Bürgertreff-Ost:Zusammenhalt im Stadtviertel

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Den Veranstaltungskalender für 2017 hat Daniela Klemens schon gut gefüllt. Seit September leitet sie den Bürgertreff-Ost in Dachau. (Foto: Toni Heigl)

Der Bürgertreff-Ost ist zum belebten Herzen des früheren Dachauer Problemviertels geworden. Realisierbare Vorhaben und maßvolle Wünsche seien das Erfolgsgeheimnis, sagt die neue Leiterin Daniela Klemens

Von Walter Gierlich, Dachau

Der Veranstaltungskalender für 2017 an der Bürowand im Bürgertreff-Ost weist bereits viele Einträge auf und nur noch wenige Tage, die ganz frei sind. Dabei hat das Jahr erst begonnen. Für Daniela Klemens, die seit 1. September in der Nachfolge von Sabina Endter-Navratil die Teilzeitstelle als Quartiersbetreuerin übernommen hat, ist dies ein Beleg, dass der Bürgertreff zum lebendigen Zentrum des Stadtviertels geworden ist. Auch Cornelia Klotz, die Vorsitzende des Trägervereins, der vor bald eineinhalb Jahren aus dem Projekt Soziale Stadt Dachau Ost hervorgegangen ist, stimmt zu, dass die Einrichtung große Resonanz im Quartier findet.

Die 35 Jahre alte Sozialpädagogin Klemens, ist in Dachau-Ost aufgewachsen und kennt das viele Jahrzehnte währende Image-Problem ihres Stadtteils. "Der schlechte Ruf war lange geblieben, völlig zu Unrecht", sagt die Mutter eines sechsjährigen Buben. Doch nicht nur wegen des inzwischen guten Renommees hält Klemens das von Bund und Land bezuschusste Förderprogramm Soziale Stadt, das im Herbst 2015 ausgelaufen ist und seither von bürgerschaftlichem Engagement mit Hilfe des Rathauses fortgeführt wird, für einen großen Erfolg. "Das Projekt ist genau das, was hier gebraucht wird." Daniela Klemens, die seit 2008 auch im Jugendhaus Karlsfeld arbeitet, hat zwar nicht an den beiden Stadtteilkonferenzen teilgenommen, mit denen das Projekt 2010 startete, hat deren Ergebnisse aber mit großem Interesse verfolgt. Schließlich wohnt sie nur 200 Meter Luftlinie vom zentralen Ernst-Reuter-Platz entfernt, an dem sich der Bürgertreff mit ihrem Büro befindet.

"Die Leute kommen mehr zusammen"

Als Erfolgsrezept sieht sie, dass sich die Bürger in ihren Wünschen auf das Machbare beschränkten. Die Teilnehmer der beiden Veranstaltungen hätten einen überschaubaren Katalog an Maßnahmen erarbeitet, der nach und nach umgesetzt worden sei: Seien es Querungshilfen für Radler und Fußgänger an viel befahrenen Straßen, behindertengerechte Bushaltestellen oder Mietergärten, aber auch größere Vorhaben wie die "Würmverführung" genannte, teilweise Renaturierung des Flüsschens oder ein Abenteuerspielplatz, der unter tatkräftiger Mithilfe der Bürger angelegt wurde. "Die Projekte, die angedacht waren, wurden realisiert. Das ist das Geheimnis", sagt sie. Man habe ziemlich schnell eine Veränderung im Stadtteil bemerkt: "Die Leute kommen mehr zusammen." Aktionen wie der gemeinsame Spielplatzbau haben die Identifikation mit dem Viertel gestärkt. Da ist sich Klemens ganz sicher.

Sie hat die Vorgänge zwar beobachtet, aber kaum aktiv mitgewirkt. "Als ich im September 2016 angefangen habe, habe ich mich ins kalte Wasser reinschmeißen lassen", erklärt sie und fährt fort: "Ich bin wahnsinnig überrascht worden vom Engagement der Bürger." Es gebe viel Neues, was sie total begeistere. "Leute kommen rein ins Büro mit Ideen, die super sind, auch wenn man sie bisweilen noch in Bahnen lenken muss." So habe beispielsweise kürzlich eine Mutter mit Kind den Vorschlag gemacht, Kochkurse für Menschen mit wenig Geld durchzuführen.

Sprachcafé und Babytreffs

Im Veranstaltungskalender für den Januar stand bereits türkisches Kochen auf dem Programm. Daneben gibt es unter anderem Spiele-Runden, Babytreffs, Linedance-Abende und jeden Donnerstag ein Sprachcafé, das von jungen Flüchtlingen betrieben wird und bei dem sich Deutsche und Migranten austauschen können. Ein besonderes Highlight ist am Mittwoch, 25. Januar, um 19.30 Uhr die Wiederholung einer Filmvorführung über das Wohnlager Dachau-Ost in den ehemaligen KZ-Baracken. Weil beim ersten Mal der Andrang im Bürgertreff so groß war, findet die Vorführung mit anschließendem Gespräch im benachbarten, größeren Saal des Adolf-Hölzel-Hauses statt.

Ganz wichtig sind Daniela Klemens die etwa alle sechs bis acht Wochen stattfindenden Vorträge zu aktuellen Fragen wie Medienkompetenz oder auch Demenz - "ein Thema, das oft noch tabuisiert wird". Weil großer Bedarf in Dachau-Ost mit seinem hohen Altersdurchschnitt besteht, ist Klemens froh, dass der Bürgertreff künftig jeden Mittwochnachmittag eine Demenzgruppe anbietet, für die es noch freie Plätze gibt. Ein weiteres neues Projekt, das am 26. Februar startet, ist ein interkultureller Chor in dem von Menschen aus vielen Nationen bewohnten Stadtteil. Er soll, so die Sozialpädagogin, das "Zusammenleben fördern, denn Musik baut Brücken". Mitmachen können alle, egal woher sie kommen. Jeweils sonntags von 19 bis 20.30 Uhr soll geprobt werden, und für November ist ein großes Konzert im Ludwig-Thoma-Haus in der Altstadt geplant. Noch etwas ist sowohl Klemens als auch Cornelia Klotz vom Trägerverein ein großes Anliegen: mehr Mitglieder im Bürgertreff e.V. "Wir sind für jedes Mitglied dankbar - egal ob aktiv oder passiv", sagt Klotz.

Weitere Informationen und Termine unter www.buergertreff-ost.de

© SZ vom 17.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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