Dachau:Die Kirchen gedenken

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Ökumenischer Gottesdienst für Max Mannheimer

Dort in Auschwitz-Birkenau hat der junge Max Mannheimer, 23 Jahre wurde er vier Tage nach der Selektion bei der Ankunft an der Todesrampe, an Gott zu zweifeln begonnen. Dennoch bedeckte er jeden Abend mit der Hand den Kopf und betete das Schm'a Jisrael, das zentrale Gebet der Juden. Sein Zweifel ist geblieben. Die Frage, wie Gott den Massenmord an sechs Millionen Juden zulassen konnte, begleitete Max Mannheimer sein Leben lang. Er verstand, warum sich Überlebende von Gott abwandten - duldete dennoch weder Spott noch Verachtung für den Glauben. Das hätte er mit seiner toleranten und humanitären Haltung nicht vereinbaren können; deshalb schlug er die Hand einiger Pfarrer und Pastoren, deren Kirchen im Holocaust große Schuld auf sich geladen hatten. Er band sie ein in seinen Kampf um die Erinnerung an die Toten, um die Aufklärung über den Nationalsozialismus. Dafür wollen die Kirchen in Dachau Max Mannheimer danken, der am Freitag vor einer Woche im Alter von 96 Jahren in München gestorben ist.

"Neben die Trauer über diesen unersetzlichen Verlust tritt die Dankbarkeit für Max Mannheimers Unterstützung unserer Arbeit in der KZ-Gedenkstätte Dachau, die angesichts des weitgehenden Versagens der deutschen Kirchen in der NS-Zeit alles andere als selbstverständlich war", schreiben Pfarrer Björn Mensing, landeskirchlicher Beauftragter für evangelische Gedenkstättenarbeit, und Ludwig Schmidinger, Bischöflicher Beauftragter für die KZ-Gedenkstättenarbeit in Bayern. Bei einem ökumenischen Gottesdienst solle die Erinnerung an den jüdischen Dachau-Überlebenden, Menschenfreund und Zeitzeugen im Mittelpunkt stehen. Der Gottesdienst, der erste in Dachau zum Gedenken an Max Mannheimer, findet am Sonntag, 2. Oktober, um elf Uhr, in der Versöhnungskirche auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau (Alte Römerstraße 87) statt.

Seit 1986 folgte Max Mannheimer immer wieder den Einladungen zu Zeitzeugengesprächen, Lesungen und Ansprachen im Rahmen von Gedenkgottesdiensten und anderen Veranstaltungen, schreiben Mensing und Schmidinger. Gerade zur evangelischen Versöhnungskirche in Dachau hatte Max Mannheimer, wie er sagte, eine besondere Verbindung: Der damalige Pfarrer Waldemar Pisarski hatte ihn als erster, am 9. April 1986, eingeladen, um aus seinen Erinnerungen an das Warschauer Ghetto zu lesen. "Das war der Beginn meiner Aktivitäten als Zeitzeuge", sagte Mannheimer.

Am Sonntag beginnt in diesem Jahr mit Sonnenuntergang das jüdische Neujahrsfest Rosch Haschana und damit nach dem jüdischen Kalender das Jahr 5777 - in der Trauer um Max Mannheimer. Foto: Toni Heigl

© SZ vom 01.10.2016 / hz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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