Dachau:Auf und davon

Lesezeit: 2 min

Wer wirklich reisen will, muss dem Trio Café Voyage zuhören. Ein vergnüglicher Kulturschrannen-Abend

Von Johannes Korsche, Dachau

Erich Kästner soll einmal gesagt haben: "Toren bereisen in fremden Ländern Museen, Weise gehen in die Tavernen." Ob sich das Trio Café Voyage beim Liederschreiben davon inspirieren lässt, ist nicht bekannt. Eine gewisse Nähe der Band zu Kästners Gedanke ist allerdings nicht von der Hand zu weisen. "Der Weg ist das Ziel, doch das Schönste daran sind die Kaffeepausen," das ist das Motto der Band, die in der Kulturschranne in etwa vierzig begeisterte Zuhörer mit auf eine musikalische Reise um die Welt nahm.

Mit einer Kaffeepause begann der Samstagabend in der Kulturschranne in Dachau. Maria Friedrich, Cello und Gesang, betrat in einer einleitenden Theaterszene mit einem Rollkoffer im Schlepptau den Raum und setzte sich an einen Tisch vor der Bühne. Marc Piri, Solo-Gitarre, Bass und Mandoline, spielte einen Kellner, der die Ankommende freundlich begrüßte. Günter Renner, Gitarre und Gesang, ebenfalls ein Reisender, setzte sich zu Friedrich an den Tisch und begann mit ihr und Piri ein Gespräch über das Wesen des Reisens. "Das Leben ist eine Reise wert," heißt es, bevor sie ihren Kaffee austrinken und von nun an in ihre besten Rollen des Abends schlüpfen: Die Rollen als Musiker.

Café Voyage spielte Lieder, die auf ihren "zahlreichen Konzertreisen durch die ganze Welt entstanden sind", wie Renner zwischen zwei Songs erzählt. Die Einflüsse des bereisten Landes sind in den Stücken deutlich zu hören, was bereits der Auftaktsong "Auf und Davon" zeigt. Das Lied ist eine Hommage an den italienischen Künstler Paolo Conte und dessen bekanntes "Via con me". Café Voyage schrieb einen eigenen Text über die Lust am Reisen auf die übernommene Melodie. Abwechslungsreich wie das Leben in den unterschiedlichsten Ländern ging es weiter: Tango, Blues, süditalienischer Folk, französische Chansons, griechischer Sirtaki.

Der Vielfalt an musikalischen Einflüssen stand die sehr schlichte Bühne gegenüber: drei Stühle samt Mikrofon, zwei Verstärker, sechs Instrumente und ein Leuchtschild - mehr benötigten die drei Musiker nicht, um ihre Zuhörer vom winterlichen Dachau ins beispielsweise südliche Italien zu entführen, mit einer Version für Mandoline von "La Vita e bella". Sie verlassen sich dabei in jeder Region der Welt auf ihr musikalisches Talent. Besonders im Ohr blieben die Soli, die Friedrich am Cello und Piri an der E-Gitarre spielten. Beeindruckte Friedrich vor allem mit technischer Finesse und Perfektion, die die ehemalige Studentin an der Hochschule für Musik in Würzburg beim Ritt über das Griffbrett vorführte, fiel bei Piri besonders dessen melodische Sicherheit auf. Dass sich die Lieder trotzdem nicht allzu sehr in den rasanten Tonfolgen der Soli verlor, lag an Renners gekonnten Gitarrenbegleitung.

Da verzeiht man als Zuhörer auch, wenn sich mal "Sonne" auf "Wonne" reimt oder "Jaguar" auf "noch niemals war". Zumal das letzte Lied des Abends "Ich kann dir nicht erklären, wie Schokolade schmeckt" eine gelungene Metapher für das Reisen findet. Denn sowohl über den Geschmack von Schokolade als auch über das Gefühl beim Reisen kann man nur schwerlich treffend sprechen, man "muss es schon probieren," wie es in dem Lied heißt.

Nach knapp zweistündigem Programm mischten sich in den begeisterten Schlussapplaus in der Kulturschranne wehmütige Zwischenrufe: "Kommt bald wieder!" Viele Zuhörer haben wohl die Hoffnung, dass Café Voyage auf ihrer nächsten Reise durch die Welt wieder in einer Taverne eine Kaffeepause einlegt.

© SZ vom 19.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: