierern in der Öffentlichkeit und damit zum Beispiel auch das Spielen im öffentlichen Wald oder das Ausprobieren der Pistolen auf dem Dorfplatz verstößt gegen das Waffengesetz. Diese Erfahrung haben drei junge Männer im Landkreis Dachau gemacht. An einem späten Abend im Februar probierten sie auf dem Parkplatz neben der Kirche die neue Errungenschaft aus und schossen eine Stunde lang mit Softair-Pistolen auf eine Straßenlaterne, einen Baum und ein Schuppentor. Ein Nachbar hatte die drei jungen Männer beobachtet und die Polizei verständigt.

Einer der 18-Jährigen musste sich am Mittwoch vor dem Jugendgericht in Dachau wegen vorsätzlichen Führens einer Schusswaffe verantworten. Ohne Umschweife räumt er ein, dass er die Pistolen zusammen mit Freunden ausprobiert habe. Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Daniel Dorner, erklärt der 18-Jährige, er sei neugierig gewesen, so eine Pistole "einmal in den Händen halten zu dürfen". Man habe sich keine Gedanken gemacht, dass etwas hätte passieren können. Erst als die Polizeistreife eintraf, habe es den Freunden gedämmert. Jetzt sagt der 18-Jährige: "Es war eine unüberlegte Tat, idiotisch."

Für den Nachbarn hatte sich die Situation sehr bedrohlich dargestellt. Wie er dem Gericht mitteilt, sah er drei vermummte Gestalten, die etwa 100 Schuss in der Stunde abfeuerten. Hätte er den Nachbarssohn erkannt, hätte er nicht die Polizei gerufen, sondern die Jugendlichen selber zur Rede gestellt. Er erstatte keine Anzeige, der 18-Jährige entschuldigte sich bei ihm. Sachschaden entstand keiner bei der Ballerei, der Regen spülte die Farbe hinunter.

Mit dem Hinweis, dass Paintball nur in abgesperrten Räumen erlaubt sei, stellte Richter Daniel Dorner das Verfahren ein. Die Auflage: Der 18-Jährige muss wie seine Freunde ein Buch lesen. Dies kontrolliert die Brücke, der Verein für Jugendgerichtshilfe. Das Verfahren gegen die beiden Freunde war bereits außergerichtlich erledigt worden. Der 18-Jährige war dem Termin damals unentschuldigt ferngeblieben.

© SZ vom 28.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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