Dachau:Hängen gelassen

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Giovanni Cirigliano und Nella Conson vom Restaurant Amalfi sind wegen der Dauer der Baustelle am Karlsberg verärgert. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Gewerbetreibenden an der Dauerbaustelle am Karlsberg beschweren sich über die Stadt Dachau

Von Andreas Förster, Dachau

Viel länger als erwartet ziehen sich die Arbeiten hin, um den Karlsberg einschließlich der Schlossbergmauer zu sanieren und zu festigen. Das 200 Jahre alte Gemäuer war akut einsturzgefährdet. Deswegen herrscht bei Gewerbetreibenden in der historischen Hanglage seit Monaten Tristesse. Außerdem monieren sie die Untätigkeit der Stadtverwaltung, die nicht in der Lage gewesen sei, rechtzeitig und kontinuierlich über die Bauarbeiten zu informieren. Außerdem hätten sie von der Wirtschaftsförderung wenigstens Vorschläge über flankierende Fördermaßnahmen erwartet, um die Folgen der Umsatzeinbrüche abzufedern.

"Mein Kundengeschäft hat sich halbiert", sagt Birgit Castiglioni. Mit ihrem Second-Hand-Laden für Kinderbekleidung und -spielzeug, "Happy Kidzz", ist sie auf Parkplätze vor der Ladentür angewiesen. "Mütter mit kleinen Kindern oder Kinderwägen kommen überwiegend mit dem Auto. Die Parksituation war vorher schon schwierig", sagt sie. "Aber jetzt ist sie eine Katastrophe." Auch der Parkplatz "Am Kühberg" sei voll, da viele Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die zuvor in der Garage unter dem Rathaus geparkt hätten, dorthin ausgewichen seien. Das Oster- und Weihnachtsgeschäft sei ihr dadurch beschädigt worden. "Und von Juli an, wenn die Sperrung wieder aufgehoben wird, befinden wir uns im Sommerloch." Ähnlich äußern sich die Geschäftsführer des italienischen Restaurants Amalfi, Nella Conzon und ihr Mann Giovanni. "Wir haben 60 Prozent weniger Bestellungen." Denn: "Wenn jemand eine Pizza zum Mitnehmen möchte, dann braucht er auch einen Parkplatz in der Nähe." Sie verstehe sowieso nicht, warum das alles so lange dauere.

Stadtbaurat Michael Simon entgegnet: "Die Baustelle war von Anfang an auf zwei Phasen angelegt. Eine erste im Herbst und Winter für die Stabilisierung des Hangs und eine zweite für die Maurerarbeiten, die man nicht im Winter erledigen kann." Dass schon die erste Phase länger als geplant dauern würde, habe niemand vorher absehen können. "Das Mauerwerk war viel stärker durchwurzelt als wir angenommen hatten." Der zweite Abschnitt sollte Anfang Juni fertig sein. Doch habe zum Beispiel "die Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege" mehr Zeit in Anspruch genommen als erwartet. Zusätzlich habe für das Event "Jazz in allen Gassen" die Baustelle zunächst geräumt werden müssen, da der Karlsberg als Rettungsgasse zwingend gebraucht worden sei. Danach habe sie erst wieder aufgebaut werden müssen. Simon: "Das hat uns zeitlich noch mal zurückgeworfen."

Eine Entschädigung für die betroffenen Geschäftsleute sei nicht vorgesehen, hatte die Stadt bei einer Informationsveranstaltung im Vorfeld der notwendigen Sanierungsarbeiten erklärt. Nella Conzon und Birgit Castigioni sowie andere Betroffene wie Abi Semadi von der Shisha Bar "One Lounge", dessen Umsatz nach seinen Angaben um etwa 25 Prozent zurückging, haben es gar nicht erst versucht. Insbesondere mit der Kommunikation seitens der Stadt sind sie alle unzufrieden. "Wir haben einmal eine Postwurfsendung erhalten, nicht mal einen persönlichen Brief", so Amalfi-Wirt Giovanni. Von den jeweiligen Verlängerungen der Sperre habe er aus der Presse erfahren.

Dorothea Bierling, Geschäftsführerin der Boutique "Blickfang" am Fuße des Karlsbergs, fühlt sich von der Stadt regelrecht "im Stich gelassen". Niemand habe bisher mal nachgefragt, wie man mit der Situation, die ja nun schon bald ein Dreivierteljahr andauere, zurechtkomme. "Ich hätte mir gewünscht, dass der Leiter der Wirtschaftsförderung, Stefan Wolf, persönlich den direkten Kontakt sucht und fragt, ob man etwas tun könne." Schließlich gebe es durchaus Möglichkeiten zur Unterstützung. So könnte die Stadt beispielsweise Anzeigen schalten, um auf die Situation der Geschäfte am Karlsberg aufmerksam zu machen. Dorothea Bierling will nun Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) auf die aus ihrer Sicht ungenügende Kommunikation ansprechen. Das hat auch Birgit Castiglioni vor, da ihr Brief unbeantwortet geblieben sei.

© SZ vom 20.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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