Staatliche Fachoberschule in Dachau:Alter Streit neu entfacht

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SPD-Bildungsexperte Martin Güll wirft dem Landkreis erneut vor, die Errichtung einer staatlichen Fachoberschule am Standort Dachau nicht entschieden genug verfolgt zu haben. Die CSU verwehrt sich gegen die Kritik.

Von Robert Stocker, Dachau

Der Streit um die Errichtung von Fachoberschulen (FOS) im Landkreis hat im Kreistag zu einer heftigen Debatte geführt. Kern der Unstimmigkeiten ist die Frage, ob der Landkreis mit der geplanten privaten Fachoberschule auf dem Gelände der kirchlichen Realschule in Indersdorf auf das falsche Pferd gesetzt hat. Der SPD-Landtagsabgeordnete und Kreisrat Martin Güll hält die private FOS für den falschen Weg und setzt sich für den Aufbau einer kostenfreien staatlichen Beruflichen Oberschule (FOS/BOS) auf dem Campus der Dachauer Berufsschule ein. Güll warf dem Landkreis erneut vor, die Errichtung einer staatlichen FOS am Standort Dachau nicht nachhaltig verfolgt zu haben. Die CSU verwahrte sich gegen den Vorwurf und verteidigte die private FOS in Indersdorf.

Güll, der auch Vorsitzender des Bildungsausschusses im Landtag und bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion ist, vermisst im Landkreis eine staatliche FOS, welche die Fachrichtungen Technik, Gesundheit und Internationale Wirtschaft anbietet. Denn die privaten Fachoberschulen in Karlsfeld und Markt Indersdorf decken unisono die Fachrichtungen Sozialwesen, Wirtschaft und Verwaltung ab. Laut Kultusministerium verzeichnen die Fachoberschulen einen starken Zuwachs, weil immer mehr leistungsstarke Schüler auf eine Realschule gehen und anschließend eine Fachoberschule besuchen wollen. Güll wollte in einem Antrag an den Kreistag wissen, ob die Fachrichtungen an den privaten Einrichtungen in Karlsfeld und Markt Indersdorf angesichts der steigenden Schülerzahlen ausreichend sind. Wenn nicht, müssten weitere Kapazitäten an einer staatlichen FOS geschaffen werden. Die Schule müsste die Bereiche Technik und Gesundheit abdecken. Güll sieht dafür den Campus der Dachauer Berufsschule als richtigen Standort. Er biete räumliche und personelle Synergien. "Genau da, wo wir großen Nachholbedarf haben, machen wir nichts", kritisierte der SPD-Bildungsexperte im Schul- und Kreisausschuss. Er ist überzeugt davon, dass die private FOS in Markt Indersdorf einer staatlichen Schule "das Wasser abgraben wird". Das sei hochproblematisch. Der Landkreis habe den Aufbau einer staatlichen FOS nicht ernsthaft betrieben. Das Kultusministerium habe ihm versichert, dass eine staatliche FOS zeitnah im Landkreis realisiert werden könne.

Genau das bezweifelt die CSU vehement. "Mit diesen Leuten aus dem Kultusministerium möchte ich mal reden", erwiderte Landrat Stefan Löwl (CSU) verärgert. "Da möchte ich mal Ross und Reiter genannt bekommen." Gerhard Weber, Hauptabteilungsleiter am Landratsamt, verteidigte die Position des Landkreises. "Wir haben eindeutig kommuniziert, dass wir eine FOS in Dachau bauen wollen. Doch das Kultusministerium hat den Bedarf angezweifelt." Dabei bezog sich Weber auf eine Probeeinschreibung im Jahr 2012, die wegen zu geringer Einschreibezahlen an auswärtigen Schulen gescheitert war.

Albert Herbst, Sachgebietsleiter für die Schulen im Landkreis, bestätigte das. "Der Staat war von einer FOS in Dachau nicht begeistert." Deshalb habe es auch keine zweite Probeeinschreibung gegeben. Mittlerweile ist Dachau von staatlichen Fachoberschulen in der Nachbarschaft, etwa in Scheyern, Fürstenfeldbruck oder Freising umzingelt. Für den CSU-Landtagsabgedordneten und Kreisrat Bernhard Seidenath sind die Voraussetzungen für eine staatliche FOS derzeit nicht gegeben. Der Landkreis habe sich deshalb für die Indersdorfer Lösung entschieden, die schnell umgesetzt werden kann. Seidenath: "Ein Spatz oder sogar ein Rebhuhn in der Hand ist besser als eine imaginäre Taube auf dem Dach." CSU-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Offenbeck griff Güll persönlich an. Er sprach von "ranzigen Bemerkungen" in einer Presseerklärung, in der sich Güll für eine staatliche FOS einsetzt. Es sei, so Offenbeck, "ein starkes Stück, so zu tun, als habe der Landkreis hier etwas versäumt". Michael Reindl (Freie Wähler) ermahnte den Ausschuss, wieder zur sachlichen Ebene zurückzukehren. Er schlug vor, eine zweite Probeeinschreibung für eine staatliche FOS zu erwägen. Marese Hoffmann (Bündnis 90/Die Grünen) fragte in die Runde, ob man auch für eine staatliche FOS eine Kooperation mit München machen könne.

© SZ vom 06.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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