Dachau:Erzieherinnen streiken

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Fast alle kommunalen Kitas in Dachau und Bergkirchen bleiben am Montag geschlossen.

Von Johannes Korsche

Von der Decke baumeln Blumen aus Pappmasché, ein kleiner Plastikdinosaurier und ein bunter Regenschirm. Im Hintergrund lädt eine große Burg aus Holz zu Ritterfesten ein. Eine Gruppe Jungs spielt zusammen mit selbstgebauten Lego-Autos, an einem Tisch daneben malen zwei Mädchen ein Bild. Durch den Raum schallen Rufe und von den Jungen imitierte Motorengeräusche - so ist es zumindest an einem normalen Tag im Klosterkindergarten, wenn er für die in etwa 25-köpfige Gruppe geöffnet ist.

Doch im Klosterkindergarten wird es am Montag, 20. April, ungewohnt leise sein. Der Grund: Die Beschäftigten der städtischen Kindergärten und Horte streiken - ausgenommen ist nur der Kindergarten Villa Kunterbunt in Pellheim. Laut Landratsamt Dachau werden sich die kirchlichen und privaten Kindertageseinrichtungen nicht am Streik beteiligen. Auch an der Demonstration am Montag um 10 Uhr vor dem Dachauer Rathaus werden sie nicht teilnehmen.

Allerdings sind die Streiks nicht auf die Große Kreisstadt beschränkt. Auch in Bergkirchen treten die Erzieherinnen am Montag in den Ausstand. Bestreikt werden die gemeindlichen Einrichtungen Regenbogen, Wichtelburg und Eulenhort. Offen bleibt allein das Kinderhaus "Pusteblume". Wie in Dachau findet auch hier eine kleine Kundgebung statt: gegen 8 Uhr vor dem Rathaus.

Die Gewerkschaft Verdi hat zu dem Warnstreik aufgerufen, um vor der fünften Verhandlungsrunde am Montag und Dienstag den Druck auf die kommunalen Arbeitgeberverbände zu erhöhen. Verdi fordert eine höhere Entlohnung und damit Anerkennung der Beschäftigten im Sozialbereich. Diese würden dafür sorgen, dass in der Gesellschaft sozialer Frieden herrsche. Der Streik der Erzieher erreicht nun Dachau, nachdem bereits Ende März und Anfang April in München gestreikt worden war. Die betroffenen Eltern, die über den Streik durch die Kindergärten informiert wurden, müssen selbständig die Betreuung ihrer Kinder organisieren.

Josef Hermann, Leiter des Hauptamts der Stadt Dachau, bedauert, dass für die Einrichtung von Notgruppen das Personal fehle, er hoffe, dass die Eltern ihre Kinder am Montag anderweitig unterbringen könnten. Aber Eltern können auf eine Kompensation hoffen. Die Stadt diskutiert, die Eltern über die Gebühren für den Streiktag zu entschädigen - "allerdings gibt es noch keine Ergebnisse."

Eine betroffen Mutter ist die 30-jährige Sabrina Traunfelder, die von dem Streikaufruf ziemlich überrascht wurde. Sie habe so kurzfristig keinen Urlaub nehmen können, um auf den vierjährigen Lukas aufzupassen, der sonst vormittags im Klosterkindergarten betreut wird. Das übernimmt nun der Vater, dessen Arbeitgeber anscheinend flexibler auf kurzfristige Urlaubswünsche reagieren kann.

Trotz der Unannehmlichkeiten erfahren die Erzieherinnen von vielen Seiten Solidarität. So zum Beispiel von Svetlana Neb. "Die Kindergärtnerinnen machen eine sehr anstrengende Arbeit, die man auch besser entlohnen sollte." Sie betont auch die gesellschaftliche Rolle, die der Kindergarten bei der Integration ihrer Kinder spiele. Die 38-Jährige ist von Russland nach Dachau gezogen ist, und inzwischen Mutter von drei Kindern. Wegen ihrer fünfjährigen Tochter Elisabeth, die den Klosterkindergarten besucht, ist sie ebenfalls von dem Streik betroffen. Allerdings hat sie schon eine Lösung gefunden, "weil die Kinder zu den Großeltern können - eine Tagesmutter hätten wir uns nicht leisten können."

Ulrich Wamprechtshammer, Leiter des Jugendamts Dachau, hält es für besonders wichtig, dass die sozialen Berufe attraktiv sind, damit sich auch Berufseinsteiger für Ausbildungen in diesem Bereich interessieren - und das "geht vor allem über das Gehalt." An der Attraktivität des Erzieherberufes dürfte die Stadt Dachau besonders interessiert sein, sucht sie doch im Moment auf ihrer Internetseite nach neuen Erzieherinnen oder Erziehern, die dann - soweit möglich - unbefristet angestellt würden. Praktische Erfahrung können Interessierte aber erst wieder von Dienstag an sammeln, wenn im Klosterkindergarten wieder Motorgeräusche durch die Luft schallen.

© SZ vom 18.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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