Dachau:Beim Barte des Dozenten

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Uni-Professor Herbert Kaltner hält Vorlesungen vor 200 Studenten. Als Nikolaus zum Buchen hatte der Dachauer anfangs trotzdem Lampenfieber.

Simon Schramm

Herbert Kaltner weiß noch genau, wie er als vierjähriger Bub Anfang der sechziger Jahre zum ersten Mal den Nikolaus gesehen hat. Vom Fenster aus hatte er beobachtet, wie der Nikolaus gerade das Nachbarhaus verließ und nun zu ihm und seiner Familie kommen würde. "Da ist Wasser gelaufen, so eine Angst hatte ich." Damals kam noch der Krampus mit und der steckte böse Kinder in den Sack - der kleine Herbert hatte offenbar Grund zur Furcht. Natürlich ging die Sache gut aus: "Es gibt noch ein Foto von damals, da stehe ich mit Geschenken: Äpfel, Nüsse und Mandarinen. Und ich mit total roten Bäckchen."

So sieht der Nikolaus Herbert Kaltner aus, wenn er ohne Bart, Perücke und Bischofsstab unterwegs ist. (Foto: privat)

Mittlerweile zieht Herbert Kaltner selber als Nikolaus durch Dachau. Ohne Krampus. Seit sechs, sieben Jahren verkleiden sich der heute 52-Jährige und seine zwei Kollegen, Matthias Pfeiffer und Peter Heller, als Nikolaus und besuchen am 6. Dezember, aber auch an den Tagen davor, Familien in Dachau. Dieses Jahr wird er an vier Tagen unterwegs sein.

Kaltner, Professor für Chemie in der Veterinärwissenschaft an der Uni München, ist Mitglied im Pfarrgemeinderat der Sankt Peter Kirche, dort organisiert er die "Eine Welt"; in deren Arbeitskreis entstand die Idee zum Nikolausbesuch. Die Familien, die Kaltner buchen, können dafür eine kleine Spende geben; die geht dann an die Partnerprojekte der Einen Welt in Mosambik und Ecuador.

Natürlich verkleidet sich Herbert Kaltner immer ordentlich. Unter seiner Mitra, der hohen Bischofsmütze, trägt er eine weiße Perücke und falschen Bart. Über der Albe, einem weißen langen Untergewand, das bis zu den Schuhsohlen reicht, ist Kaltner im roten Bischofsmantel verpackt. Die typischen Utensilien dürfen auch nicht fehlen: ein goldenes Buch, der Bischofsstab, und der Sack für Geschenke. Zu jedem Besuch begleiten Kaltner noch zwei Engelchen, 9- bis 11-Jährige aus der Pfarrjugend: Sie verteilen die Geschenke.

Geschenke sind natürlich das, worauf die Kinder sich am meisten freuen. Kaltner legt aber viel mehr Wert auf etwas anderes: die Zeremonie des Besuches, das Gespräch mit den Kindern. "Die Kinder sollen eine Freude haben und sehen, dass der Nikolaus ein guter ist." Vor dem Besuch erhält Kaltner von den Eltern die Geschenke, sowie einen Zettel mit Stichworten. Anhand dieser Stichworte kann Kaltner eine Rede auf die Kinder halten. Manche Kinder schämen sich, verstecken sich hinter ihren Eltern, aber in der Regel klappt der Abend: "Den Kinder bereitet es immer großen Spaß."

Insgesamt 50 bis 60 Familien besucht Kaltner in den ersten Dezembertagen. Täglich sind das mehr als zehn Familien; seine Tour beginnt nachmittags und geht bis acht Uhr, dann gehen die meisten Kinder ins Bett. Oft steht Kaltner vor ganzen versammelten Familien mit Enkeln, Onkeln, Omas; am Anfang hatte er darum ein bisschen Lampenfieber. Aber das hat sich verflüchtigt, "ich steh' ja auch jeden Tag vor 200 Studenten". Dass es den Nikolaus gar nicht gibt und unter der Maske ein Freund des Vaters steckt, hat Herbert Kaltner mit zehn Jahren erkannt. Er selber wurde bisher noch nicht identifiziert - nur einmal. Von seinem Neffen.

5. und 6. Dezember sind schon ausgebucht. Aber am Wochenende, 3. und 4. Dezember, gibt es noch Termine. Wer den Nikolaus buchen möchte, kann sich im Pfarrbüro anmelden, Telefon 08131/28099 20.

© SZ vom 23.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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