Dachau:Kinder, Kinder!

Lesezeit: 2 min

In Dachau fehlen 75 Krippenplätze, 100 Kinder stehen ohne Hortplatz da - und das, obwohl die Stadt massiv in Betreuungsangebote investiert. Nun sollen provisorisch errichtete Kitas die Lücke schließen.

Von Petra Schafflik

Trotz massiver Investitionen der Stadt in die Kinderbetreuung gibt es erneut lange Wartelisten. 75 Familien erhalten von Herbst an keinen Krippenplatz für ihr Kind. "Das sind ähnlich viele wie im vorigen Jahr", erklärt Hauptamtsleiter Josef Hermann auf SZ-Anfrage. Noch schlechter sieht es beim Hort aus: 100 Plätze fehlen, und zwar verteilt auf alle Stadtteile. Das Defizit ist hier noch größer geworden, 2013 umfasste die Warteliste 70 Schüler. Einzig in den Kindergärten können alle Mädchen und Jungen, die neu angemeldet worden sind, auch untergebracht werden. Was angesichts dieser Betreuungslücke zu tun ist, wird der Familien- und Sozialausschuss in seiner ersten Sitzung am 28. Mai entscheiden. Dort sollen nach dem Willen von Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) substanzielle Lösungsansätze für Provisorien präsentiert, aber auch über weitere Neubau-Projekte gesprochen werden. Ziel sei, "dass bereits möglichst konkrete Entscheidungen getroffen werden".

Viele Anrufe und Schreiben von betroffenen Eltern gingen aktuell in seinem Büro ein, berichtet OB Hartmann. Angesichts der massiven Betreuungslücke müsse die Stadt umgehend reagieren und dabei zweigleisig fahren. Kurzfristig bis September könnten allenfalls Provisorien realisiert werden. "Trotzdem müssen wir gleichzeitig auch überlegen, wieder neu zu bauen." Auf lange Sicht werde die Zahl der Kinder und der Bedarf an Betreuungsplätzen definitiv nicht sinken, betont der OB, der die aktuelle Betreuungskrise als vorhersehbar bezeichnet. Angesichts massiver Baulandausweisungen in der Stadt sei die soziale Infrastruktur parallel nicht im ausreichenden Umfang erweitert worden. "Wir müssen jetzt reagieren", so Hartmann.

In der Pflicht sieht Hartmann die Stadt nicht nur bei den Krippenplätzen für die Unter-Dreijährigen, bei denen Eltern einen Rechtsanspruch auf Betreuung haben. Auch Hortplätze müssten entstehen. Für eine vorausschauende, längerfristig angelegte Betreuungsplanung spricht sich auch die Familienreferentin des Stadtrats, Elisabeth Zimmermann (CSU), aus. "Damit wir nicht jedes Jahr wieder dastehen und Plätze fehlen." Vernünftige Familienpolitik bedeute auch Planungssicherheit. Für den Familien- und Sozialausschuss kündigt sie einen entsprechenden Antrag an.

Untätig ist die Stadt in Sachen Kinderbetreuung bisher nicht geblieben. 300 zusätzliche Plätze in Krippe, Kindergarten und Hort wurden allein 2013 geschaffen, 16 Millionen Euro in den Bau von vier Einrichtungen investiert. Neu errichtet wurden die Kitas Sankt Klara an der Friedenstraße, Mariä Himmelfahrt und Am Bach in Dachau-Süd, dazu der Hort Steinlechner Hof in der Altstadt. Darauf verweist auch Hauptamtsleiter Hermann. "Die Stadt hat wahnsinnig viel gebaut, aber der Bedarf steigt noch stärker." Weitere Kita-Projekte sind kurzfristig nicht in Sicht. Bekannt ist, dass ein privater Investor am Bahnhof eine Kita bauen möchte. Dieses Vorhaben, das vier Krippen- und zwei Kindergartengruppen umfassen soll, hat der Stadtrat ausdrücklich befürwortet und die notwendige Bedarfsanerkennung für die Betreuungsplätze erteilt. "Wenn dieses Vorhaben jetzt schon fertig wäre, würde das die Situation enorm entlasten", sagt OB Hartmann. Doch wann dieses Gebäude errichtet wird, ist offen. "Gespräche finden immer wieder statt", erklärt Bauamtsleiter Michael Simon, ein konkreter Bauantrag liege aber noch nicht vor.

Auch städtische Neubau-Vorhaben sind nicht in Arbeit. Vielmehr hat der Stadtrat mit Blick auf das private Kita-Bauprojekt Planungen für ein Krippenhaus im Herbst 2013 kurzfristig eingestellt. Ursprünglich sollte in Dachau-Ost im Baugebiet Am Neufeld ein Neubau 48 Plätze für Unter-Dreijährige schaffen, mit der Option auf eine Erweiterung um weitere 24 Plätze. Die Planungsaufträge für das mit 3,5 Millionen Euro kalkulierte Gebäude waren schon vergeben, doch bei den Haushaltsberatungen erging dann der Planungsstopp. "Aus heutiger Sicht hätte man das Vorhaben nicht schieben dürfen", räumt Familienreferentin Zimmermann (CSU) ein. Selbst wenn diese Idee sofort wieder aus der Schublade geholt würde: Der akute Mangel an Betreuungsplätzen ließe sich damit auf die Schnelle nicht beheben.

© SZ vom 09.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: