Dachau:Der Boden ist der größte Schatz

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Der Kreistag will den Flächenverbrauch im Landkreis weiter begrenzen. Dazu braucht er aber die 17 Kommunen, die sich dazu verpflichten, dass innerörtliche Baugebiete eindeutigen Vorrang vor Neuausweisungen bekommen

Von Robert Stocker

Dass einige Gemeinden ihre Flächen nicht sinnvoll nutzen, zeigt sich immer wieder an Arealen im Innenbereich: Brach liegendes Gelände in bester Lage dämmert Jahre lang vor sich hin, während die Kommunen gleichzeitig neue Baugebiete am Ortsrand ausweisen. Natürlich ist es in vielen Fällen auch so, dass die Grundeigentümer die Hand über ihren Besitz halten, weil sie den Wert ihrer Immobilie steigern oder sie ihren Kindern vermachen wollen. Brachflächen im innerörtlichen Bereich gibt es natürlich auch in vielen Gemeinden des Landkreises Dachau. Prominente Beispiele sind etwa das riesige Gelände im Karlsfelder Ortszentrum, wo jetzt die Neue Mitte entstehen soll, und das ehemalige Areal der Dachauer Papierfabrik. Für die 17 Hektar große Fläche in der Innenstadt gibt es mittlerweile einen Investor und neue Bebauungspläne. Ob und wann sie realisiert werden, ist noch unklar.

Die Grünen im Landkreis fordern einen maßvollen und effizienten Flächenverbrauch und machen sich dafür stark, Baulücken im innerörtlichen Bereich zu schließen und weniger neue Baugebiete auszuweisen. "Wir hoffen, dass das Recycling von solchen Flächen zunimmt", sagt Kreisrat Roderich Zauscher, der auch Vorsitzender des Bundes Naturschutz ist. Kreisbaumeister Georg Meier erzählt von seiner Heimatgemeinde in der Hallertau, wo zwei Brauereien ihr Betriebsgelände im Ortskern stilllegten. Auch diese Areale seien noch immer ungenutzt. "Es ist sinnvoll und wesentlich billiger, Leerstände innerorts wieder zu bebauen, als neue Baugebiete zu erschließen", sagt er. Meier spricht auch die "Witwen-Siedlungen" an: Ältere, alleinstehende Damen bewohnen ein Haus auf einem riesigen Grundstück und verbrauchen eine Fläche, auf der vielleicht zehn Familien Platz finden könnten. Gerade in teureren Wohngegenden sei das häufig der Fall. Ob Flächen effizient genutzt werden, hängt von der Zahl ihrer Einwohner und ihrer Arbeitsplätze ab. Je mehr Einwohner eine bestimmte Fläche hat, desto effizienter wird sie genutzt. Bevölkerungsarme Regionen im Osten Deutschlands haben deshalb einen hohen Flächenverbrauch. Weil Grund und Boden dort relativ billig ist, wird sorgloser damit umgegangen. Im Ballungsraum München verhält es sich genau umgekehrt: Dort nehmen viele Menschen relativ wenig Fläche in Anspruch.

Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die meisten neuen Siedlungsflächen im verdichteten Umland von Städten entstehen. Wirtschaftlich starke Regionen wie der Ballungsraum München ziehen zusätzliche Bewohner an, die Wohnungen und Straßen benötigen. Dies zeigt sich auch beim Flächenverbrauch im Landkreis Dachau, der sich in den vergangenen Jahrzehnten dennoch moderat entwickelt hat. Im Jahr 2011 betrug der Anteil der Landwirtschaftsfläche 68,52 Prozent (1980: 74,69 Prozent), der Siedlungs- und Verkehrsflächen 12,85 Prozent (1980: 7,79), der Waldflächen 16,6 Prozent (1980: 15,95) und der übrigen Flächen 2,03 Prozent (1980: 1,58). In den vergangenen 20 Jahren haben die Verkehrsflächen lediglich um 0,89 Prozent zugenommen, die Siedlungsflächen um 2,76 Prozent. Auch die Gewerbeflächen sind angestiegen, allerdings nicht in dem Maß, in dem sie häufig für den "Flächenfraß" verantwortlich gemacht werden. Die größten neuen Flächen entstanden in Bergkirchen, Dachau-Ost, Dachau-Süd, Karlsfeld, Sulzemoos, Odelzhausen, Pasenbach und Markt Indersdorf.

Kreisbaumeister Meier macht darauf aufmerksam, dass Flächenverbrauch nicht automatisch eine Versiegelung des Bodens bedeutet, die grundsätzlich problematisch ist. Sie verändert den Grundwasserspiegel und erhöht die Hochwassergefahr. Dennoch sieht das Landesamt für Umwelt den Flächenverbrauch als größtes Problem für Natur und Umwelt, weil der Boden seine Leistungsfähigkeit verliert. Ziel der Bundesregierung ist es deshalb, den Flächenverbrauch im Jahr 2020 auf 30 Hektar pro Tag zu begrenzen. "Wir müssen versuchen, mit dem Boden verantwortungsvoll umzugehen", sagt Meier. "Aber das Ziel der Nachhaltigkeitsstrategie wird wahrscheinlich verfehlt."

© SZ vom 06.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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