Dachau:Jurysitzung

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Die CSU-Veranstaltung der Stadtratsfraktion über die Zukunft Dachaus entwickelt sich zu einer Auseinandersetzung über die Qualität des Bauens von Unternehmer Herbert R. Ullmann. Auf ihn kommen wegen des MD-Areals massive Forderungen zu

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Die Gewinnprognose von Karl-Heinz Matschiner konterte der Dachauer Bauträger Herbert R. Ullmann noch lässig: Wenn es stimmen würde, dass der Erlös beim Ausbau seines MD-Geländes zu einem neuen Dachauer Stadtteil bei 190 Millionen Euro liegen würde, müsse man sich wundern, "warum denn niemand das Gelände kaufen wollte". Und auch der Kritik des Künstlers und Kunsterziehers Paul Havermann versuchte er noch so zu begegnen, als ob sie an ihm abtropfen würde.

Havermann hegte auf der Veranstaltung der CSU zur Zukunft Dachaus am Donnerstagabend im Gasthaus Drei Rosen Zweifel, ob der Bauträger und geschäftsführende Inhaber des Unternehmens "Ihr Eigenheim-Profi" fähig sei, qualitätsvolle Bauten zu errichten. Der Künstler verwies auf die sogenannten Stockmanngärten im Stadtteil Dachau-Süd, die in seinen Augen das "Negativ-Beispiel überhaupt" sind. Ullmann entgegnete, dass er die persönliche Meinung Havermanns respektiere. "Aber es gibt andere. Das ist subjektiv." Am Ende der Veranstaltung wollte er ihm allerdings nicht mehr die ausgestreckte Hand schütteln und weigerte sich, in ein Gespräch zwischen Havermann und CSU-Stadtrat Wolfgang Moll einzutreten.

Bauträger Herbert R. Ullmann musste sich bei der CSU heftiger Kritik an seinen Bauwerken in Dachau erwehren. Auch an den Stockmanngärten. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Nun wäre es der Ehre für den Künstler zu viel, wenn Ullmanns Unmut sich tatsächlich auf ihn gerichtet hätte. Es ist wohl eher so, dass er nur ihm demonstrativ offen seine Verärgerung zeigen konnte. Tatsächlich hatte Havermann an diesem Abend eine Debatte über die Qualität des Bauens in Dachau entzündet, an der namhafte CSU-Politiker sich beteiligten.

Fraktionssprecher Dominik Härtl hatte in einer kurzen Rede die Leitlinien der Kommunalpolitik erläutert und drei Vorhaben zu "Megathemen" erhoben: Die Zukunft des TSV Dachau 1865, die der Stadtrat bekanntlich vertagt hat. Den Bau einer Ostumfahrung, für die das Genehmigungsverfahren bei der Regierung von Oberbayern läuft. Und eben die Optionen für das 16,2 Hektar große MD-Areal, einer Industriebrache direkt neben der Altstadt.

Dominik Härtl sagte, dass er die Sorge um die künftige bauliche Qualität des MD-Geländes teilt. Zu Havermanns Appell an den Stadtrat, sich darum besonders zu kümmern, sagte er: "Da rennen Sie bei mir offene Türen ein." Der Satz war geschickt gewählt, weil er keine direkte Kritik an Ullmann enthält. Der ist Geschäftsführer der Dachauer Entwicklungsgesellschaft, in deren Besitz sich das MD-Areal befindet. Und auch Härtls Ergänzung hört sich noch so an, als ob es nur darum ging, die Unabhängigkeit des Stadtrats von Investoren zu betonen: "Mir ist es egal, wer das MD-Areal nun besitzt."

Der Bauträger möchte das MD-Heizkraftwerk durch ein Hochhaus ersetzen. Ob es ihm gestalterisch gelingen könnte, wurde bezweifelt. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Aber dann folgte Ulrich Böger. Er war stellvertretender Präsident der Regierung von Oberbayern. Er war innerhalb der CSU vor den Kommunalwahlen im März als potenzieller Nachfolger von Landrat Hansjörg Christmann gehandelt worden, und er gilt als einflussreicher Mann innerhalb der Dachauer CSU. Er griff Havermanns Kritik an der Bauweise und Farbgestaltung in den Stockmanngärten auf und ergänzte sie um sein Missfallen an Ullmanns Hochhaus in der Erich-Ollenhauer-Straße.

Böger wandte sich direkt an den Bauträger: "Ich bin mir sicher, es hängt nicht von der Farbe ab, dass wir Ihre Gebäude im Auge haben. Da ist die Frage der Ästhetik zu debattieren." Er präzisierte: "Das Problem an den Stockmanngärten ist , dass das Baurecht bis zum Anschlag ausgereizt wurde." Deshalb erachtet Böger "eine sensible Diskussion" über das MD-Gebiet für "notwendig". Der alte Stadtrat unter dem damaligen Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) hatte Ullmanns Wunsch auf maximales Baurecht vollständig entsprochen.

Der Turm in der Erich-Ollenhauer-Straße. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Nun ist Kritik an den Stockmanngärten von vielen Dachauern auch in Leserbriefen an die SZ geäußert worden. Aber bis zum Donnerstagabend hat noch niemals ein prominenter Dachauer Politiker sich solchermaßen dezidiert gegen den Bauträger Ullmann positioniert wie Ulrich Böger. Zurzeit zeichnet sich zwischen der Stadt Dachau und Bauträger Ullmann ein Meinungsstreit über die Höhe des Baurechts ab. Im Mittelpunkt steht der Wunsch nach einem 15-stöckigen Hochhaus als Ersatz für das weithin sichtbare Heizkraftwerk. Ullmann sprach von einer "Landmarke". Böger und Havermann hätten gegen ein solches Hochhaus nichts einzuwenden: "Wenn es gut gemacht ist."

Böger forderte die CSU angesichts des geforderten Wohnungsbaus von mehr als 100 000 Quadratmetern auf, dafür zu sorgen, dass entsprechend Schulen und Kindereinrichtungen geschaffen werden können. Damit unterstrich er die neue Position der CSU, die sich jetzt wie alle anderen Fraktionen auch für eine sozial gerechte Bodennutzung ausspricht. "Das ist der Knackpunkt", vermutete CSU-Sprecher Härtl. Außerdem wünscht er sich von den Investoren eine Bankbürgschaft, damit die vollständige Sanierung des Areals abgesichert ist. "Es darf nichts schief gehen."

Am Ende der Debatte gab sich Bauträger Ullmann im Gespräch mit der SZ als nüchterner, wirtschaftlich denkender Unternehmer: Wenn nach den Verhandlungen mit der Stadt die Kosten endgültig bekannt sind, "dann werden wir sehen, was wir machen."

© SZ vom 08.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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