Dachau:Die Pflicht zum Titel

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Mittelstandsunion und Handwerkerschaft kämpfen für die Wiedereinführung der obligatorischen Meisterprüfung

Von Viktoria Großmann, Dachau

Fliesenleger und Parkettleger, Schneider und Rolladenbauer dürfen sich nach der Gesellenprüfung selbständig machen und ihr Handwerk ausüben. Sie dürfen sogar, mit genügend Berufserfahrung und nach bestandener Ausbildereignungsprüfung, Lehrlinge ausbilden. Maurer, Heizungsbauer, Bäcker und Metzger dürfen das nicht. Sie müssen eine Meisterprüfung machen, bevor sie ein eigenes Unternehmen gründen und ausbilden können.

Das ist richtig und notwendig, finden Mittelstandsunion und Kreishandwerkerschaft Dachau. Sie beteiligen sich an einer bundesweiten Kampagne zur Wiedereinführung der Meisterpflicht für alle Handwerksberufe - und setzen sich damit auch dafür ein, die Meisterpflicht in den anderen Berufen auf jeden Fall zu erhalten. Sie fürchten um das Ansehen der Handwerker. Die Ausbildung sei ohne Meisterjahre nicht ausreichend. Außerdem warnen sie vor einem Mangel an guten Ausbildern. "Die Ausbildungszahlen in den Berufen ohne Meisterpflicht sind gefallen", sagt Kreishandwerksmeister und Chef der Schreinerinnung Ulrich Dachs. Christine Unzeitig, CSU-Stadträtin und Vorsitzende des Kreisverbands der Mittelstandsunion, warnt, Berufszweige könnten wegbrechen.

2004 war unter rot-grüner Regierung bundesweit die Meisterpflicht für einige Berufe abgeschafft worden. Dazu zählen Drechsler, Schneider und Schuhmacher und viele selten ausgeübte Berufe wie Buchbinder, Korbmacher, Wachszieher und Schildermacher. Einen Meistertitel zu erwerben kostet nicht nur weitere Jahre Zeit, es kostet auch Geld. Für die vier Prüfungen bei der Handwerkskammer müssen rund 750 Euro Gebühr bezahlt werden. Viel teurer ist sind die Kurse: Sie können je nach Beruf zwischen 4000 Euro für Metzger- und Friseur-Meister und 9000 Euro für Elektriker kosten. Hinzu kommt Verdienstausfall wegen des Schulbesuchs. Eine Hilfe ist das ebenfalls unter der Regierung Gerhard Schröder (SPD) eingeführte Meister-Bafög. Mit der Abschaffung der Meisterpflicht für einige Berufe sollte eine schnellere Existenzgründung ermöglicht werden. Die Mittelstandsunion fordert nun eine Anhebung des Bafögs.

Unzeitig hat bereits gegen die Abschaffung der Meisterpflicht gekämpft, nun kämpft sie gern um die Wiedereinführung. "Das Niveau der Leistung und der Bildung fällt", sagt sie. Die Schäden, die durch ungenügendes Fachwissen entstehen, sind laut Mittelstandsunion immens. Die meisten Mängel am Bau würden erst am fertigen Haus festgestellt und seien dann umso schwerer zu beheben. "Ein Meister weiß, welche Verantwortung er trägt und dass er nachhaltig arbeiten muss", sagt Dachs. Bevor ein Geselle mit der Meisterschule beginnt, sammelt er in der Regel noch einige Jahre Berufserfahrung. "Er muss sich beweisen", sagt Dachs. In der Meisterschule steht auch Betriebsführung auf dem Stundenplan und es wird wichtiges Fachwissen vermittelt. Das soll im Idealfall weitergegeben werden, sagt der Schreiner, der in seinem Betrieb selbst Lehrlinge ausbildet. Ziel müsse sein, dass dauerhafte Unternehmen gegründet werden. - Keine Ich-AGs von begrenzter Haltbarkeit.

"Der Meisterbrief ist ein Qualitätsmerkmal", sagt Unzeitig. Für Ulrich Dachs ist er ein Garant dafür, dass die Handwerksleistung vom Profi kommt. Ein Fliesenleger, so sagt er, könne auch Parkettlegearbeiten übernehmen - auch wenn er dafür nicht ausgebildet sei. Der Meistertitel schaffe Sicherheit über die beruflichen Fähigkeiten eines Handwerkers. Die Pflicht zum Titel liege damit im Sinne des Gemeinwohls. Und im Sinne der Wirtschaft: Nichts weniger als der gute Ruf der deutschen Handwerker stehe auf dem Spiel, sagt Unzeitig. Meister sollen, so fordern die Handwerker und Mittelständler zudem, auch gleich Zugang zum Masterstudium bekommen. Der Meistertitel entspricht jetzt der allgemeinen Hochschulreife und berechtigt zum Bachelorstudium.

© SZ vom 25.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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